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Du hast ein Boot ...
Ein amüsierter Blick auf das amphibische Leben

Ein augenzwinkernder Blick auf das Leben mit Boot, die Härten und Versuchungen. Warum ich es manchmal satthabe, im Grunde aber sehr mag. Wie wenige Stunden auf dem Wasser den ganzen Aufriss für Pflege und Reparaturen vergessen lassen. Eine Bilderstory zum Schmunzeln.
Von Erdmann Braschos, veröffentlicht am 13.09.2022
Das erwartet Sie in diesem Artikel
- eine Liebeserklärung an das Leben mit Boot
- warum ein Boot fordernd und beglückend ist
- warum beim Klassiker die handwerkliche Seite dazu gehört
- warum der Bootsmensch erst mit einem schwimmenden Untersatz komplett ist
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... wenn Dein Tag an Bord in frischer Seeluft mit einem Blick durchs geöffnete Vorluk in einen verheißungsvoll blauen Himmel beginnt.
... weil es die perfekte Auszeitmaschine ist
... wenn Du immer, beim Zubereiten des ersten Kaffees besonders, die Projekt- von den Kaffeetassen unterscheidest.
... wenn Du die Schachteln für Margarine oder Streichkäse und flache Trays sammelst, weil sich in den flachen Schalen Epoxidspachtel gut anrühren lässt, wenn Du Spritzen aus der Apotheke zum Füllen von Bohrungen an Deck mit dünnflüssiger Epoxidmischung parat hast und auch für die Holzlöffel aus der Eisdiele eine zweite Verwendung an Bord hast.
... wenn Dir Ergebnisse wie ein selbst verdübelter Holzausbau endlos Freude machen, weil Du den Pfropfen mit sanften Hammerschlägen in Maserrichtung vorsichtig reingeklopft und den Überstand liebevoll mit der Japansäge und Sandpapier wie ein Möbeltischler bündig bekommen hast, obwohl Du einer aus der Abteilung Ungeduldig und manchmal ein großer Murkser unter der Sonne bist. Außer Ablegen und Segeln gibt es keinen besseren Ausgleich zum Land- und Arbeitsleben. Bootswerkeln fährt Dich runter und erdet auf subtile Weise. Ich nenne das Programm immer "Muffen und Brettchen".
... weil es der perfekte Ausgleich zur Schreibtischarbeit ist
... wenn bei Dir ganzjährig Weihnachten ist, weil oft Päckchen mit schönen Sachen wie Nirobügel für die Badeleiter, einem aufgearbeiteten Relingsfuß oder einer neuen Ankerleinenrolle fürs Boot ankommen.
... wenn Du herausgefunden hast, dass Siebzigerjahre-Scharniere nach einem Bad in Essiglösung mit einem Spritzer Zitrone bestens zum Aufpolieren präpariert sind. Danach etwas Messingpolitur, Geduld und Spucke. Es geht nichts über bewährte Hausmittel aus Omas Zeiten. Zuhause würdest Du so einen spießigen Kram auf keinen Fall machen.
... wenn Dich schlimm spießige Pflegejobs beglücken
... wenn Du Deiner Liebsten in der bootsfrei kalten Jahreszeit öfter Blumen mitbringst, damit die Beschläge länger im Wohnzimmer geduldet werden.
... wenn Du jeden Morgen unter Deinem Schiff aufwachst, weil Du schon länger ein Halbmodell im Schlafzimmer hast.
... wenn es eine blau ausgemalte Gravur in der Steuerradnabe gibt und das Spielzeug von Saison zu Saison in vieler Hinsicht besser wird.
... wenn Du mit üblichem Bootsbaumaterial und den Grundlagen heutiger Laminiertechnik vertraut bist und Dein anfängliches Interesse an Baumärkten und Bootsausrüstern zur Hassliebe wurde, weil Du oft da bist und Dich die Kollegen vom Infostand und der Kasse alle kennen.
... wenn der leere Schminktiegel der Liebsten mit kleinem Durchmesser für die kleine Mischung eines ambulanten Epoxidjobs genommen wird. Honig- oder Marmeladengläser sind unpraktisch, weil damit meist zu viel angerührt wird. Du möchtest doch lange von den teuren Kanistern haben.
... wenn Dir früher oder später die primitive Erstausstattung Deines Bordwerkzeugs mit üblichen Maul- und Ringschlüsseln nicht mehr reicht. Es schraubt sich am Motor oder in schlecht erreichbaren Winkeln irgendwo unter Deck mit einer coolen Ratsche Welten besser.
... wenn es Ostersonntag auf Deinem Kartentisch so aussieht.
... wenn Du zwar kein Elektriker bist, dennoch übliche Sachen wie der Ausbau des Batterieladegerätes im Herbst keine Hürde ist. Du fotografierst die vorhandene Verkabelung für den späteren Einbau des geprüften Geräts im Frühjahr und nimmst Dir das Handyfoto später wieder vor.
... wenn Du Dir handwerkliche Basics für Holz, Kunststoff, Motor, Elektrik früher oder später aneignest, also weißt, wo das braune, blaue und gelbgrüne Kabel des 220 Volt Landanschlusses drankommt. Mit gutem Werkzeug und Aderendhülsen beispielsweise streckst Du die Intervalle für wiederkehrende Jobs von 3 auf hoffentlich 12 Jahre.
... wenn Du jeden Sommer das wunderbare Privileg genießt, irgendwo zu ankern, zu baden, den ganzen Tag an Bord rumzulungern, wenn Du vielleicht noch eine Nacht am Ankerplatz dranhängst. Ganz einfach, weil Du an Bord tun oder lassen kannst, was Du willst. Abstand vom Landleben und regelmäßige offline-Zeiten sind für Deine mentale Gesundheit wichtig.
... weil es Deine Welt ist
... wenn Du jedes Jahr im April beim ersten Schlag bereits nach drei Stunden auf dem Wasser den ganzen Aufriss an Arbeit, Geld und Zeit vergisst und die Saison mit Deiner Auszeitmaschine in vollen Zügen genießt.
... wenn Du bis September bei üblichen Landrattenevents wie Stehempfängen beim Nachbarn, Grillfesten, Hauseinweihungen, Hochzeiten oder Konfirmationen nur bei unvermeidbaren Terminen erscheinst.
... weil es Dir gnadenlos zeigt, dass Pfusch die schlechteste aller Lösungen ist, Du an Bord also auch fürs sonstige Leben lernst.
Hinweis: Alle erwähnten und abgebildeten Produkte wurden vom Autor regulär bezahlt.