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Motoryacht vom Blauwasser-Guru

Wenn man den komplizierteren Wind-Antrieb weglassen will

Motoryacht vom Blauwasser-Guru
Von Dashew selbst konstruierte Motoryacht «Wind Horse» © www.setsail.com

Segler und Motorbootfahrer liegen nicht so weit auseinander, wie man manchmal denken könnte. Es gibt viele Segler, die das Cruiser-Leben auf dem Wasser auch mit höherem Alter nicht missen möchten und dann den komplizierteren Wind-Antrieb weglassen.

Von Carsten Kemmling, veröffentlicht am 10.08.2016

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Ein prominentes Beispiel sind die Amerikaner Steve und Linda Dashew, die mehr als 40 Jahre zusammen auf den Weltmeeren unterwegs sind. Sie starteten mit kleinen Renn-Katamaranen in den 60er Jahren und zogen dann 1975 auf eine 50-Fuß Yacht, um eigentlich ein Jahr im Süd-Pazifik zu cruisen. Aber in der Folge umsegelten sie die Welt und kamen erst nach sieben Jahren zurück an Land. Dabei zogen sie zwei Töchter auf, die sie selbst unterrichteten.

Linda und Steve Dashew
Linda und Steve Dashew © www.setsail.com

Inzwischen hat das Paar mehr als 250.000 Meilen im Kielwasser. Es bestritt ihr Auskommen durch die Veröffentlichung von mehr als 250 Artikeln, die weltweit in Magazinen erschienen. Dabei ging es um Blauwasser-Wissen, Seemannschaft und Wetter-Kenntnisse.

Steve Dashew ist aber auch noch ein erfolgreicher Designer, der in den vergangenen 30 Jahren die Linien von mehr als 50 Yachten verantwortete. Sie schwimmen als Konstruktionen mit den Namen Deerfoot, Sundeer und Beowulf auf den Weltmeeren. Allein mit der 78 Fuß langen Ketch „Beowulf“ brachte das Paar mehr als 40.000 Seemeilen ins Kielwasser.

Aber im Alter von 62 Jahren bekannte Steve Dashew, dass er mit seiner Frau die Kraft der Segel nicht mehr so bewältigen könne, wie er es gewohnt sei. Und sie wollten für diese Aufgaben beileibe keine Crew an Bord nehmen. So stiegen die Dashews auf Motorkraft um. Und da der Konstrukteur nichts auf dem Markt fand, das seinen Ansprüchen entsprach, erdachte und baute er sich kurzerhand seine Version einer Blauwasser-Motoryacht selbst.

Zuerst wurde es ein 64-Fußer und danach eine ganze Linie mit dem Seriennamen FPB, die das Design seegängiger Motoryachten in den vergangenen Jahren geprägt haben. Das bekannteste Boot ist die 25 Meter lange FPB 83 “Wind Horse”. Damit hat das Paar in den vergangenen fünf Jahren 50.000 Meilen geloggt.

Dabei handelt es sich um eine Yacht, die man in der Kategorie Explorer zurechnet. Die Dashews waren damit in der Antarktis und Grönland unterwegs. Die außergewöhnliche Konstruktion mit dem schlanken Rumpf wird von internationalen Wassersportjournalisten als beste Motoryacht für eine Ozean-Überquerung bezeichnet.

Schnee und Eis sind kein Problem für den FPB Explorer
Schnee und Eis sind kein Problem für den FPB Explorer © www.setsail.com

Davon konnten sich die Teilnehmer Atlantic Rallye for Cruisers überzeugen, in deren Rahmen „Wind Horse“ ohne Probleme die Strecke von Gran Canaria nach St. Lucia bewältigte. In der Fahrtensegelszene sorgte das Unternehmen für große Aufmerksamkeit. Dashew hat offenbar erfolgreich seine Erfahrungen beim Design von Hochseeyachten in seine Motorboot-Konstruktionen einfließen lassen.

Dabei zeichnet sich die FPB 83 besonders durch ihren scharfen Bug aus, den so genannten Wavepiercer. Das heißt, der Rumpf klatscht nicht mehr über die Wellen hinweg, wie bei schnellen Motorbooten üblich. Er bewegt sich durch sie hindurch. Er zerschneidet sozusagen die Wellen (Wavepiercing) und bewegt sich weniger in Längsrichtung.

Das Prinzip des Wavepiercer Buges, er schneidet die Wellen
Das Prinzip des Wavepiercer Buges, er schneidet die Wellen © www.setsail.com

Das so genannte Stampfen wird minimiert, da sich der Bug in der Welle nicht so sehr hebt und senkt. Da Prinzip, das bisher in der Yacht-Szene überwiegend bei Multihulls zum Einsatz kommt, wird mehr und mehr auch bei Einrumpf-Yachten zum Einsatz gebracht. Inzwischen werden sogar rückwärts geneigte Bugformen konstruiert.

Ganz so radikal ist der Dashew-Explorer nicht gezeichnet. Der Bug weist noch einen im Ansatz klassisch geneigten Steven auf, aber das Schiff ist so schmal und scharf am vorderen Ende, dass es auch bei stärkeren Wellenbewegungen auf hoher See auf eine schnelle und energiesparende Cruising-Geschwindigkeit kommt.

Massenprodukte sind die FPB Explorer nicht. 11 Yachten wurden von der 64 gebaut. Aber der Einfluss der Konstruktion auf den Bau von Langfahrt-Yachten unter Motor ist groß. Dabei hat besonders die Nähe zum Design von Segelyachten ihre Bedeutung. Der Blauwasser-Pabst Steve Dashew hat seine langjährige Erfahrung auf Langfahrt-Yachten in die Motor-Versionen einfließen lassen.

Alu-Außenhaut lässt den eher luxuriösen Innenausbau kaum vermuten
Alu-Außenhaut lässt den eher luxuriösen Innenausbau kaum vermuten © www.setsail.com

Er betont, dass sein Wissen viel mit der Rückmeldung von den Lesern seiner Artikel und Bücher zu tun hat wie auch von den Käufern seiner Yacht-Designs. Für ihn sei das ein Grund, etwas zurückzugeben. Deshalb haben die Dashews nun ihr in vier Büchern veröffentlichtes gesammeltes Wissen kostenlos zur Verfügung gestellt.

Die Lektüre dient Fahrtenseglern in aller Welt seit vielen Jahren als wichtige Referenz. „Offshore Cruising Encyclopedia“, „Mariner’s Weather Handbook“, „Surviving the Storm“ und „Practical Seamanship“ sind ab sofort frei in englischer Sprache als Download verfügbar.

Das Paar schreibt: “Wir durften viele Jahre lang die Unterstützung der Yachting Community erfahren und wollen nun etwas zurückgeben… Wenn diese Bücher Segelkameraden dabei helfen, angenehme Erfahrung beim Cruisen zu bescheren und Schwierigkeiten auf dem Wasser zu vermeiden, dann wäre das für uns eine hinreichende Belohnung.”

Ultimative Blauwasser-Motoryacht
Ultimative Blauwasser-Motoryacht © www.setsail.com

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