Motoren und Technik4 min Lesezeit

Die Zukunft hat begonnen

Die fliegende Flunder Quant 23 hebt sich auf Foils über die Wasser der Binnenseen.

Die Zukunft hat begonnen
Schlicht traumhaft © quant-boats.com

Eine Flunder, die fliegen kann – die Quant 23 ist ein kleines Wunder und wird den Segelsport über kurz oder lang revolutionieren. Ein Kielboot, das über die See(n) schwebt, einfach zu handhaben ist und schlicht „rattenscharf“ aussieht… willkommen in der Zukunft!

Von Michael Kunst, veröffentlicht am 23.11.2015

Das erwartet Sie in diesem Artikel
  • Die Entwicklungsgeschichte eines spektakulären Foilers, der längst Legende ist.
  • Wichtigster Pluspunkt bei der Quant 23: Einfaches Handling!
  • Wie das nahezu horizontal aktive DSS-Foil-System „fliegen“ lernte.

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Eigentlich wollten DSS-Konstrukteur Hugh Welbourn und Quant-Vordenker Michael Aeppli gar nicht so hoch hinaus. Mit dem DSS (Dynamic Stability System) sollte „nur“ ein asymmetrisches Foil (Flügelsystem) horizontal in Lee eines Bootes ins Wasser getaucht werden, um dort – im Prinzip wie ein Flugzeugflügel – für Auftrieb zu sorgen.

Ursprüngliches (und übrigens auch heute noch für DSS gültiges) Ziel war es also, dem Segelboot respektive der Yacht eine Art Unterstützung zu geben, damit es sich für eine effizientere Gleitfahrt vor allem im Bugbereich besser aus dem bremsenden Wasser hebt und gleichzeitig die Krängung nach Lee reduziert wird. Mit DSS ist weniger Gewicht auf der Kante notwendig und der Kielballast kann deutlich reduziert werden.

DSS wird seit mehreren Jahren bereits an Yachten aller Größenklassen mit Erfolg erprobt und gesegelt, die Liste namhafter Werften und Konstrukteure, die sich auf diese an sich bereits revolutionäre Idee einlassen, wird immer länger.

Eine der namhaftesten Hochseeregattayachten, die australische „Wild Oats“, ist ebenfalls mit DSS ausgestattet und will so beim nächsten Sidney-Hobart-Race gegen den Erzrivalen „Comanche“ bestehen. Und mit dem Lakeracer und Daysailor Quant 30 hat Aeppli der Szene bereits einen serienreifen DSS-Renner der allerfeinsten Sorte bereitgestellt.

Evolution zum „fliegenden Fisch“

So weit, so gut. Doch bei der Entwicklung der Quant 23 gingen die DSS-„Macher“ noch einen entscheidenden Schritt weiter. Es galt, aus der sprichwörtlichen Flunder einen „fliegenden Fisch“ zu machen.

Werfen wir einen Blick auf das Boot als solches. Seine extrem flach gehaltene, bis ins kleinste Detail ausgereizte Scow-Form erinnert beim ersten Anblick ein wenig an den „Fireball“, die legendäre Zweimann-Trapezjolle mit dem markanten Mulit-Knickspant-Rumpf. Nur dass die Quant 23 mit ihrem 23 Fuß (7,01 Meter) gute eineinhalb Meter länger ist.

Doch schon wenn man sich am Steg das Boot von hinten anschaut, verbietet sich eigentlich jeder Vergleich mit Herkömmlichem: Die knallrote Flunder Q 23 wirkt mit ihrem gerade mal ein paar Zentimeter aus dem Wasser ragenden offenen Spiegel genau wie das, was sie ja eigentlich ist – ein Rennboot der Extraklasse.

Dessen Rumpf wird übrigens nicht wie sonst bei Booten, die extrem leicht sein sollten, wenn sie sich in die Lüfte schwingen wollen, aus Karbon gebacken. Vielmehr wird der Rumpf aus Gfk-Sandwich-Platten hergestellt, die Multi-Knickspant-Form erzeugt zudem mehr Festigkeit im Rumpfkonstrukt. Und macht den Traum vom Fliegen deutlich preiswerter.

Anschnallen zum Abheben

Ein konsequent auf Speed ausgerichteter Bootsrumpf plus DSS und 72 Quadratmeter Segelfläche unter Gennaker sollten eigentlich schon für rasanten Vortrieb sorgen. Doch dem DSS-Vordenker Welbourn reichte diese Kombination zuletzt nicht mehr aus. Er entwickelte spezielle, „gesichelte“ Foil-Profile, mit denen nicht nur in Lee ein stabilisierendes, weil aufrichtendes Moment erzeugt, sondern dem Boot gleichzeitig ein vertikaler Auftrieb verschafft wird.

Es heißt, dass die Konstrukteure bei ihren ersten Testfahrten selbst überrascht gewesen seien, wie rasch, unkompliziert und vor allem stabil sich die Q23 über die Wasseroberfläche hob.

Man muss sich das mal vorstellen: ab sechs bis sieben Knoten Windstärke hebt sich ein 270 Kilogramm schweres Kielboot mit einem Ballastanteil von 22 % von der Wasseroberfläche ab und… schwebt darüber! Und das ohne langes vorheriges Training und ohne Verpflichtung ausgefuchster Foil-Profis.

Aepplis Vision von baldigen Q23-Regatten
Aepplis Vision von baldigen Q23-Regatten © quant-boats.com

Foilen für jede und jeden

Apropos Segelprofis. Die ließen nicht lange auf sich warten. Ob das nun die Tester der europäischen Magazin-Szene waren (die Quant 23 wurde für die Wahl zur Yacht des Jahres nominiert und entsprechend auf „Herz und Nieren respektive Foil und DSS“ geprüft) oder Segelprofis wie etwa der Franzose Benoit Marie (Mini Transat-Gewinner, C-Class-Tüftler und Foil-Moth Champion)… alle lobten vor allem eines an der Q23: Ihr einfaches Handling.

Und tatsächlich dürfte genau dies der „Fliegenden Flunder“ größtes Potential sein. Mit ihr ist „Foilen für jedermann“ kein hehrer Wunsch mehr, sondern in greifbare Nähe gerückt. Schon in Kürze soll die Quant 23 in Serie gebaut werden. Zu Preisen eines „modernen Acht-Meter-Sportbootes“. Die Zukunft hat also längst begonnen.

  • Lüa: 7,08 m
  • Breite: 1,96 m
  • Hubkiel-Tiefgang: 0,4 bis 1,75 m
  • Gewicht: 270 kg (Ballastanteil 22 %)
  • Segelfläche am Wind: 32 qm
  • Gennaker: 40 qm
  • Geschwindigkeiten zwischen 20 und 25 Knoten bei 5-6 Beaufort sind üblich.
  • Die Q23 kann auch ohne Foil-Modus als Sportboot gesegelt werden.

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