Kaufberatung7 min Lesezeit
Bootskauf: Keinen Alleingang
Warum Egotrips auf Dauer ganz schlecht sind

Beim Bootskauf wird meist über den geeigneten Typ, die Motorisierung oder Takelage, Finessen der Ausstattung und den Pflegezustand nachgedacht. Dabei ist die Frage Welten wichtiger, ob nicht nur einer, sondern beide Spaß daran haben.
Von Erdmann Braschos, veröffentlicht am 06.10.2024
Das erwartet Sie in diesem Artikel
- welchen entscheidenden Fehler Sie beim Wassersport von vornherein vermeiden sollten
- auch wenn der Bootskauf meist ein „Männerding“ ist, darf es kein Egotrip werden
- wie wichtig es ist, dass die Partnerin mitzieht
- wie Sie den Bootskauf richtig anbahnen
- achten Sie auf den Killersatz
- manchmal ist es umgekehrt, sie begeisterte Seglerin und er die Landratte
Es ist naheliegend und richtig, sich vorab gründlich über das Boot Gedanken zu machen, von „A“ wie Ausrüstung bis „Z“ wie Zustand. Passt das entdeckte Angebot zu den eigenen Möglichkeiten? Wie viel Platz bietet es an und unter Deck? Ist es gepflegt? Wurden die laufenden Arbeiten gemacht oder gibt es einen Wartungsstau? Passt das Material - Holz, Aluminium, Stahl oder Kunststoff - zum vorgesehenen Zweck? Passt es zu den eigenen handwerklichen Möglichkeiten und zum Geldbeutel?
Wie sind die Fahreigenschaften? Wie sportlich und entsprechend nass geht es zur Sache? Gab es Grundberührungen? Hat der Gfk-Rumpf Osmose? Was muss demnächst ersetzt werden? Welche unverzichtbaren Ausstattungen fehlen? Bekomme ich überhaupt einen Liegeplatz? Ist die Maschine in meinem Revier zugelassen oder ist ein teurer Umbau nötig? Gleiches gilt für das Bord-WC. Hat es einen Fäkalientank? Existiert die vorgeschriebene Installation zum Absaugen? Erfüllt das Boot die CE-Norm? Wurde die Mehrwertsteuer bezahlt? Gibt es dazu die erforderlichen Nachweise? All diese technischen Fragen sind Themen, denen Projektmenschen und prototypische Bastler liebend gern nachgehen und als Macher zügig lösen.
Hat die Partnerin überhaupt Lust auf die Auszeit auf eigenen Planken?
Der Teufel steckt auch beim Boot im Detail. Es ist eine Materie, mit der Sie sich als Käufer und Novize vielleicht noch nie befasst haben. Auch ist es nicht einfach, angesichts von erschwinglichen Traumschiffen im riesigen Gebrauchtbootmarkt einen klaren Kopf zu behalten. Gerade dann, wenn es „viel Schiff für wenig Geld“ gibt. Es ist richtig, sich all diese Fragen zur Hardware zu stellen und das nötige Wissen über dieses Portal und das boat24.com-Booklet „Boote kaufen/verkaufen“ anzueignen (siehe Links unten).
Aber übersehen Sie bei der Beschäftigung mit dem Boot – so viel Spaß das macht und so viele Fragen zu klären sind – nicht den einen, auf Dauer entscheidenden Gesichtspunkt: Findet Ihre Lebensgefährtin, Ihre Frau und Familie das gut? Wird sie mitmachen oder gibt es Skepsis und zögernde Zustimmung? Sollte es da nur einen Hauch eines Zweifels geben, sollten Sie vorsichtig sein. Überreden, überrumpeln, umbiegen ist leider eine schlechte Strategie. Sie funktioniert nicht. Machen Sie das Boot nicht zur Sollbruchstelle Ihrer Beziehung.
Denn ein Boot ist mehr als eine große Anschaffung. Ein ähnlich irrationaler Kauf wie der eines Sportwagens wäre eine vergleichsweise vernünftige Wahl. Denn den haben Sie zu Hause in der Garage. Er ist ehekompatibel. Ein Boot dagegen bedeutet viel mehr. Ein Boot ist immer ein Lebensstil. Behagt er Ihrer Freundin oder Frau? Passt er zur Familie? Was meist in der anfänglichen Begeisterung übersehen wird: Ein Boot bindet freie Zeit, die sie vermutlich gemeinsam an Bord und nicht getrennt verbringen möchten. Machen Sie also keinen Alleingang. Chartern Sie ein baugleiches oder ähnliches Boot. So finden Sie während eines Urlaubs gemeinsam heraus, ob und wie sehr es Ihrer Partnerin überhaupt Spaß macht. Am besten ergebnisoffen und ohne Druck. Das ist schwer, wenn Sie selbst schon begeistert sind.Nehmen Sie sich die nötige Zeit dazu. Brechen Sie es nicht übers Knie.
Der Killersatz: Du und Dein Boot!
Das Bordleben bringt einige Einschränkungen mit sich. Es ist eng, feucht und zugig bis kalt.
Die meisten Frauen, die ich kenne, bibbern schon, wenn Männer überhaupt an den Pulli oder die Jacke denken.
Es gibt Frauen, die gehen unterwegs an Bord nicht aufs Klo. Das ist für Männer unbegreiflich. Männer pinkeln einfach über die Reling. Dieses Unverständnis ändert aber nichts. Besonders genante Frauen warten ab bis zum nächsten Hafen! Ganz zu schweigen von der praktischen, aber unbequemen Eimer-Lösung für Geschäfte aller Art.
Die Wasch- und Toilettenräume in den bezahlbaren Marinas des sonnigen Südens, in Skandinavien, England oder Frankreich sind vorsichtig ausgedrückt „rustikal“. Selbst in Grömitz an der Lübecker Bucht waren sie bis vor wenigen Jahren noch überlaufen, eng, verspakt und leider grenzwertig.
Unterschätzen Sie die weiblichen No-Gos des Bordlebens nicht
Ähnlich ist es mit den Waschgelegenheiten. Männer kommen mit einer kalten Dusche draußen am Deck klar. Ich dusche auch im Oktober noch draußen im Ankerkasten meines Bootes. Kalt, weil es keinen Warmwasserboiler an Bord gibt. Danach benötige ich zum Wachwerden fast keinen Kaffee mehr. Meine Partnerin mit langen Haaren duscht dann mit Sicherheit nicht.
Diese Einschränkungen sprechen für viele Frauen klipp und klar gegen Outdoor-Beschäftigungen aller Art, das Bordleben ganz besonders. Sie werden spätestens, wenn es ihr kaum bis keinen Spaß macht, zum No-Go.
Wenn Ihrer Frau das ganze Thema im Grunde nicht behagt und sie in bewegtem Wasser womöglich auch noch seekrank wird – dann sind Sie eher, als Ihnen lieb ist allein auf dem Wasser. Wenn Sie nun im Sommer einen Großteil Ihrer Freizeit getrennt verbringen, wenn Sie eine Passion für den Wassersport entwickeln, ihn mit dem richtigen Boot vertiefen, Ihre Lebensgefährtin aber leider nicht, hat das schmerzliche Konsequenzen für Ihr Privatleben: bis hin zur letztlichen Trennung. Die Woche über arbeiten Sie. Da bleibt an den Wochenenden keine Gelegenheit mehr für gemeinsame schöne Erlebnisse.
Ja, und natürlich lassen sich immer Kompromisse aus dem Land- oder Bordleben finden. Das machen Sie im sonstigen Leben auch. So werden Sie nicht jedes Wochenende auf dem Wasser verbringen. Wenn aber das Wetter passt, möchten Sie dann dem häuslichen Frieden zuliebe daheim bleiben? Zusammen shoppen, Kaffee trinken, mit den Nachbarn grillen, die Eltern oder Schwiegereltern besuchen, sind bedauerlicherweise keine Alternativen zur Auszeit auf eigenen Planken.
Dann kommt noch der Spaß an einer der schönsten Sachen dazu. Es gibt Wind. Die Sonne scheint. Die Feile messert wie blöd mit etwas Krängung durch die Gegend. Besser geht es nicht. Sie hocken grinsend auf dem leewärtigen Seitendeck am Rad - und die beste Frau Ihres Lebens hat Angst. Sie hofft, dass dieses zugige Martyrium mit mehr als genug Schräglage bald ein Ende hat. Das ist richtig Essig.
Auf dem herrlich sonnigen Bootslagerplatz von Manoel Island lernte ich in Malta mal einen Engländer kennen, der mit seiner Frau an Bord eines Kimmkielers vom Typ Westerly lebte. Das Boot stand seit Jahren schon am Land. Sie fütterte die Katzen im Schatten des Bootes. Er unterhielt sich mit den kommenden und gehenden Yachties. Wahrscheinlich auch eine Art gemeinsam an Bord zu leben. Ich habe diesbezüglich schon manche komische und auch traurige Geschichten gesehen.
Ein Segelfreund kaufte neulich ein Motorboot und hat seine Frau über Monate hinweg zu einem Dänemark-Törn überredet. Zögernd stimmte sie zu, unter der Voraussetzung, dass ab einem gewissen Seegang schräg von achtern und ab 4–5 Windstärken Schluss ist. Er hat sich dran gehalten.
Das tolle war, dass sie Zeit hatten. Sie hätten zwei, drei Monate in Dänemark bleiben, die Auszeit an Bord genießen können, dank des geringen Tiefgangs viele Inseln und kleine Häfen ansteuern, die Umgebung mit den Bordfahrrädern erkunden können. Dennoch ging es den ganzen Urlaub um die Frage, wie das Wetter wird, welche längere Strecke wann gefahren wird. Nach wenigen Wochen waren sie wieder zurück. Weil sie Angst hatte und den ganzen Törn mit längeren Strecken über die offene See im Grunde nicht wollte.
Auch meine Partnerin hat ab fünf von vorn Angst. Der Sommertörn war dennoch wunderschön. Er gelang, weil sie Vertrauen hat, dass seglerisch nicht auf den Gong gehauen wird, die Schläge gemeinsam geplant und bei blöden Bedingungen der nächste Hafen angesteuert wird.
Also: Lassen Sie Ihrer Partnerin Zeit, sich mit dem Bordleben generell und einem bestimmten Boot anzufreunden. Sondieren Sie gemeinsam, welcher Bootstyp zu Ihnen passt. Suchen Sie das Boot zusammen aus. Eignen Sie sich das vielleicht neue Terrain, das Handwerk der Nautik Schritt für Schritt gemeinsam an.
Entscheidend ist auch, wie Sie die Wochen an Bord verbringen. Treffen Sie Entscheidungen zusammen und nicht wie früher selbstherrlich allein. Keine starr festgelegten Routen. Das geht mit dem Wohnmobil, mit dem Boot nicht.
Vergessen Sie ferne Ziele in Gewässern, wo sich Wind und Seegang alle drei Tage ändern. Sie betreiben eine Outdoor- und eben keine Hallensportart. Ein dickes Tief und alle vor Monaten, Wochen oder wenigen Tagen aufgestellten Törnpläne sind Makulatur. Es sei denn, Sie „dreschen“ Boot und Besatzung gern bei Starkwind und Seegang nach Fahrplan zum Ziel.
Das schlimme Ultimatum: Boot oder ich
Eine Trennung wegen des wunderbaren Hobbys, das nur Sie ziemlich aus- und erfüllt, Ihre Partnerin leider nicht, die Sollbruchstelle Ihrer Beziehung. Sie wird eines Tages zur schmerzhaften Entscheidung. Sobald Sie den Satz hören „Du und Dein Boot“, sollten bei Ihnen die orangefarbene Lampe angehen, wie die Warnung in alpennahen Gewässern bei Föhn. Im Grunde ist es dann schon zu spät.
Nun ist entweder die Zeit für eine Kursänderung (weniger Boot) oder die Trennung gekommen. Oft ist das Boot nur ein Symptom, Ausdruck anderer Fragen, die zu entscheiden sind. Dann heißt es bedauerlicherweise wie so oft: das Boot oder ich. Ganz blöde Geschichte, wenn Sie beides wollen. Die Beziehung und schöne Stunden auf dem Wasser. Deshalb mein Rat. Checken Sie diesen wichtigsten, wahrlich weichen stellenden Punkt in Ruhe gemeinsam vorher. Am besten deutlich vor dem Bootskauf.
Abschließend noch der Hinweis, dass es keineswegs immer so ist, dass er der große Segler ist und die Partnerin weniger. Wie eine Leserin dieses Artikels aufmerksam machte, geht es auch andersherum. Sie ist passionierte Seglerin und er eher nicht.
Artikel offline genommen: Ich halte den Artikel für nicht mehr zeitgemäß. Wir hatten bereits mehrere Reklamationen deswegen.