Abenteuer4 min Lesezeit
Geburtstagsparty mit Eisbären
Mit einer Superyacht in die Arktis
Was macht man Spannendes, wenn man 70 Jahre alt wird, eine Superyacht besitzt und fast alles schon gesehen hat? Man beschenkt sich selber mit einem Törn in die Arktis
Von Carsten Kemmling, veröffentlicht am 11.09.2017, aktualisiert am 01.03.2023
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Anil Thadi geht es finanziell ziemlich gut. Sonst könnte er sich die 45 Meter Yacht «Latitude» nicht leisten. Aber im Gegensatz zu vielen Superyacht-Eignern ist dem Inhaber der Investment-Firma Symphony Asia in Singapur Besitz allein als Statussymbol offenbar nicht genug. Er hält auch weniger vom Protzer-Leben im Jetset-Umfeld, umgeben von blauem Wasser und schönen Frauen.
Thadi hat sich zum 70. Geburtstag ein besonderes Geschenk gemacht: Einen Törn in die Arktis bis auf 400 Meilen ran an den Nordpol. Im Januar drang er mit seiner «Latitude» so weit in den hohen Norden vor (81° 25’ 14.9»), dass auf dem AIS-Bildschirm nur noch ein Eisbrecher erschien.
Genau so hatte sich Thadi sein Abenteuer vorgestellt. Er ist begeistert von der Erkenntnis, dass noch nie eine Megayacht ohne Eisbrecher-Hilfe so weit in den Norden vorgestoßen ist. Ein hübscher Ort für eine Geburtstagsparty.
Flucht vor Eisbären
Mehr als einen Monat verbrachte der Eigner mit seiner Familie in norwegischen Gewässern. Die Erlebnisse waren überwältigend: Eisbären crashten ein Barbecue auf einer Eis-Insel, Thadi sah in das riesige Maul eines Finnwals, «in das man ein Auto hätte fahren können» und traf monströse Walrösser, vor denen sich auch die größten Bären der Welt fürchteten.
Zweimal zuvor war der reiche Abenteurer schon in das eisige Seegebiet gereist und hatte die faszinierende Tierwelt mit seiner Kamera dokumentiert. Dafür wurde er unter anderem 2016 mit dem Voyager’s Award bei der World Superyacht-Gala ausgezeichnet. Er kann sich begeistern an der klaren, kalten und menschenleeren Welt im Norden.
Allein die Möwen haben es ihm angetan: Er beschreibt sie als die faszinierendsten Flieger des Planeten. Er beobachtete, wie sie mit ihrer Flügelspitze eine Linie ins Wasser ziehen können. Wenn ein Vogel damit begänne, macht ein weiterer es nach und versucht den Wasser-Kontakt noch länger beizubehalten. Als wäre das ein Wettkampf.
Auf Spitzbergen dürfen alle siedeln
Auf dem Törn in der Arktis umrundete «Latitude» die norwegische Insel Spitzbergen. Erst der Versailler Vertrag 1925 bestimmte, dass sie zu Norwegen gehört. Aber allen Bürgern der 42 Unterzeichner-Staaten ist es seitdem erlaubt, die 41.000 Quadratmeter große Insel ohne Beschränkungen zu besuchen, zu erforschen oder sich dort niederzulassen. Seit 1935 gilt das auch für Russland, und seitdem wohnten dort mehr Russen als Norweger, denen es erlaubt war, die Bodenschätze auszubeuten.
Dieses Geschäft funktioniert heute aber nicht mehr. 1998 verließen die russischen Minenarbeiter die Insel. Es gab Versuche, den Ort ‚Pyramiden‘ als Touristen-Attraktion wiederzubeleben. Das Hotel steht noch. Aber es leben nur noch sechs Russen an dem skurrilen Platz. Eine Büste Lenins weist auf die ehemalige Bedeutung des Landzipfels für die Sowjetunion hin.
Nur im Westen der Insel funktioniert noch das Geschäft mit dem Tourismus. Zur Hauptsaison von Februar und April ist Spitzbergen mächtig angesagt. Die «Latitude»-Crew sichtete 5.000 Snowmobile, die auf den Ansturm der Touristen warten.
Das persönliche Paradies
Mit einem norwegischen Führer entdeckte Thadi dann sein persönliches Paradies. Der machte es möglich, dass die 45 Meter Yacht Kvitøya anlaufen durfte, ein Natur-Reservat rund um die einsamste Insel des Archipels. Und es darf vermutet werden, dass der Superyacht nicht als dritter Privatyacht, überhaupt die Genehmigung erteilt wurde, weil sie so gut zum Inselbild passt.
Aber der Eigner zeigt echte Begeisterung an einem magischen Ort, wo der schwedische Entdecker Salomon August Andrée verstarb, nachdem er mit einem Hydrogen-Ballon dort abgestürzt war. Bei blauem Himmel und strahlender Sonne bestieg die Crew die eisbedeckte Insel mit Spikes unter den Schuhen und war so lange überwältigt von der unberührten Natur. Ein Endruck, der, bis zur ersten Eisbären-Sichtung dauerte.
Der letzte bleibende Eindruck des exklusiven Superyacht-Ausflugs entsteht auf einer kleinen Eisscholle, auf der Thadi schließlich seiner Familie den Geburtstag feiert, indem sie sich Hula Hoop-Reifen um die Hüften schwingen lassen. Der Spaß dauert allerdings nicht lange. Die Crew muss mit Gewehren in die Luft schießen, um nahende Eisbären abzuschrecken. Der Schreck schützt die «Latitude»-Crew aber nur kurz. Die mächtigen Land-Säuger lassen sich ihre Vorherrschaft in diesem Gebiet nicht nehmen.
Thadi wäre gerne noch gerne länger im Eis geblieben. Der begeisterte Hobby-Fotograf war überwältigt von den intensiven Eindrücken. Aber schlechtes Wetter ließ dann auch eine Megayacht an ihre Grenzen kommen. Ein Abstecher noch zum Monaco-Gletscher, den Prince Albert I. von Monaco im 19. Jahrhundert erforschte, schließlich noch ein Volltreffer von einer gut 12 Meter hohen Freak-Wave, von der Thadi aus dem Bett und Möbel durch die Yacht geschleudert wurden und dann ging’s zurück ins richtige Monaco. Dahin, wo Superyachten wie die «Latitude» eigentlich hingehören.