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Leckende Fenster ersetzen
Wie Sie undichte Stellen in der Kajütwand beseitigen
Wenn Sie ein Boot übernehmen, spritzen Sie es am Liegeplatz mit einem Schlauch ab. So sehen Sie bald, unter welchen Luken, Fenstern und Beschlägen es tropft. Feuchte Polster, eine nasse Koje, klamme Klamotten sind lästig. Ärgerlich sind nasse Wertsachen wie Handy, Kamera oder Portemonnaie.
Von Erdmann Braschos, veröffentlicht am 01.06.2018, aktualisiert am 12.10.2024
Das erwartet Sie in diesem Artikel
- Tipps zum Wechsel der Bootsfenster
- was Sie sinnvoll selbst machen
- Schritt-für-Schritt-Anleitung
- was es kostet
- der zeitliche Aufwand
- Erfahrungen mit einem dänischen Lieferanten
- Preisbeispiele Stand 2018
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Wasser findet durch leckende Beschläge oder Fenster immer einen Weg nach innen. An Bord meiner Swede 55, eines Kunststoffbootes Baujahr 1979, schlage ich mich eine Weile schon mit lästigen kleinen Leckagen herum. Zunächst habe ich vor Jahren die alten, undichten Goiot-Skylights, ein gängiges französisches Fabrikat, ersetzt.
Dann wurden sämtliche Decksbeschläge für die Wanten, die sogenannten Püttinge, Schritt für Schritt reihum ausgebaut, gereinigt, bei der Gelegenheit gründlich auf etwaige Risse angeschaut und mit Sikaflex neu montiert. Beim ersten Pütting machte ich den üblichen Fehler, den Untergrund nicht wie empfohlen gründlich von Silikon- und Politurresten zu reinigen. Außerdem habe ich bei der Montage nicht abgewartet, bis das Sikaflex ausgehärtet ist und danach erst die Beschläge über die Muttern zum Deck hin angezogen. So quetschte ich bei meinem ersten Püttingwechsel die weiche Dichtmasse zügig raus - und durfte nach einer Weile alles noch einmal neu machen: Verkleidungen und Schwalbennester im Salon raus, Blenden und Teakleisten raus gepopelt, Rüsteisen mit Decksbeschlag gelöst, und so weiter.
Als Lehrling eines Bootsbaubetriebe hätte ich dafür einen Einlauf bekommen. Wichtig ist auch, die Mindesttemperatur zur Verarbeitung der Dichtmasse einzuhalten. Bootsbauer (aus gutem Grund ein Lehrberuf) wissen das natürlich alles.
„Richtige Männer“ lesen bekanntlich keine Beipackzettel oder Bedienungsanleitungen. Verarbeitungshinweise schon gar nicht, oder? Tja, die Lernkurve ist bei einem Hobbypfuscher, der überwiegend am Schreibtisch arbeitet und viele Bootsjobs noch nie gemacht hat, schon steil. Mir dämmerte damals schon, meine mal eben Hauruck und schnell nebenbei Bootsbastelstrategie durch eine andere Arbeitsweise mit mehr Hirn und der nötigen Ruhe zu ersetzen, auch wenn es im ersten Anlauf halt etwas länger dauert.
Dann gab es noch einen notorisch undichten Vorlukdeckel mit abgewinkelter Front. Auch an dem habe ich über Jahre nebenbei erfolglos herumgebastelt. Ich erzähle dieses zugegeben blamable Detail, um zu zeigen, dass aus solchen Nebenbei-Baustellen wenig herauskommt, außer dass sie auf Dauer nerven. Doch ich wollte nun mal segeln. Irgendwann in den vergangenen Jahren hatte ich es derart „dick“, dass ich einen befreundeten Bootsbauer fragte, wie man das hinbekommt. Es dauerte nicht lange, und der Vorlukdeckel war dicht. Alexander guckte sich den geschlossenen Deckel von unten in Ruhe an und glich das uneinheitliche Spaltmaß mit Moosgummi in verschiedenen Wandstärken aus. Natürlich war die Sache etwas komplizierter, aber im Prinzip wurde das Problem so gelöst. Soviel zum Thema selber machen oder machen lassen. Der Profi muss halt bezahlt werden. Es ist nicht einfach, Bootsbauer zu finden, die gute Arbeit machen.
Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis
Nach den beschriebenen Anläufen waren die beiden Skylights, die Püttinge und der Vorlukdeckel dicht. Es blieben die zahlreichen Fenster im vorderen Kajütaufbau meines Bootes. An denen habe ich auch der Kosten halber wiederholt selbst nebenbei „gebastelt“, es mit neuen Dichtungen und schließlich mit Sikaflex versucht. Ein guter Segelfreund und ich haben so mal einen Sommertörn vorbereitet. Wir hatten das schwarze Sikaflex tagelang unter den Pfoten. Bei mir war das nicht so schlimm. Mit dreckigem Finger tippen geht.
Aber mein Kumpel ist Küchenchef. Da machen schwarze Ränder unter den Fingernägeln einen richtig schlechten Eindruck. Hatte ich schon erwähnt, dass wir es nebenbei versuchten, so als handwerkliches Quickie am Nachmittag? Ich muss nicht betonen, dass dieses arbeitsintensive Provisorium zwar etwas, aber unter dem Strich wenig gebracht hat. Es regnete unter den vorderen Fenstern zwar etwas weniger, aber halt nach wie vor rein. Ein Beispiel dafür, wie der Betrieb eines Bootes in diesem Stil langfristig zu einer Lektion in Demut werden kann.
Bei den meisten Kunststoffbooten besteht das Fenster aus einem Außen- und Innenrahmen aus Aluminium. Die Rahmen sind mit Blechschrauben verbunden. Der Zug auf den Schrauben hält die Fensterscheibe in einer Neoprendichtung zwischen den Rahmen und drückt die Dichtung des Außenrahmens auf die Kajütwand. Sofern der Ausschnitt gut zum Rahmen passt, was leider nicht immer der Fall ist, die Dichtung nicht versprödet ist und alle Schrauben gleichmäßig angezogen wurden, ist das Fenster theoretisch dicht.
Die Praxis sieht so aus: Wellige Fensterausschnitte mit ausgefranstem Gelcoat, geschrumpfte oder verzogene Dichtungen und wiederholte Verschlimmbesserungen führen zu den beschriebenen Leckagen. Hinzu kommt, dass ein Boot im Seegang arbeitet, sich die Rumpf- und Decksschale ein wenig verwindet. Deshalb sind im Hafen dichte Fenster unterwegs auf See undicht. Es ist mühsam, die jeweiligen Leckagen zu finden. Reparieren lässt es sich kaum. Denn bei alten Fenstern sitzen die Niroschrauben infolge von Elektrolyse bald wie angeschweißt im Aluminium. Einige Schrauben ließen sich mit einem Spezialwerkzeug, einem Schlagschrauber, lösen. Bei anderen rissen die Köpfe ab. Dann ist das Problem größer, als es vorher war und der Rahmen ist nicht mehr retten.
Spätestens jetzt ist es Zeit für neue Fenster. Dazu habe ich die alten Fenster beim Einwintern des Bootes ausgebaut und die Fensterausschnitte in der Kajütwand wie folgt ausgemessen:
- Länge und Höhe der Ausschnitte im Boot
- vorhandene Radien
- Wandstärke der Aufbauseiten
- etwaige Krümmung der Kajütseitenwand
Nehmen Sie sich Zeit für das Thema. Bauen Sie die Fenster gleich nach der Saison aus und klären Sie die technischen Fragen möglichst bald. Bestellen Sie die neuen Fenster zum Einbau im Frühjahr rechtzeitig und bedenken Sie die lange Lieferzeit von mehreren Wochen.
Anhand dieser Maße machte ich Zeichnungen der vorhandenen Fensterausschnitte. Jeder Bootsfenster-Hersteller arbeitet mit anderen Profilen, Biegewerkzeugen und Radien.
Nach beharrlicher Suche wurde ich auf die dänische Firma Ertec aufmerksam. Dort geriet ich an einen Verkäufer namens Sam Shad. Er erklärt verständlich. Seine Beratung war auf den Punkt. Sie orientierte sich zweckmäßig am Fensterausschnitt und nicht am Außen- oder Innenmaß des Rahmens. Das Design ist schlicht und formschön, der Preis im Vergleich zu anderen Anbietern in Ordnung. Ich kaufte acht Fenster montagefertig mit vorgebohrten Löchern im Innenrahmen. Es ist leider ein teurer Spaß. Richtig teuer wird die Sache, wenn Sie die Fenster einzeln bestellen.
Vor allem ist die Bauweise anders als bei alten Fenstern. Die Außendichtung ist ab Werk mit dem Aluminium verklebt. Auch bilden der Außenrahmen und die Scheibe eine Einheit, durch die kein Wasser dringen kann. Meine Anfrage wurde prompt beantwortet und meine E-Mails zur technischen Klärung ebenso. Besonders interessant finde ich die 9,5 mm breite Dichtfläche zwischen Fensterausschnitt und Außenkante des Ertec-Fensters. Diese „Flansch“-Breite verzeiht Fehler beim Anpassen des Ausschnitts in der Kajütwand.
Wichtig bei neuen Fenstern ist auch die etwaige Krümmung der Kajütwand. Halten Sie dazu eine Latte außen auf den Aufbau und messen Sie den Abstand der Latte zum vorderen und hinteren Ende des Fensterausschnitts (Zollstock, Schublehre oder Knetmasse). Eine geringe Krümmung von zwei, drei Millimetern auf beispielsweise 70 cm langen Fenster machen die Rahmen und Scheiben Sam Shad zufolge problemlos mit. Größere Biegungen werden vorgekrümmt geliefert. Die Vorbereitung mit Klärung aller entscheidenden Maße ist wichtig. Man hat so etwas vorher noch nie gemacht.
Zugunsten vollständig aufliegender Dichtflächen der neuen Rahmen entschied ich mich für etwas größere Ausschnitte in der Kajütseitenwand. Sam Shad schickte mir die Zeichnungen der Fensterausschnitte 1:1 ausgedruckt. Diese klebte ich mit Prittstift auf eine dünne Faserplatte, wie in jedem Baumarkt zu bekommen, schnitt sie mit der Stichsäge aus und zeichnete die neuen Ausschnitte mit einem feinen Filzstift auf der Kajütseitenwand an.
Zum Anpassen der Fensterausschnitte gibt es vier Möglichkeiten:
- Oberfräse (benötigt seitliche Führung und Übung, gefährlich in der Handhabung), daher Nein!
- den Raspel (lässt das Gelcoat abplatzen), daher Nein!
- die Stichsäge (reißt ebenso Gelcoat vom Laminat), daher Nein!
- die sogenannte Schleifhülse, einen preiswerten und einfach zu handhabenden Bohrmaschinenaufsatz. Empfehlenswert!
Besorgen Sie sich im Baumarkt oder Werkzeugfachgeschäft eine Schleifhülse, deren Radius annähernd der Rundung des Fensterausschnitts entspricht. Etwas kleiner sollte er sein. Damit geht es schnell. Kosten 30 €.
Da Glasfaser-Schleifstaub für die Lunge etwa so ungesund ist wie Asbest, arbeiten Sie unbedingt mit einer hochwertigen Atemmaske der Filterklasse 3, die Mund und Nase umschließt. Kosten ca. 75 €.
Die 10 bis 14 mm Wandungen der Aufbauseiten meines Bootes waren mit der Schleifhülse in achtziger Körnung in wenigen Minuten verblüffend flott angepasst. Wider Erwarten kam ich mit einer Schleifhülse für alle acht Fensterausschnitte aus. Sogar den geraden Flanken der Fensterausschnitte ließ sich mit der Schleifhülse zügig Material wegnehmen. Abschließend wurde das werftseitig beim Anbringen der Fensterausschnitte beschädigte Gelcoat mit Epoxidspachtel geglättet, um eine möglichst breite Auflage der Dichtung zwischen Rahmen und Kajütwand zu schaffen. Nach dem langen Leid mit notorisch undichten Fenstern war mir dieser zusätzliche Arbeitsgang die Mühe wert.
Der Fensterwechsel ist eine gute Gelegenheit, ab Werft schief in der Kajütwand montierte Fenster zu begradigen. Hierzu richten Sie das fragliche Fenster vor der Montage im Ausschnitt mit einer langen Latte aus, zeichnen die Ober- oder Unterkanten an den Lattenenden mit Bleistift an der Kajütwand an. Auf ein, zwei Meter Strecke wird der Winkel deutlich. Der Ausschnitt lässt sich behutsam per Schleifhülse korrigieren. Wichtig dabei ist, das Fenster um die Mitte zu drehen, damit vorn und hinten möglichst wenig Material der späteren Dichtfläche weggenommen wird. Ein 80 cm langer Ausschnitt wird dann um diese beispielsweise 40 cm Achse vorsichtig angepasst. Nehmen Sie sich Zeit dafür. Welcher Bootseigner ist Fensterbauer?
Die Montage der Fenster war mit fertig vorgebohrten Rahmen und griffigen 20er-Torx-Blechschrauben flott gemacht. Das Aufwändigste an der Geschichte war es zu verstehen, wie es geht, den richtigen Bootsfenster-Lieferanten zu finden und die Vorbereitung der Schablonen zum Anzeichnen. Dieser Blog hilft Ihnen hoffentlich, gleich richtig einzusteigen. Fackeln Sie daher bei undichten Bootsfenstern nicht lange. Das Herumdoktern an alten Rahmen macht keinen Spaß. Es ist verschwendete Zeit. Machen Sie es gleich richtig und freuen Sie sich über eine ringsum trockene Kajüte.
Nun dachte ich, ich hätte es. Bis ich an einem heftigen Regentag während eines Sturmtiefs in einem Hafen irgendwo in Jütland seltsame Tropfgeräusche im Toilettenraum bemerkte. Das Wasser kam durch die Griffe der vor zehn Jahren erneuerten Skylights. Die O-Ringe, ein Verschleißteil an Bord waren hin.
Überschlägig 32 Stunden Arbeitszeit
- Suche des geeigneten Bootsfenster-Herstellers und technische Klärung: 8 Stunden
- Ausbau der alten Rahmen: 4 Stunden
- Ausbau der Handläufe und Teakleisten unter den Fenstern: 3 Stunden
- Reinigen & Glätten der alten Fensterausschnitte: 4 Stunden
- Anfertigen von drei Schablonen für verschiedene Fenstergrößen: 2 Stunden
- Beschaffung Werkzeuge und Atemschutz: 1 Stunde
- Anzeichnen der geänderten Fensterausschnitte: ½ Stunde
- Anpassen der Fensterausschnitte per Schleifhülse: 2 Stunden
- Spachteln der ausgefransten Ausschnitte: 1 Stunde
- Montage 8 Fenster: 1 ½ Stunden
- Einbau der Handläufe und Teakleisten 3 Stunden
- Reinigung der Kajüte 2 Stunden
Kosten & Lieferzeit (Stand 2018)
- 8 Rahmen 2.250 € inkl. Verpackung/Versand und dänischer Mehrwertsteuer
- Spezialwerkzeug & Atemschutz ca. 100 €
- Lieferzeit ca. 6 Wochen
Hinweis: Alle genannten Produkte und Werkzeuge wurde vom Autor regulär bezahlt.