Seemannschaft3 min Lesezeit

Nautiker-Wissen zum Nachgucken

Drei praktische Nachschlagewerke für die Bordbibliothek

Nautiker-Wissen zum Nachgucken
Drei unentbehrliche Bücher für zuhause und an Bord © Erdmann Braschos/Swedesail

Sie begegnen unterwegs einer Boje mit geheimnisvollen Toppzeichen, hören einen dicken Pott ein-, zwei- oder dreimal tuten. Sie rätseln über bunte Signalflaggen, geheimnisvolle Zeichen an Schleusen und Klappbrücken. Sie sehen nachts bunt beleuchtete Schiffe. Was war noch mal ein Kopfschlag, Jockeybaum oder Wellenbock?

Von Erdmann Braschos, veröffentlicht am 30.07.2020

Das erwartet Sie in diesem Artikel
  • Empfehlung des Standardwerks „Seemannschaft“
  • wie praktisch das „Yacht-Bordbuch“ von Hans Donat unterwegs ist
  • das „Segler-Lexikon“ von Joachim Schult als ausgezeichnetes und umfassendes Nachschlagewerk

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Nun müsste man das alles eigentlich wissen. Tja, «müsste» und «eigentlich». Doch liegt die Prüfung für den Bootsführerschein schon etwas achteraus und das meiste Nautiker-Wissen ist selten gefragt. Drittens hat jeder Mensch das Recht, überflüssige Einzelheiten zu vergessen. Er nutzt es gern. Ich auch. Die besonderen Befahrensregeln für den Nord-Ostseekanal hatte man vielleicht mal drauf, tatsächlich guckt man sie aber vorher nach. Nicht zuletzt gibt es die lange, vom Winterhalbjahr oder aus anderen Gründen erzwungene Bordlebenspause.

So empfehle ich drei Bücher, die ich schon lange regelmäßig nutze. Erstens die sogenannte «Seemannschaft». In diesem mittlerweile über 800 Seiten starken «Handbuch für den Yachtsport» steht in erfreulichem Klartext und gut illustriert praktisch alles drin. 1,7 Kilo geballtes Schifferwissen. Da wird zum Beispiel erklärt, wie man am Ende einer Festmacherleine einen sogenannten Augspleiß anbringt. Das konnte ich früher aus dem Effeff, aber mit dem Anfang habe ich Schwierigkeiten. Ganz einfach, weil ich diese Takelarbeit zwar gern, aber selten mache. Das kann man sich natürlich auf YouTube anschauen, wo es viele gute Erklärvideos gibt. Aber beim Törn, wo man aus guten Gründen offline ist, ist die «Seemannschaft» als Konversationslexikon für jeden Bootsnomaden analog praktisch und besser, weil greifbar. Meine Erfahrung mit gedruckten Erzeugnissen ist außerdem, dass ich mich besser auf ein Thema einlasse. Die Schwarte im typisch blauen Umschlag gibt es beinahe seit Kaisers Zeiten, genauer seit 1929, mittlerweile in der 32. Auflage. Regelmäßig überarbeitet, ist sie auf dem aktuellen Stand. Gebundene Ausgabe 25 x 17 x 5 cm, erschienen im Delius Klasing Verlag. Falls Ihnen die aktuelle Ausgabe mit knapp 50 € zu teuer ist, kaufen Sie eine ältere für kleines Geld. Das reicht, um Basics wie den erwähnten Augspleiß nachzuschlagen.

Blick in die «Seemannschaft»
Blick in die «Seemannschaft» © Erdmann Braschos/Swedesail

Ein handliches Extrakt aus der Seemannschaft ist das «Yacht-Bordbuch». Als praktisches 14 x 10 cm Format passt es im gummierten Umschlag ins Schwalbennest, neben den Steuerstand der Motoryacht oder die Jackentasche. Verfasst von Hans Donat erscheint es seit 1983, mittlerweile in der 21. Auflage. Da ist das Wesentliche zu Vorfahrtsregeln, Positionslaternen und Sonderfallbeleuchtung, Schallsignalen, Flaggen, Seezeichen, sogar zu den Spezialitäten des Nord-Ostseekanals flott nachzuschlagen. Wer weiß schon auswendig, welche Laternen Bagger, Großsegler, Schlepper, Schleppverbände, Fischer oder Hochgeschwindigkeitsfähren in welchen Fahrtzuständen eingeschaltet haben, oder welche Lampen Manövrierunfähigkeit anzeigen? Ohne dieses Büchlein für knapp 15 Euro würde ich nicht ablegen. Alte Ausgaben gibt es antiquarisch günstiger.

Das «Segler-Lexikon» von Joachim Schult erklärt anhand alphabetisch geordneter Stichworte unzählige Begriffe aus der Nautik. Vom Buchstaben A wie Alfa der internationalen Flaggensprache bis Z, wie Zylinderkoeffizient. Dieser Wert bezeichnet die Fülligkeit der im Wasser eingetauchten Schiffsenden. Wenn ich es richtig verstanden habe, ist er für Insider wie Yachtkonstrukteure interessant und sagt aus, wie gut oder schlecht ein Boot seine Maximalgeschwindigkeit erreicht.

Blick in das «Yacht-Bordbuch»
Blick in das «Yacht-Bordbuch» © Erdmann Braschos/Swedesail

Dieses Lexikon ist nicht so unverzichtbar wie die «Seemannschaft» und das «Yacht-Bordbuch». Es ist aber eine unerschöpfliche, meistens gut erklärende und mit zweitausend Zeichnungen bestens weiterhelfende Auskunftei, die ich regelmäßig nutze. Sie ist nach meiner Beobachtung sogar Freund Google oder Wikipedia in vielen Bereichen immer noch voraus. Ein größeres Kompliment lässt sich einem Nachschlagewerk heutzutage kaum machen.

Hier werden beispielsweise unterschiedliche Heckformen erklärt, Windeinfallswinkel, Takelagen, Bootsbaumaterialien. Ich nutze eine ältere, 664-seitige Ausgabe von 1992 zu 5.500 Stichwörtern. Heute werden in der 13. Auflage 5.700 Begriffe auf 800 Seiten erklärt. Zu jedem Stichwort wird gleich der englische Begriff genannt, was mir bei der Lektüre amerikanischer und englischer Bücher und Zeitschriften oft hilft, denn die Nautik ist ursprünglich eine angelsächsische Sache.

Ich habe es sogar mal für das Rätsel eines Kindergeburtstags verwendet, wo Begriffe wie «Affenfaust», «Knallbüdel» oder «Kugelbake» zu erraten waren. Ich wollte den Nachwuchs rechtzeitig auf das schönste Pläsier der Welt aufmerksam machen.

Sollte das Bücherschapp Ihres Bootes an stürmischen oder regnerischen Tagen feucht werden, nehmen Sie das veraltete antiquarische Exemplar. Gibt es für kleines Geld. Tipps zum Trockenlegen Ihrer Kajüte gibt es hier: Leckende Fenster ersetzen

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VG