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Golf von … was?

Woher stammt eigentlich der Begriff "Golf" in der Kartografie? Und wer bestimmt seinen Namen?

Golf von … was?
Wie denn nun? Golf von Mexiko oder Amerika? © chat gpt

Golf von Mexiko oder Amerika, persischer oder arabischer Golf, japanisches oder Ostmeer – mehr als einhundert Golfen sind auf der Weltkarte verzeichnet. Sie haben nur nicht immer den gleichen Namen …

Von Michael Kunst, veröffentlicht am 28.03.2025

Das erwartet Sie in diesem Artikel
  • Die Namen der Golfen sorgen für Verwirrung – nicht nur im deutschen Sprachgebrauch
  • Die Bezeichnung eines Golfs ist häufig von politischer Einflussnahme geprägt
  • Woher stammt die Bezeichnung "Golf"?
  • Darf ein Präsident den Namen eines Golfs einfach so ändern?
  • Gibt es verbindliche Regeln für die Namensgebung eines Golfs?

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Dass die Namen und Bezeichnungen für die Gewässer auf unserem (vom All aus betrachtet) Blauen Planeten mitunter für Verwirrung sorgen, haben wir bereits ausführlich dargestellt (siehe Boat24-Magazin Der Ozean, das Meer, die See – was ist was und warum?).

Einen bestimmten geografischen Namen haben wir in diesem Artikel nicht berücksichtigt, da ihm aus „aktuellen Gründen“ eine besondere Aufmerksamkeit gebührt: der Golf.

Natürlich reden wir hier nicht von einem Mittelklassewagen und schon gar nicht vom vermeintlich elitären Sport. Da genau dieses Einlochen von Bällen mittels Schläger jedoch die Lieblingsbeschäftigung eines gewissen amerikanischen Präsidenten ist, sei der Bezug zum Golf im Sinne von Meeresbucht erlaubt. Weil eben besagter Präsident per Dekret einen Golf umbenannt hat – was prompt zumindest für die US-Amerikaner lesbare Folgen hat. Doch davon später mehr.

Griechisch, lateinisch, italienisch, international

Woher kommt eigentlich diese Bezeichnung für eine Wasserfläche, die für viele überhaupt nicht maritim klingt? Kólpos, das altgriechische Wort für Busen, Schoß und Wölbung, stand mit hoher Wahrscheinlichkeit Pate für den heutigen Begriff. Aus dem Griechischen ins Lateinische (colfus) und schließlich mit „golfo“ ins Italienische und schon sind wir in der modernen Bezeichnung angelangt. Die übrigens im 14. Jahrhundert angeblich durch sogenannte Jerusalemfahrer (Pilger zum christlichen Heiligen Grab) erstmals in den altdeutschen Sprachgebrauch importiert wurde.

Weiblichen Formen?

Womit wir auch bei der Vorstellungskraft früher Seefahrer wären. Denn wenn man so im rauen Altertum über die oft unbekannten Meere und Ozeane segelte und nach Wochen fremde Gestade erreichte, deren Küstenlinien man in rudimentären Karten einzeichnen sollte, ging eben so manchen die Fantasie durch. Womit übrigens auch gleich das deutsche Wort für „Golf“ erklärt wäre: Meerbusen. Oder doch nicht? Denn die Sprachwissenschaft schreibt den Begriff erst viel später einer Übersetzung des lateinischen Begriffs sinus maritimus zu, die erstmals Anfang des 17. Jahrhunderts verwendet wurde.

nächstgelegener Meerbusen © nordsee jadebusen.de
nächstgelegener Meerbusen © nordsee jadebusen.de

Bleiben wir beim Golf als solchem. Geologisch und kartografisch betrachtet handelt es sich hierbei um eine größere Meeresbucht, die meist eine geschwungene, rundliche Form aufweist. In der maritimen Zuordnung ist ein Golf ein Nebenmeer, das wiederum durch Inselketten, Festlandteile und Halbinseln vom Hauptmeer abgegrenzt ist. Weltweit gibt es immerhin knapp einhundert Golfen (doch, das ist tatsächlich der Plural von Golf) – inklusive Meeresbusen. Letzterer ist im deutschen Sprachgebrauch hauptsächlich durch den Jadebusen (Deutschland/Niedersachsen) bekannt.

Riesige Bucht, an die zwei Länder grenzt

Gretchenfrage: Welche Region kommt Ihnen in den Sinn, wenn Sie auf den „Golf“ angesprochen werden? Noch in jüngster Vergangenheit wäre das wohl der Persische Golf gewesen, wo zwei „Golfkriege“ stattfanden, die den Nahen Osten politisch und ethisch prägten. Neuerdings hat jedoch ein anderer Golf einen deutlich größeren Platz im allgemeinen Sprachgebrauch eingenommen: der Golf von Mexiko.

© Google maps
© Google maps

Denn diese riesige Meeresbucht, deren östliche und nördliche Küste in den USA und deren südwestliche und südliche Küste in Mexiko liegt, hat seit dem Januar 2025 vom US-Präsidenten Trump persönlich einen neuen Namen erhalten: Golf von Amerika. Per Dekret ist dies zumindest für die US-amerikanische Bevölkerung nun die richtige Bezeichnung der riesigen Bucht. In der immerhin eine der wichtigsten Strömungen des Atlantiks entspringt, die folgerichtig den Namen GOLFstrom erhalten hat. Um genauer zu sein: Dort entspringt der Floriadastrom, der den Golfstrom als Hauptzufluss „nährt“. Siehe auch "Die Entdeckung des Golfstroms"

Diplomatisch und ethisch war dies primär für Mexiko ein Schlag ins Gesicht. Zunächst dachten alle an einen Witz, die diesen Erlass überhaupt in dieser Dekret-wütigen Zeit von Trumps zweiter Amtseinführung erfasst haben. Doch spätestens als die weltweit aktive Presseagentur Associated Press die Akkreditierung für das Weiße Haus in Washington verlor, weil man sich in der Redaktion weigerte, den neuen Namen für besagten Golf anzuwenden, schreckte man auf.

Digital gut gelöst

Unter anderem verlangte Trump von Internet-Giganten Google, dass die Bezeichnung für den Golf vor der amerikanischen und mexikanischen Haustüre stante pede umbenannt wurde. Damit das googelnde Universum sogleich wisse, wie ernst es Herrn Trump mit seinem vermeintlichen Witz ist. Doch Google fand eine nahezu salomonische Lösung. Besser gesagt, Google wendete ein Prinzip an, das längst in anderen Golfen erfolgreich als Standard gilt: Je nachdem, in welchem Land man sich befindet, wird der dort bevorzugte Name auf der Karte zuerst genannt, die zweite Namensgebung erscheint in Klammer.

© google maps
© google maps

Denn der Golf von Amerika (nun für die USA) respektive Golf von Mexiko (vorerst noch für den Rest der Welt) ist nicht der einzige Golf, um dessen Namen gestritten wird. Im Nahen Osten gibt es schon lange einen diplomatischen Kampf darum, ob es Persischer oder Arabischer Golf heißt. Anfang der Nullerjahre schmiss etwa der Iran alle Journalisten des Magazins National Geographic aus dem Land, weil in einem Heft auf einer Karte der Golf als „arabisch“ bezeichnet wurde. Ein weiteres Beispiel: Die Japaner bezeichnen die See westlich ihrer Insel als „Japanisches Meer“. Die Südkoreaner nennen das gleiche Gebiet „Ostmeer“.

Kann man also einen Golf nennen oder bezeichnen, wie es beliebt? Ob der US-Präsident mit seinem Dekret innerhalb der USA sich durchsetzen wird und etwa die US-amerikanischen Verleger von Kartenmaterial (Print oder digital) mitziehen werden, bleibt abzuwarten. Der erwähnte Rausschmiss von AP aus dem Weißen Haus verheißt hierfür jedoch nichts Gutes.

© google maps
© google maps

Allerdings gibt es keinen internationalen Gerichtshof, der sich mit den Namensgebungen einzelner Golfen oder den Bezeichnungen von Meeren und Ozeanen rechtlich beschäftigt. Erst wenn es sich eindeutig um nationale Territorien handelt, haben die jeweiligen Regierungen ein Anrecht auf geografische Namensänderungen.

Keine Regeln, also darf jeder?

Ebenso gibt es kein spezifisches Regelwerk zur Änderung geografischer Namen. Zwar existiert eine Expertengruppe der Vereinten Nationen für geografische Namen, deren Arbeit u.a. die Standardisierung geografischer Bezeichnungen beinhaltet. Diese Expertengruppe verfügt jedoch nicht über die Kompetenz, diese neuen Bezeichnungen verbindlich festzulegen.

In der internationalen Presse wird häufig das Beispiel genannt, dass der amtierende US-Präsident den Mount Rushmore in Mount Trump umändern könnte. Was jedoch in deutschsprachigen Atlanten, auf französischen, italienischen oder spanischen Landkarten als Namensgebung für einen bestimmten Golf verwendet wird, darauf hat Herr Trump – allen Großraumambitionen zum Trotz – keinen rechtlichen Einfluss. Sollte sich allerdings in zwanzig Jahren „Golf von Amerika“ im allgemeinen Sprachgebrauch durchgesetzt haben, wird man diese Bezeichnung wohl auch häufig in neuen Atlanten- und Digital-Maps-Auflagen wiederfinden.

Liste der wichtigsten Golfe und Meerbusen weltweit:

Europa

  • Golf von Biscaya (Frankreich, Spanien)
  • Golf von Genua (Italien)
  • Golf von Venedig (Italien, Slowenien, Kroatien)
  • Golf von Neapel (Italien)
  • Thermaischer Golf (Griechenland)
  • Korinthischer Golf (Griechenland)
  • Saronischer Golf (Griechenland)
  • Golf von Riga (Estland, Lettland)
  • Bottnischer Meerbusen (Schweden, Finnland)
  • Finnischer Meerbusen (Finnland, Russland, Estland)

Asien

  • Persischer Golf (Iran, Irak, Kuwait, Saudi-Arabien, VAE, Katar, Bahrain)
  • Golf von Oman (Oman, Iran, Pakistan)
  • Golf von Aden (Jemen, Somalia)
  • Golf von Bengalen (Indien, Bangladesch, Myanmar)
  • Golf von Thailand (Thailand, Kambodscha, Vietnam)
  • Golf von Tonkin (Vietnam, China)
  • Ochotskisches Meer (mit diversen Buchten, Russland)
  • Japanisches Meer (zwischen Japan, Korea und Russland)

Afrika

  • Golf von Guinea (Westafrika, von der Elfenbeinküste bis Gabun)
  • Golf von Gabès (Tunesien)
  • Golf von Sidra (Libyen)

Nordamerika

  • Golf von Mexiko (USA, Mexiko, Kuba)
  • Chesapeake Bay (USA)
  • Golf von Kalifornien (Mexiko)
  • Fundy-Bucht (Kanada)

Südamerika

  • Golf von Venezuela (Venezuela)
  • Golf von San Matías (Argentinien)
  • Golf von Penas (Chile)

Australien & Ozeanien

  • Golf von Carpentaria (Australien)
  • Joseph Bonaparte Gulf (Australien)
  • Große Australische Bucht (Australien)

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