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Schwimmende Skulpturen

Blick in die spezielle Szene der Designeryachten

Schwimmende Skulpturen
Sailing Yacht A © Nobiskrug

Haben die was geraucht? Was haben die geraucht? Neuerdings bereichern spektakuläre Entwürfe die Yachtszene. Sie sind auf- und abgeräumt, entwaffnend schlicht oder ornamental verspielt – und ziemlich anders. Manchmal bleibt unklar, ob es sich um ein Rendering handelt, eine Fata Morgana oder ein Boot.

Von Erdmann Braschos, veröffentlicht am 15.02.2017

Das erwartet Sie in diesem Artikel
  • Wie der Italiener Luca Bassani in den Neunzigern aufräumte
  • Wie Philippe Starck in die Yachtbranche einstieg
  • Was die muschelförmige Plicht beim 24 m Segler Virtuelle soll
  • Ideen hinter der Yacht von Steve Jobs, der Motoryacht „A“ und dem Motorsegler gleichen Namens
  • Das dekonstruktivistische Deck des 74-Fuß Daysailers „Foggy“

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In den Neunzigern machte der Italiener Luca Bassani (siehe: Luca Bassani: Stilsicher in die Zukunft) mit dem schlichten Design seiner Wallys von sich reden. Er fing vergleichsweise harmlos mit aufgeräumten Segelyachten an, die den Ballast der Tradition nonchalant hinter sich ließen. Angesichts des 60 Knoten Treibsatz Wallypower war sich die Branche dann aber sicher, Luca Bassani hätte was geraucht. Mit ihrem martialischen Stealth-Look sah das Objekt aus wie ein Landungsboot für Außerirdische.

Dabei wollte Bassani bloß eine Yacht, die ihn schnell von Monaco nach Portofino oder Porto Cervo bringt. Und er hatte seinen damals siebenjährigen Sohn gefragt, wie eine coole Motoryacht aussehen müsse. Die Skizze wurde stilbildend für die Wallypower 118 und die folgende Range weiterer Wally Motorboote.

Wallypower 118
Wallypower 118 © Wally Yachts

Es hat an der Côte und Riveria keinen Zweck, mit einem Boot aufzukeuzen, wie es der Nachbar im Prinzip schon hat. Mit dem nächstgrößeren Pott, dessen Decks in Schichtkuchenmanier gestapelt und vorn flach, hinten etwas steiler abgeschrägt sind, wird man in diesem Revier eher über- als gesehen.

Feadship
Feadship © Venus

Wer den Mut zur Kreation einen neuen Look nicht hat und auch keinen Sohn, der ihm das mal kurz zu Papier bringt, beschäftigt einen Designer wie Philippe Starck. Der raucht auch starkes Zeug, wie am 24 m Maxi Virtuelle mit Whirlpoolartigem Mittelcockpit klar wird. Viele Segler akzeptieren die muschelförmige Designerplicht nicht, weil sie im Seegang keinen Halt bietet. Gelohnt hat sich das Design für Starck dennoch. Steve Jobs wurde durch Virtuelle auf Starck aufmerksam und lud ihn ein, sich seine 79 m Motoryacht Venus auszudenken. Die Panoramaverglasung des Vorschiffs und die Glaspagode an Deck ist für Schiffbauer ein Alptraum.

Virtuelle
Virtuelle © Starck Network

Wenn es sein muss, entwirft Starck auch mal ein vergleichsweise zurückgenommenes Exterieur für Wedge Too mit umlaufender Holzvertäfelung der Decks. Natürlich kontrastiert ein exzentrisches Interieur mit Kronleuchter hinter dem Steuerstand das konventionelle Äußere.

Wedge Too Skizze
Wedge Too Skizze © Starck Network

Ein verblüffendes Motorboot dachte sich Starck dann mit A für den Russen Andrei Igorewitsch Melnitschenko aus. Mit dem gestreckten Vorschiff und achtern angeordneten Aufbau erscheint der 119 m Schlitten wie ein gerade aufgetauchtes U-Boot. Ähnlich wie die vielbachtete Wallypower, die sogar im Film «The Island» eine Rolle spielt, wird die unverwechselbare A wohl eine Weile einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Neulich ließ Melnitschenko von Starck seinen 143 m Motorsegler gestalten. Er geriet natürlich anders als jede große Segelyacht (siehe: Segelyacht A - Die moderne Galeone).

Motoryacht A
Motoryacht A © Matthias Kabel

Vor einer Weile schlugen die Architektin Zaha Hadid und die Hamburger Werft Blohm & Voss mit Unique Circle Yachts eine Motoryachtrange um die 100 m vor, deren Aufbau von einer spannungsreich über den gesamten Bootskörper rankenden Girlande, umflochten ist. Die organische Struktur war ein Thema Hadids und schien ihr für eine schwimmende Skulptur passend. Es blieb bislang beim Rendering.

Zaha Hadid Projekt
Zaha Hadid Projekt © Zaha Hadid

Natürlich ist der Input Branchenfremder eine Herausforderung für Bootsbauer, die spezielle Ideen eines Tages in eine funktionierende Yacht verwandeln müssen. Als Werftchef Steve White von der amerikanischen Brooklin Boat Yard vor einigen Jahren vom namhaften Architekten Frank Gehry eine Zeichnung erhielt, die zahlreiche beliebig geformte Glasscherben im Rumpf und welligen Deck erhielt, rang er um Fassung und erkundigte sich dann, ob das wirklich so gebaut werden müsse. Es musste. Auch Konstrukteur German Frers holte tief Luft. Aber Frers verfügt über außerordentliches diplomatisches Geschick.

Foggy
Foggy © Brooklin Boatyard

So entstand der 74 Fuß Daysailer Foggy mit einem psychedelischen Mosaik. Und weil für Gehry ein Boot «eine romantische Begegnung» ist, wurden Rumpf und Deck des Kompositbootes außen und innen holzvertäfelt. Letztlich bekamen alle Beteiligten ihre Willen. Der Eigner einen unverwechselbar mosaikverglasten 23 m Daysailer, der Konstrukteur ein schnelles Boot und die Werft eines, das hält. Weiße, bewährte und normale Boote gibt’s in der kalifornischen Marina del Rey wie Sand am Meer.

Foggy
Foggy © Brooklin Boatyard

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VG