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Segeln9 min Lesezeit

Sechs Segel zum Segeln!

Diese Segel sind die Basis beim Segelsport – kennen Sie alle?

Sechs Segel zum Segeln!

Logisch, das Groß kennt jeder! Doch was ist mit dem Gennaker, wird der vor oder hinter dem Vorstag gesegelt? Oder Code Zero? Ist das eine Formel oder ein Vorsegel? Was hat Überlappen mit einer Genua zu tun? Und wie war das noch mit der Halse, dem Spi-Baum und dem symmetrischen Spinnaker?

Von Michael Kunst, veröffentlicht am 28.02.2025

Das erwartet Sie in diesem Artikel
  • Sechs Segel, ohne die moderner Wassersport nur halb so viel Spaß machen würde.
  • Welches Segel wird wann gesetzt?
  • Warum ist das Groß unentbehrlich?
  • Was bedeutet die Überlappung bei der Genua?
  • Wieso sind da durchgehende Latten im Großsegel?
  • Und wann benötigt man für einen Gennaker einen Bugspriet?

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Ehrensache, alle engagierten Seglerinnen und Segler kennen die wichtigsten und gängigsten Segel! Wer mindestens dreimal in der Woche „auf dem Wasser“ ist, weiß ganz genau, bei welcher Windstärke, welchem Windeinfallswinkel welches Segel gesetzt werden kann, soll, muss. Oder?

Aber was ist mit all’ denen, die nur ein Mal im Jahr bei einem Chartertörn die Segel setzen? Oder nach längerer Zeit „mal wieder“ mit Freunden übers Wochenende entlang der Küsten schippern wollen? Und auch beim Bade-Törn auf Binnenseen kann es hilfreich sein, wenn man weiß, was die Skipperin meint, wenn es heißt „bereite mal den Code Zero vor“!

Entweder zur Gedächtnis-Auffrischung, zur Ergänzung eines fast vollständigen Wissens oder einfach, weil man sich gerade nicht an „das eine Tuch von neulich, wie hieß das noch einmal?“ erinnert, haben wir hier die wichtigsten Segel und ihre Funktionen aufgelistet.

Dabei verschonen wir Sie mit hochwissenschaftlichen Erkenntnissen aus der Regatta-Segelszene und wagen ebenso wenig eine Bewertung der Segeltuchqualität und Schnitte.

Es soll einfach und „Basic“ bleiben; dabei beschränken wir uns auf die Segelkleider von Fahrten-Yachten und -Booten sowie gängige Regattaboote aus dem Wassersport. High End-Renner mit Rekord-Ambitionen werden hier nicht einbezogen.

Sechs gängige Segel im modernen Wassersport – ein Überblick:


1. Großsegel

Das Großsegel (vulgo: Groß) erzeugt bei nahezu allen Windeinfallswinkeln auf einem Boot oder einer Yacht Vortrieb. Ein modernes Großsegel hat ein breites Schnitt-Spektrum von extrem flach bis relativ bauchig. Zudem können Teilbereiche des Großsegels wie Achterliek, Unterliek etc. separat getrimmt werden.

Großsegel werden am Mast gesetzt. Entweder als einziges Segel (Cat-Takelung, Mast weit vorn im Bugbereich des Bootes/der Yacht platziert, außer dem Großsegel keine weiteren Segel) oder als zentrales Segel auf Jollen und Yachten mit Vor- und Großsegeln. Auf einer Ketsch oder Yawl (zwei Masten) wird das Großsegel am vorderen, längeren Mast gesetzt.

Das Großsegel ist eine Art Allround-Segel und wird bei jedem „Wetter“ eingesetzt. Nahezu alle Varianten der Großsegel können gerefft werden; ihre Segelfläche kann also je nach Windstärke durch Fieren des Großfalls und entsprechendes Einbinden oder Dichtholen der Reffleinen reduziert oder wieder durch erneutes Hissen/Setzen „ausgeschüttelt“ werden.

Es bleibt in der Regel angeschlagen, solange das Boot im Wasser ist.

Reffen
Manche Yachten und Boote sind mit einem stufenlosen Reffsystem ausgerüstet. Dazu wird das Großsegel in den Mast eingerollt, seltener in den Großbaum (Baum des Großsegels).

Entsprechend kann das Großsegel bei (fast) allen Windstärken und den meisten Windeinfallswinkeln eingesetzt werden. Lediglich im Sturm wird das Großsegel vollständig eingeholt und ein Sturmsegel gesetzt.

Großsegel sind auf Booten und Yachten bis heute in der klassischen, dreieckigen Form anzutreffen. Meistens können im Großsegel in den Achterliekbereich Latten zur Stabilisierung des Segels geschoben werden.

Latten
Auf modernen Regatta- und Fahrtenyachten werden mittlerweile häufig durchgelattete Großsegel gesetzt. Deren Latten reichen vom Mast bis zu Achterliek. Sie stabilisieren die Form des Segels und reduzieren den Verschleiß, da sich das Segel, etwa wenn das Boot oder die Yacht im Wind steht oder beim Fieren im Achterliek weniger bewegt respektive nicht mehr flattert. So können leichtere/dünnere Segeltücher zum Einsatz kommen, die wiederum die Performance des Bootes, der Yacht verbessern.

Überhaupt leisten durchgelattete Großsegel per se mehr. Sie halten die Form des Segels bei leichtem Wind und „öffnen“ das Großsegel bei Starkwind im Achterliek. So segelt das Boot mit weniger Krängung und erhält dadurch mehr Vortrieb, vulgo: Speed – auch höher am Wind.

Fathead
Weitere „Neuerung“ im Vergleich zum klassischen Dreieckssegel: Viele Großsegel – auch bei den Fahrtensegelbooten – werden mit einem ausgestellten Top geschnitten. Diese Großsegelform wird Fathead oder Squarehead genannt. Das somit viereckige Segel wird als das „Großsegel für Spitzenleistungen“ bezeichnet. Mehr mögliche Segelfläche, bessere Am-Wind-Eigenschaften – Das SQ-Top ist immer schneller, egal wie stark oder schwach der Wind weht. Nur auf ganz spitzen Raumwindkursen bei starkem Wind schwächelt es.



2. Fock

Die Fock ist ein dreieckiges Schratsegel, das vor dem Mast von Segelbooten (Jollen und Kajütboote) sowie Segelyachten für Vortrieb und Höhe am Wind sorgt. Klassisch wird dieses Vorsegel am Vorstag mit Stagreitern befestigt.

Eine andere, häufig bei Jollen beobachtete Art, eine Fock zu „setzen“: Im Segel wird im Vorliek ein Draht oder Dyneema eingezogen, dessen Enden am Fall und an Deck befestigt werden. Unter Spannung übernimmt so die Fock die Arbeit des (dann meist los durchhängenden) Vorstags.

Rollfock
Auf modernen Fahrtenyachten wird die Fock häufig auch mit einem Fockroller eingesetzt. Dafür wird die Fock NICHT am Vorstag befestigt, sondern an einem eingenähten Stahlseil auf dem Fockroller eingerollt. Dies ist hilfreich, wenn etwa vor dem Wind ein Spinnaker gesetzt wird.

Auch als stufenloses Reffsystem ist eine Rollfockanlage geeignet, obwohl das Vorsegel dabei häufig an Profil verliert.

Eine Fock ist so geschnitten, dass das Segel dichtgeholt mit dem Schothorn nicht hinter den Mast reicht. Im Segeljargon: Die Fock überlappt nicht.

Selbstwendefock
Auf einigen modernen Jollen und Yachten gibt es die Option „Selbstwendefock“: Die Fock wechselt beim Wenden und Halsen „automatisch“ die Seite, sie muss nicht von der Crew aus der Klemme gelöst und auf die andere Seite gezogen werden.

Dies geschieht (bei mehreren möglichen Systemen) prinzipiell mit einer Schotrolle auf einer Leitschiene, die vor dem Mast installiert wird.

Da die Fock den Mast nicht überlappt, ist sie das einzige Vorsegel, das mit einer Selbstwendefunktion ausgestattet werden kann. Selbstwendefocks kommen auf Fahrtenyachten wie auch bei Rennjollen (etwa 49er) zum Einsatz.

Zum Fieren und Dichtholen der Selbstwendefock kann die Schot vom Cockpit aus wie eine „normal geriggte“ Fock bedient werden (also zum Abfallen, Anluven und im „Notfall“ bei heftiger Böe).

Sturmfock
In erster Linie dient die Fock wie alle Vorsegel zur Vergrößerung der Segelfläche. Das Boot erhält so mehr Vortrieb, vorausgesetzt es kann möglichst aufrecht gesegelt werden. Die Fock zeigt vor allem am Wind ihre Stärken. Mit ihr kann man höher segeln, bei gleichzeitigem Speed-Gewinn.

Frischt der Wind auf, gilt die Fock als ideales Vorsegel. Durch ihr meist flaches Profil kann man mit einer gut getrimmten Fock auch dann noch Höhe und Speed laufen, wenn das Großsegel entweder gerefft wurde oder mit einer Leebeule weniger Vortrieb erzeugt.

Vor allem Langfahrtyachten nutzen zudem für extreme Situationen eine Sturmfock. Die ist vornehmlich „handtuchklein“, aus schwerem Segeltuch und wird ohne Stagreiter gesetzt – was jedoch bei starkem Seegang und heftigem Wind nicht immer einfach ist. Mithilfe der Sturmfock kann die Yacht/das Boot bei sehr rauen Wetterverhältnissen besser auf Kurs gehalten werden.



3. Genua

Dieses Vorsegel ist im Prinzip eine vergrößerte Fock. Die Genua überlappt (Schothorn hinter dem Mast) und hat nicht selten eine größere Segelfläche als das Großsegel.

Heute wird die Genua nur noch selten mit Stagreitern am Vorstag gesetzt, sondern mit einer Roll(reff)anlage – gleiches Prinzip wie die Rollfock – gehisst. So kann die Genua stufenlos gerefft werden, was jedoch häufig zu einer Verschlechterung des Segelprofils führt.

Die gereffte Genua ist für Am-Wind-Kurse meist weniger gut geeignet als eine Fock, weil sie in der Mitte einen sackartigen Bauch bildet. Dennoch ist eine Genua auf einer Rollreffanlage aufgrund ihrer Bandbreite und vielen Einsatzmöglichkeiten für viele Fahrtensegler die erste Wahl.

Rollreff
Die Genua wird in ihrer vollen Größe bei leichten bis mittleren Windstärken eingesetzt. Ihr Anwendungsbereich reicht von Kursen hoch am Wind (max. 30 Grad) bis zu Windeinfallswinkeln von etwa 100 Grad.

Auf Regattayachten werden eher selten Genuas auf Rollanlagen eingesetzt, da der Leistungsverlust des gerollten bzw. gerefften Segels zu groß ist. Zum Erhalt eines besseren Profils kann die Genua dann mit einem Binde- oder Reissverschlusssystem gerefft werden.

Überlappung
Die Genua wird dann in drei Größen an Bord genommen – jede Genua hat dann ihr spezielles Profil und eine entsprechende Überlappung.

Genua I für eher sehr leichte Windstärken 1-2 Bf – 150 %
Genua II für ca. 3-4 Bf Windstärke - 135 %
Genua II für Windstärken 4-6 Bf -105 %

Als Basis für das Überlappungsverhältnis gilt die Länge des Unterlieks zwischen Mast und dem Anschlagsockel des Vorstags (J-Maß).



4. Code Zero

Dieses Vorsegel ist eine deutlich größere Genua aus sehr leichtem Tuch. Das Code Zero wird entweder an einem kurzen Bugspriet oder vor dem Vorstag an einem eigenen Anschlagpunkt befestigt und „fliegend“ gesetzt (Befestigung nur am Segelkopf und Segelhals). Trimm über die Vorschot.

Der Einsatzbereich dieses Leichtwindsegels liegt bei ca. 7–13 kn. Das Code Zero oder Code 0 – veraltet auch Windseeker – wird auf raumen, vor allem aber auf nicht allzu hohen Am-Wind-Kursen angewendet.



5. Gennaker (Blister)

Der Gennaker ist ein asymmetrischer Spinnaker und somit ein bauchiges Vorsegel aus meist leichtem Tuch (ähnlich dünn wie der symmetrische Spinnaker, siehe unten). Gennaker werden – je nach Windstärke – in unterschiedlichen Größen mit unterschiedlichem Tuchgewicht gesetzt (Leichtwind=dünnes Tuch, Starkwind=dickeres Tuch).

Fliegend gesetzt
Dieses Vorsegel wird auf modernen Yachten und vielen Jollen (Skiffs) mittlerweile dem symmetrischen Spinnaker vorgezogen. Nicht zuletzt, weil der Gennaker, Blister oder asymmetrische Spinnaker beim Setzen, Bergen und Halsen einfacher zu bedienen ist. Und weil der Gennaker auf raumen Kursen deutlich höhere Leistungen schafft.

Der Gennaker wird „fliegend“ vor dem Vorstag gefahren und am Hals an einem relativ kurzen Bugspriet (häufig auf Fahrtenyachten) oder auf einem ausfahr- /ausklappbaren Gennakerbaum angeschlagen (Rennyachten und moderne Gleitjollen wie Skiffs). Der Kopf des Gennakers wird am Spinnakerfall befestigt, der oberhalb des Vorstag-Beschlags entweder an einer Rolle außerhalb oder über eine Rolle durch den Mast nach außen gezogen wird. Der Gennaker wird mit relativ rundem Vorliek gefahren.

Aus der Hand oder über Winsch
Die Lee-Schot wird – wie beim Spinnaker, durch eine Barberholer-Rolle und durch eine Rolle auf dem Heck gelenkt und nach vorn (auf größeren Yachten über Winschen) geführt und leicht zugänglich belegt respektive bei kleineren Yachten, Booten, Jollen oder bei leichteren Winden aus der Hand gefahren.

Bei eher kürzeren Bugspriet-Varianten wird die Luvschot außen um das Segel herum durch den (nun losen) Barberholer zur achterlichen Rolle geführt.

Bei langen Gennaker-Baum-Varianten kann die Luvschot wie bei anderen Vorsegeln vor dem Vorstag, aber innen am Segel geführt werden. Der Gennaker hat dann ausreichend Raum, um bei einer Halse zwischen Vorstag und Vorliek die Seite zu wechseln.



6. Spinnaker

Dieses symmetrisch geschnittene, bauchige Vorsegel aus (meist) extrem leichtem Segeltuch gilt als das meistgehasste und innigst geliebte Vorsegel.

Gehasst, weil bei mehr Wind das Setzen, Bergen, vor allem aber Halsen häufig von Murphy’s Law geprägt ist: Was schiefgehen kann, geht schief! Geliebt, weil das Segel vor dem Wind, vorwiegend auf tiefen Kursen, jedes Boot, jede Yacht maximal voranbringt – gibt es ein cooleres Gefühl als eine Gleitfahrt unter Spi?

Vorwind und raumschots
Der symmetrisch geschnittene Spinnaker kann auf (tiefen) Vorwindkursen genauso gefahren werden wie auf raumen Kursen. Sein größtes Potenzial entfaltet das im Vergleich zum asymmetrischen Spinnaker extrem bauchige Segel jedoch „platt“ vor dem Wind.

Dieser „klassische“ Spinnaker wird mit einem Spinnakerbaum gefahren, der in Luv am Mast seitlich oder vorn eingehakt wird. Am anderen Ende des Baumes wird die Luvschot des Spinnakers lose durch ein Karabinersystem geführt und der Spinnaker über die Schot an den Baum herangezogen. In der Halse wird auf den meisten Yachten oder Jollen der Baum am Mast gelöst, zur neuen Luvseite geschwenkt, dort die neue Luvschot angebracht, die Schot auf der neuen Leeseite gelöst und der Baum erneut am Mast eingehakt.

Mit Baum gefahren
Durch gemeinsames Verstellen von Toppnant und Spinnakerbaum-Niederholer kann die Stellung des Spinnakerbaums (nach oben und unten) verändert und der Spinnaker dadurch getrimmt werden.

Spinnaker werden aus dem Spinnakersack heraus aus dem Bugkorb oder in Lee des Großsegels gesetzt. Oder aus einer Spinnaker-Trompete mit Öffnung im vorderen Bugbereich relativ bequem und komplikationslos gehisst.

Bei Windstärken ab drei Beaufort wird empfohlen, auch das Vorsegel (Fock oder Genua) stehenzulassen, solange der Spi gesetzt wird. Im Windschatten des Vorsegels kann ein symmetrischer wie auch asymmetrischer Spinnaker unfallfrei(er) nach oben gezogen werden.