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Ratgeber für den Bootsverkauf7 min Lesezeit

Verkaufspreis: Ein Boot, drei Werte (Teil 1)

Warum jedes Boot mehrere verschiedene Werte hat

Verkaufspreis: Ein Boot, drei Werte (Teil 1)
Hans Kablitz bei der Bootsbesichtigung © Rate my boat

Es erscheint auf den ersten Blick seltsam, dass ein und dasselbe Boot drei verschiedene Werte haben kann. Aber so ist es. Und es ist wichtig, sie zu verstehen. Schauen wir uns das einmal näher an.

Von Erdmann Braschos, veröffentlicht am 01.11.2018

Das erwartet Sie in diesem Artikel
  • Erläuterung des ideellen Wertes
  • was ist der Wiederbeschaffung- beziehungsweise Zeitwert?
  • Einzelheiten zur sogenannten „festen Taxe“
  • warum der kluge Eigner den Wiederbeschaffungswert seines Bootes einmal jährlich überprüft und erforderlichenfalls anpasst
  • wie der Marktwert zustande kommt

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Wenn Sie Ende Januar bei der Düsseldorfer Bootsmesse die Yacht Ihrer Träume entdecken oder im Frühjahr am Wasser sind, hat das Boot für Sie einen besonderen Wert. So ist es auch, wenn Sie gerade in den Wassersport einsteigen, neulich ein Boot übernommen haben und mit leuchtenden Augen an Bord gehen, wenn Sie damit ablegen und es mit Hingabe pflegen. Dieser ideelle Wert ist der Platz, den das Thema emotional in Ihrem Leben einnimmt.

Der ideelle Wert

Der ideelle Wert liegt deutlich über dem zweiten Wert, dem Wiederbeschaffungswert des Bootes. Er wurde früher auch Zeitwert genannt. Er ergibt sich aus dem Ruf der Werft, dem Design, der Bauqualität, dem Zustand, der Ausstattung, Alter, Gebrauchsspuren oder Schäden des Bootes. Natürlich auch aus den Neuteilen an Bord und dem, was für vergleichbare Boote derzeit im Bootsmarkt erzielt wird. Er enthält - ganz wichtig - die Mehrwertsteuer, die Marge des Bootshändlers, auch die Mehrwertsteuer auf seine Provision und eine Gewährleistung bei der Beschaffung eines vergleichbaren Bootes. Der Wiederbeschaffungswert ist für die Kasko-Versicherung wichtig. Denn bei einem Totalschaden ist genau dieser Wert und kein anderer zu ersetzen.

Die «feste Taxe»

An diesem oben beschriebenen Wert orientiert sich die sogenannte «feste Taxe». Leider handelt es sich hier um einen übel irreführenden Marketingbegriff. Warum? Nun, weil er entgegen seinem Wortlaut eben nicht in Stein gemeißelt, sondern an den Ist-Zustand des Bootes gekoppelt und daher regelmäßig zu prüfen und auch gegebenenfalls anzupassen ist. Doch welcher Eigner macht das schon? Er hat schließlich tagtäglich andere Themen, weshalb er die Prüfung und Anpassung es tatsächlichen Bootswertes vergisst und sich vom schönen Schein der vermeintlichen "festen Taxe" täuschen, gewissermaßen einlullen lässt. Denn das einzige, was zählt, ist das Kleingedruckte des Versicherungsvertrages. Dabei spielt es keine Rolle, ob da dieser irreführende Marketingbegriff drüber steht. Das glauben Sie nicht? Na dann holen Sie mal die Unterlagen raus und schauen nach!

Vorsicht mit der vermeintlich "festen Taxe"!

Der Versicherer kann nicht nur, er wird ziemlich sicher die «feste Taxe» im Schadensfall anfechten, wenn er der Ansicht ist, sie entspreche nicht den Tatsachen. Diese Klärung wird dauern. Gutachter werden bestellt, es wird gestritten. Die Sache geht vor Gericht. Solange der zu ersetzende Bootswert laut vermeintlich "fester Taxe" nicht geklärt ist, muss die Versicherung nicht zahlen. Dieses ganze Theater können Sie sich mit etwas Aufmerksamkeit und Mühe zur rechten Zeit sparen.

Hinzu kommt: ist die "feste Taxe" zu hoch angesetzt, zahlen Sie als Eigner über Jahre eine höhere Versicherungsprämie als nötig. Auch deshalb lohnt sich die wiederholte Prüfung des Bootswertes. Machen Sie es daher zur jährlichen Routine und rekapitulieren Sie kurz am Ende der Saison oder zwischen den Feiertagen rings um Weihnachten und Neujahr, was Sie dem Boot entnommen haben, was kaputtgegangen ist oder was für das Boot angeschafft wurde. Schicken Sie Ihrem Versicherungsmakler eine E-Mail und achten Sie darauf, dass der Eingang bestätigt wird und die Anpassung der "festen Taxe" im Lauf von 14 Werktagen erfolgt. Bewahren Sie die Rechnungen als Nachweise auf. Klappt das nicht, wechseln Sie bei passender Gelegenheit die Versicherung.

Beim Neukauf substanzieller Ausstattung, beispielsweise einer neuen Maschine, neuer Technik, neuen Winschen oder Segeln erhöht sich der Wiederbeschaffungswert des Bootes. Der Eigner muss diese Wertänderung der Versicherung mitteilen. So steht es im Kleingedruckten. Allerdings kommt nicht der Kaufpreis für die teure neue Maschine oder die tollen Segel komplett zur "festen Taxe" hinzu. Vielmehr verschmilzt deren Wert mit dem gesamten Bootswert. Sie sehen: Es ist aus guten Gründen leider kompliziert.

Wertzuwachs von Neuanschaffungen

Der Wertzuwachs von Neuanschaffungen ist von Boot zu Boot unterschiedlich, weil er zum Boot gehört. Ist das Boot von der Substanz her schlecht oder ungepflegt, führt beispielsweise die neue Maschine zu einer geringeren Wertsteigerung als bei einem guten und gepflegten Qualitätswerftbau. Hierfür gibt es spezielle Berechnungsmodelle. Wichtig zu wissen: Der Neukauf einer Maschine oder eines Segels steigert den Marktwert des gesamten Bootes nicht um die Anschaffungskosten des Neuteils. Das liegt daran, dass es im Bootsmarkt wahrscheinlich ein vergleichbares Boot mit zwar gebrauchter, aber laufender Maschine oder gebrauchter, aber benutzbarer Segelgarderobe gibt. Daran orientiert sich dann der gesamte Bootswert. Die Hamburger Spezialisten des online Bootsbewerters «Rate my Boat» setzen den Wertzuwachs einer neuen Maschine am Tag des Einbaues bei etwa 50 Prozent an. Ein Beispiel. Hat das Boot einen Wert von 80.000 € und die neue Maschine 20.000 € gekostet, ist es mit dem neuen Motor 90.000, nicht 100.000 € wert.

Der Wertzuwachs des Neuteils verschmilzt über Jahre mit der sogenannten "Hauptsache", dem Boot. Irgendwann geht der Wert der Neuanschaffung komplett im Gesamtwert des Bootes auf, welches selbst stetig an Wert verliert, soweit keine anderen bedeutenden Aufwendungen getrieben werden. Für die Wertentwicklung von Booten und substanziellem Zubehör wie einer neuen Maschine, Winschen, Navigationselektronik oder Segeln gibt es unterschiedliche Verlustverläufe, welche die Wertentwicklung des gesamten Bootes beeinflussen. Hans Kablitz zufolge, einem Hamburger Sportboot-Gutachter und Mitgründer des Online Bootsbewerters «Rate my Boat» gibt es bei Anschaffungen fürs Boot aber noch einen weiteren Gesichtspunkt: Es kommt auch auf die Bedeutung an, die die neue Maschine oder das neue Segel für das Objekt hat. Bei einem Regattaboot oder einer schnellen Tourenyacht ist die Besegelung wichtiger als bei einem betagten Langkieler. Bei der Motoryacht hat die Maschine eines sportlichen Gleiters ganz anderes Gewicht als bei einem behäbigen, zahm gefahrenen Verdränger. Die Beispiele zeigen, wie vielschichtig das Thema ist und weshalb es lohnt, einen Spezialisten mit der Wertermittlung zu beschäftigen.

Marktwert des Bootes

Der dritte - hinsichtlich des Kaufs und Verkaufs entscheidende - Wert ist der Marktwert des Bootes. Das ist der Preis, der, für das Boot oder ein vergleichbares Objekt derzeit auf dem Bootsmarkt von einem privaten Käufer, das heißt ohne nochmals zusätzlich berechnete Mehrwertsteuer, ohne Handelsspanne/Maklerprovision und Gewährleistung erzielt wird.

Entscheidend für die Bewertung von Booten ist die intime Kenntnis des Marktes. Man muss erstens wissen, was das Boot bei der Anschaffung damals gekostet hat. Zweitens braucht der Bewerter Auskünfte über die tatsächlich im Bootsmarkt erzielten Preise. Diese bekommt er von den Händlern. An diesem zweiten Detail ist letztlich die vor einigen Jahren bereits eingestellte Yacht Schwacke Liste gescheitert. Wie vielschichtig die Materie ist, zeigt das Buch von Hans Donat über «Schiffe aus zweiter Hand» aus den Neunzigerjahren.

Angesichts der demografischen Entwicklung, wo sich viele Eigner alters halber von ihren Booten trennen, des seit Jahren wachsenden Angebots gebrauchter Boote und des schnell rotierenden Novitätenkarussells (mehr Komfort, modernes Design, neue Trends) ist es wichtig, sein Boot von vornherein zu einem passenden Preis anzubieten. Sonst vertrödelt man als Verkäufer Zeit und verliert Geld. Denn das Boot kostet jedes Jahr. Dabei spielt es keine Rolle, ob man es nutzt oder nicht. Die realistische Wertermittlung eines Bootes ist übrigens auch bei Ehescheidungen interessant, wo der Wert beim etwaigen Zugewinn ggf. zu berücksichtigen ist.

Die online Bewertung von «Rate my boat» bietet die Möglichkeit für kleines Geld zu einer realistischen, das heißt marktnahen Einschätzung des Bootswertes zu kommen. Das Ergebnis wird manchen stolzen Eigner und allzu selbstbewussten Verkäufer ernüchtern. Denn die Zeiten, als Boote derart wertstabil waren, dass sie sich auch nach Jahren noch zu einem ausgezeichneten Tarif verkaufen ließen, sind vorbei. Auch für einen skandinavischen Qualitätswerftbau beispielsweise von Hallberg Rassy, müssen heute altersgerechte Nachlässe gegeben werden. Man erzielt schon lange nicht mehr den Neupreis nach zehnjähriger Nutzung. Phantastisch erscheinen in dieser Hinsicht die Siebzigerjahre, als schwedische Eigner sich zwei Boote des gleichen Typs zulegten. Eins für sich und das Zweite, um es nach einer Weile mit Gewinn zu verkaufen.

Wenn Sie eines Tages beim Verkauf des Bootes die schönen Stunden (Magie des Anfangs), die Wochenenden und wunderbaren Urlaube auf dem Wasser erinnern, dann war das Boot, auch wenn Sie es mit einem erheblichen Nachlass verkaufen, eine gute Entscheidung. Der ideelle Wert ist real, solange die Freude am Boot groß ist, Sie mit Ihrer Familie und Freunden den Wassersport leben. Solange Sie viel Zeit an Bord verbringen. Manche Boote sind fast schon Familienmitglied. Dieser ideelle Wert ist nicht in Euro zu beziffern, aber er ist genau das, was das Leben an Bord ausmacht. Er hält Familien zusammen und stiftet Freundschaften.

Der Ist-Zustand des Bootes mit oder ohne Grundberührungen ist maßgeblich
Der Ist-Zustand des Bootes mit oder ohne Grundberührungen ist maßgeblich © Rate my boat

Lesen Sie im zweiten Teil, wie man als Verkäufer zu einem realistischen Verkaufsbetrag kommt: Bootsverkauf: die Stunde der Wahrheit

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VG