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Familienarche

Die Bremer Seglerfamilie Schmidt hält mit ihrer „Senta“ Kurs

Familienarche
© Karsten Klama

Die Spreizgaffelketsch „Senta“ von anno 1928 ist ein Beispiel dafür, wie eine Familie über Generationen mit einem und demselben Schiff jahrein jahraus glücklich bleiben kann.

Von Erdmann Braschos, veröffentlicht am 18.02.2017

Das erwartet Sie in diesem Artikel
  • Wie eine schöne Segelyacht eine Familie über mehrere Generationen zusammenhält
  • Einblicke in das bemerkenswerte Logbuch der „Senta“
  • Mit welcher Weitsicht und welchen Kniffen die Schmidts ihre 24 t Yacht erhalten

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Gerade in der Messesaison ist immer von Weltneuheiten die Rede. Ähnlich wie bei Autos oder Konsumgütern wie beispielsweise Kühlschränken dreht sich auch in der Bootsbranche das Novitäten-Karussell rasant. Es rotiert mit immer neuen Gadgets, kantigen Bügen, Falz in der Bordwand, markanten Aufbauten, loftartigen Kajüten und bereits am Bildschirm konfigurierbarer Einrichtung und Farbwahl. Nichts, so scheint es, darf bleiben, wie es war.

Auch die 1928 von der Deutschen Werft (heute German Naval Yards) in Kiel aus Lärche auf Eichenspanten gebaute „Senta“ wurde mal geändert. Das ist aber schon 80 Jahre her. Seit 1936 ist der Zweimaster mit der sogenannten Wishbone-Takelage unterwegs. Diese nutzt die zwischen den Masten zur Verfügung stehende Fläche mit einem Surfsegelartigen Tuch besser als mit einem herkömmlich dreieckigen Großsegel. Die 140 Quadratmeter Am-Wind-Besegelung verteilen sich auf fünf Tücher. Das war damals eine pfiffige Sache. Denn in den Dreißiger Jahren gab es keine Rollanlagen und auch noch nicht die heute üblichen Mehrgang-Schotwinschen in selbst holender Ausführung zum Dichtholen.

Seit den Dreißiger Jahren befindet sich das Boot im Besitz einer Familie. Die Schmidts behalten, erhalten und segeln ihr Boot einfach. Mittlerweile in dritter Generation. Wobei die nächste schon für die Fortsetzung des schönen Familienbrauchs im Thema ist. Nach einem kurzen Intermezzo, als die Schmidts den amerikanischen Besatzern nach dem Krieg als Bootsleute beim Segeln ihrer Yacht zur Hand ging, legen die Schmidts wie gehabt ab.

Bereits in den fünfziger Jahren ging nach Norwegen, England, Schottland, Madeira. Solche Törns, bei denen das Meer zu nehmen ist, wie die Wetterküche es zurichtet, gingen als sogenannte „Heldenreisen“ in die Annalen der Familie ein. 1953 wurden 3.700 Seemeilen „ohne besondere Vorkommnisse um das Azorenhoch“ gesegelt. Dieses Hochdruckgebiet liegt bekanntlich recht weit draußen auf dem Atlantik. Es gibt da nur Wind und Wasser.

So wurden die Söhne von Rolf Schmidt - sie heißen Heiko, Holger, Ingolf und Frithjof - während der segelbaren Sommermonate an Bord des Schiffes groß. Die Prägung funktionierte. 1968 half Frithjof Schmidt auf der „Optimist“ des Segelmachers Beilken vor Helgoland beim Gewinn des Eintonner Pokals. 1977 übernahm die dritte Schmidt-Generation dann die Familienarche. Damals wurde Jimmy Carter amerikanischer Präsident, starb Elvis Presley und der RAF Terror des Deutschen Herbstes erschütterte die Bundesrepublik. Die Schmidts hielten Kurs.

© Karsten Klama

Natürlich ist der Betrieb solch eines Schlittens keine Kleinigkeit. Sämtliche Jobs, welche die vom Arbeits- und Familienleben beanspruchten Schmidts sinnvoll selbst machen können, werden gemeinsam im Winterlager erledigt. Alles andere wird von Profis gemacht. Dann wird die „Senta“ vom Saisonauftakt auf der Nordsee wie eine Stafette von einem Schmidt nebst Familie an die nächste Schmidt-Familie weitergereicht. Das Boot segelt im Sommer auf der Ostsee, den großen Sommertörn und Regatten. Nach der traditionellen Schiffahrtsregatta von Kiel zur dänischen Insel Aerø geht es zurück an die Weser und ins Winterlager.

Voraussetzung für den mittlerweile fast vierzigjährigen Betrieb des Bootes durch die Brüder ist neben dem Familienzusammenhalt ein gelassener Umgang miteinander und dem Schiff. „Wir wechseln uns ab und jeder hat seine Kompetenzen“, berichtet Holger Schmidt, der 1973 an Bord der „Saudade“ half, den begehrten Admirals Cup nach Deutschland zu holen und seit 1983 als Architekt in Hamburg arbeitet.

Dann gibt es natürlich ein gewisses Budget, das die „Senta“ braucht und eine glasklare Vereinbarung unter den drei Schmidts. „Keiner von uns sagt zuhause, was wir für die „Senta“ ausgeben. Das erspart uns die üblichen Diskussionen“ sagt Schmidt. Er hebt dabei nur leicht seine buschige Augenbraue, die übrigens neben der hohen Stirn und dem anhaltenden Interesse am Segeln ein Merkmal aller Schmidts ist. Im Gespräch mit Holger Schmidt ist eine große Gelassenheit und Klarheit im Umgang mit zentralen Fragen des Lebens wie beispielsweise dem Senta-Segeln zu spüren. Das liegt vermutlich an den Genen der Familie, mit Sicherheit an regelmäßigen Segelstunden an Bord. Wer öfter ablegt, behält die Übersicht auf das, was zählt. Man braucht dazu bloß ein gescheites Schiff.

© Karsten Klama

11 KR Kreuzeryacht mit Spreizgaffelrigg

  • Länge über alles 16,80 m
  • Deckslänge 16,39 m
  • Wasserlinie 11,60 m
  • Breite 4 m
  • Tiefgang 2,30 m
  • Verdrängung 24t
  • Lärche auf Eichenspanten
  • am Wind Besegelung 140qm
  • 8 Kojen

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