Superyachten5 min Lesezeit
Very Wally
Luca Bassini wollte mal was anderes machen und entwarf eine Mega-Motoryacht für die Langstrecke.
Auch Wally-Boss Luca Bassini will sich dem neuen Trend hin zu langen Reisen und expeditionsähnlichen Törns nicht verschließen. Der Karbon-Guru lässt bei Nobiskrug in Kiel eine 83-Meter-Megamotoryacht bauen – aus Stahl!
Von Michael Kunst, veröffentlicht am 12.01.2018, aktualisiert am 28.03.2023
Das erwartet Sie in diesem Artikel
- Eine Yacht, die auf den ersten Blick wie ein Kriegsschiff aussieht. Und dennoch unverkennbar „wally“ ist.
- Die Entstehung eines völlig anderen Wally-Projektes.
- Nicht mehr Daysailing oder Island- und Bay-Hopping sind vorgesehen, sondern lange Törns und Expeditionen.
- „Überallhin, aber auch wieder zurückkommen“ lautet die Prämisse dieses Stahl-Projektes.
- Ein beeindruckendes Konzept über 83 very Wally Meter Länge!
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Man kennt das ja: So manche News zum geplanten Bau von «Megayachten», die hinter den Kulissen ausgebrütet wurden, um dann bei großen Events oder noch lieber bei prachtvollen Messen mit viel «Trara» verkündet zu werden, entpuppen sich oft genug als Strohfeuer. Ein kurzes Aufflammen und schon verraucht die vermeintliche Neuigkeit zu einem Nichts – Ideen, Pläne und guter Wille verschwinden dann in imaginären Schubladen, die nie wieder aufgezogen werden.
Wenn jedoch ein Luca Bassani (siehe Luca Bassani: Stilsicher in die Zukunft), legendärer Gründer und Vordenker von «Wally Yachts» während eines Pressemeetings in einem Nebensatz erwähnt, dass er mal was ganz anderes erschaffen und dafür auch seine bisherigen Prinzipien rund um den Bau von Superyachten neu überdenken wolle, dann hat das den Stellenwert einer Prophezeiung. Schließlich ist Bassani bekannt dafür, dass er nie Unüberlegtes ausspricht – und was sich dieser Edelyachten-Guru überlegt, das realisiert er auch.
Größer, um weiterzukommen
So kam es, dass viele Insider der Megayachten-Szene nicht mehr allzu überrascht waren, als während der letzten Monaco Yacht Show bekannt gegeben wurde, dass die monegassische Edel-Marke «Wally Yachts» in Zukunft auch mega große Stahlyachten für expeditionsähnliche Einsätze bauen wolle.
Moment mal, Wally Yachts, die Vorreiter in Sachen «Karbon», die Daysailor- und Edel-Regatta-Boote-Kreativen par excellence werden Yachten aus Stahl bauen? Die dann womöglich in den entlegensten Gegenden unseres Planeten zum Einsatz kommen werden? Ausgerechnet dort, wo sie niemand sieht?
Luca Bassini und sein Wally-Team beantworten solche Fragen gelassen. Ja, man wolle neue Richtungen einschlagen, werde aber weiterhin auf den alten Wegen aktiv bleiben. Und nein, es sei nicht beabsichtigt, das Daysailor - und Regattasegment zu verlassen, doch könne man sich eben neuen Trends nicht verschließen. Im Gegenteil: Man werde sie anheizen.
Hintergrund ist die mittlerweile deutlich spürbare Tendenz hin zu ausgiebigen, langen Reisen auf der eigenen Yacht … nicht nur in der Fahrtensegler, sondern auch in der Mega- und Superyachtszene. Reisen, die eben nicht in die nächste Bucht führen, sondern weiter entfernt die offenbar allgegenwärtige Sehnsucht nach dem Blick hinter den Horizont befriedigen sollen.
Dass die Törns auch gerne Expeditionscharakter annehmen dürfen, ist letztlich nur eine Frage des Reisebudgets. Und davon haben Megayacht-Besitzer bekanntlich mehr als ausreichend. Also dürfen Ziele wie die Nordwestpassage, Patagonien, die Südsee oder Asien angepeilt werden. Nur dass man dorthin nicht auf Daysailor-Yachten kommt, die sich bei Cote d’Azur-Regatten hervorragend schlagen und einen exzellenten Eindruck beim Schönheitswettbewerb am Steg machen.
Einfach, aggressiv, futuristisch
Also entwarf Bassani mit seinem Team eine Mega-Motoryacht, die auf den ersten Blick zwar wie ein Kriegsschiff aussehen mag, beim zweiten Hinschauen jedoch seine Gene nicht verleugnen kann. Über 83 Meter wird sich das Schiff strecken und sein Design den gleichen sportiven und aggressiven Charakter haben, wie man das etwa von der mit 118 Fuß ungleich kürzeren Wally-power «Galeocerdo» gewohnt ist. Einfache, schnörkellose Linien im Rumpf mit vergleichsweise wenigen Aufbauten führen zu einem klaren und futuristisch wirkenden Auftritt dieses neuen Wally Yachts-Konzeptes.
Die Yacht soll allerdings nicht nur zu Orten mit hohem Erlebnis-Potenzial führen, sondern bereits an Bord für einen hohen Erlebnis-Faktor sorgen. So sind auf dem Hauptdeck zwei 20-Meter-Pools vorgesehen. Der Rest des Decks soll nackt, leer und aufgeräumt bleiben, um dort mittlere bis große Freiluft-Diners auszurichten oder sonstigen Verlustierungen, bei denen reichlich Platz benötigt wird, nachzugehen.
Die Eigner-Kabine, pardon: das Eigner-Loft wird sich im Oberdeck befinden, selbstredend mit eigener Terrasse, die gen Heck ausgerichtet ist. Die für Yachten dieser Größenklasse obligatorische Tender-Garage ist mit einer lateralen Öffnung im Bugbereich steuerbord vorgesehen. Neben diesen doch eher oberflächlichen Informationen gibt sich «Wally Yachts» jedoch gewohnt bedeckt. Erst wenn tatsächlich mit dem Bau einer Yacht angefangen werde, kommen detaillierte Risse, CAD-Designs und technische Beschreibungen in Umlauf.
Spezialisten für Stahl und Mega «ins Boot» geholt
Wie ernst es Bassani mit seinem Projekt ist, zeigt sich bei der Wahl seiner Partner. Denn erstens gibt es für Megayachten dieser Größenklasse nicht viele Werften, die bereits auf Wally-Niveau ihre Kompetenz und Effizienz unter Beweis gestellt haben und zweitens sind nur wenige Innenraum-Designer für die anspruchsvolle Megayachten-Klientel tatsächlich prädestiniert.
Also sicherte sich der Italiener für seine erste Megayacht aus Stahl (Stichworte «überallhin und von dort wieder zurückkommen») ganz einfach die Zusammenarbeit der derzeit besten und gleichzeitig renommiertesten: Nobiskrug (Privinvest) in Rendsburg am Nord-Ostsee-Kanal. Die Werft gilt seit Jahrzehnten als erste Adresse im Megayachtbau, zuletzt setzte sie das ehrgeizige Projekt «Sailing Yacht A» mit erklärter Bravour in die Realität um. Und die britischen Innenraumgestalter bei «Winch Design» gelten seit 1986 als Kreative, deren Stärke vorwiegend beim individuell ausgerichteten Interieur von Superyachten auszumachen ist. Ein Top-Trio, das auch im übertragenen Sinne «Großes» verspricht.
Entsprechend positiv gestimmt gibt sich Bassani. In diversen Interviews und in Presseerklärungen lässt er verlauten, dass er dem Konzept «Megayachten für große Reisen, Exkursionen und Expeditionen» eine Menge zutraut. Auch oder gerade im Hinblick auf die Zukunft von Wally Yachts.
Denn schon seit einigen Jahren wird bei den Monegassen eine gewisse Tendenz zum Reisen deutlich. Vor allem bei ihren Superyachten unter Segeln ist der Trend zu «mehr Cruising, weniger Regatta» unübersehbar. So auch der Wally 93-Fuß-Perfomance Cruiser, der 2018 zu Wasser gelassen wurde.
Diese «Wally 93», die lediglich 35,5 Tonnen verdrängt, gilt selbst unter den Wally-Designern als besonders gut gelungene Symbiose aus Renn- und Fahrtenyacht. Mal ganz abgesehen von der mit Sicherheit faszinierenden Performance des Flushdeckers mit breitem Heck auf raumen Kursen, zeigt ein Blick auf das stylische Interieur, dass es sich darin auch gut leben lässt.
Very Wally
Luca Bassinis und somit Wallys Debut in der Megayachtszene mit Schiffen über 75 Metern Länge wird von allen Seiten genau beobachtet. Weiß doch jeder, dass bei allem, was der Italiener anpackt, auch immer etwas für die Branche «abfällt». Und sei es «nur», wie im Fall der 83-Meter-Expeditions-Megamotoryacht, ein Weg, der Richtung Horizont und weiter führt. Man brauche sich jedoch keine Sorgen machen, wird Luca Bassani in mehreren Interviews mit der Mega-Yacht-Fachpresse zitiert: «Unsere Yachten werden immer very Wally sein!»