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Wie viel selbst machen?
Wie beim Bootsbetrieb die Kirche im Dorf bleibt
Wie im sonstigen Leben auch bewegt man sich mit seinem Boot in der Zeit- und Kostenschere. So entscheiden persönliche Verhältnisse wie Geld, Zeit, Fleiß, technisches Interesse und handwerkliches Geschick die Frage.
Von Erdmann Braschos, veröffentlicht am 27.05.2019, aktualisiert am 09.10.2024
Das erwartet Sie in diesem Artikel
- was wird sinnvoll selbst an Bord gemacht wird und was besser vom Profi?
- Blick auf die verschiedenen Gewerke an Bord
- wie Sie den richtigen Handwerker fürs Boot finden
- warum nicht an jedem Stellplatz selbst oder von Fremdfirmen an Bord gearbeitet werden darf
- welche Jobs ich grundsätzlich am Boot selbst mache
- warum früh anfangen entscheidend ist
- ohne gute Ratgeber geht es nicht
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Die Übernahme eines Bootes ist der Schritt in ein anderes Leben. Sie entern eine Welt jenseits des durchgetakteten Alltags und Berufslebens. Die Auszeit auf dem Wasser ist wunderbar und der Betrieb des Bootes verlangt Zuwendung wie handwerkliche Fertigkeiten, auf die Sie sich vermutlich gerne einlassen. Allerdings verführt die anfängliche Begeisterung dazu, Zeit und Erfahrung zur Pflege, für Reparaturen und Verbesserungen zu unterschätzen. Bei aller Freude am Schiff: bleiben Sie realistisch. Lassen Sie sich daher nur auf Jobs ein, die Sie auch wirklich schaffen. Ganz gleich, ob Sie die Arbeiten in Auftrag geben oder selbst machen: Fangen Sie rechtzeitig damit an.
Wer Zeit hat, wenig Geld fürs Boot ausgeben möchte und sich gern handwerklich beschäftigt, der erledigt übliche Arbeiten an Bord selbst: Die Politur vor der Saison, Anschleifen des Unterwasserschiffs und Antifouling malen bis zum Einwassern. Diese Routinejobs sind in wenigen Tagen im Frühjahr flott gemacht. Hinzu kommen Reparaturen oder Änderungen am Boot. Auch dieses Thema wird der kostenbewusste Eigner weitgehend selbst anpacken. Wer das nötige Werkzeug und ein wenig Erfahrung hat, erledigt auch das ruckzuck selbst.
Zeit fürs Boot oder die Familie?
Nun möchte sich, wer beruflich eingespannt ist, am Wochenende ausruhen und Zeit mit seiner Familie verbringen statt mit Politur, Werkzeug und Farbeimer Samstagmorgen zum Boot zu verschwinden. Ich kenne Eigner, die sich das grundsätzlich nicht geben und daher alle Routinearbeiten am Boot machen lassen. Denn zur Arbeit an Bord kommt die Zeit für die Besorgung der Teile, auch die Fahrerei zum und vom Boot hinzu. Ich habe in meinem Seglerleben schon manche Stunde in Baumärkten, in Fachgeschäften für Spezialwerkzeug, in Bootszubehörläden und seit einer Weile mit der Suche im Internet verbracht. Manchmal habe ich es einfach nur satt. Hinzu kommen die Vorbereitung und das Verständnis von Arbeiten, die man noch nie gemacht hat. Auch bin ich eher ein Mann des Schreibtischs und Keyboards, somit als Hobbyhandwerker nicht so effektiv wie jemand, der das gelernt hat und es beruflich jeden Tag macht.
Verzetteln Sie sich an Bord nicht
Einer der Gründe, warum Frauen dem Thema Boot reserviert gegenüberstehen und Boote oft zum Beziehungskiller werden, ist, dass der Hobbyschrauber zu Hause selten gesehen wird. Gerade dann, wenn er sich mit zu vielen Projekten an Bord verzettelt. Auch ist man mit verschiedenen Materialien und Gewerken an Bord beschäftigt: Glasfaser verstärkter Kunststoff, Holz, Metall, Elektrik, Sanitär, Lackierarbeiten, Motorentechnik bis hin zur Gasanlage. Das sind aus guten Gründen alles Lehrberufe. Wer handwerklich geschickt ist, eignet sich etwas davon an. Nach meiner Erfahrung ist der Weg zu einem guten Ergebnis, mit dem man auf Dauer zufrieden ist, viel länger als zunächst angenommen. Ich habe an Bord meines Bootes alle diese Sachen selbst gemacht – mit einigem zeitlichem Aufwand.
Fangen Sie mit kleinen Jobs an und lernen im Lauf der Zeit dazu
Vieles haben mir Segelfreunde gezeigt. Manche Sache machte ich zwei oder dreimal. Vor einer Weile schnitt ich mit einem Winkelschleifer alte Borddurchführungen aus dem Schiff. „Eigentlich“ keine große Sache, aber eine dreckige, nicht ganz ungefährliche Arbeit. Bis zum Einbau der neuen Armaturen dauerte es ein Vielfaches der Zeit, die ich angenommen hatte. Mittlerweile weiß ich wie es geht und fackele beim Armaturenwechsel nicht mehr lange. Es läuft beim Einwintern den Bootes nebenbei: Atemschutz und Schutzbrille, Flex ansetzen, zwei drei kleine Pausen zum Abkühlen des heißen Metalls und die Dinger sind dicht an der Bordwand abgetrennt.
Gezielte Schläge mit dem Hammer von innen und die Borddurchführungen sind draußen. Am selben Nachmittag sind die vorhandenen Bohrungen für die neuen Armaturen angepasst und die neuen Borddurchführungen mit Epoxidspachtel eingesetzt. Am nächsten Vormittag wird - geeignete Temperaturen über 10° die Nacht über vorausgesetzt - geschliffen, werden die Ventile und Tüllen montiert. Alles keine große Sache. Als ich meine erste Armatur wechselte, war es eine Hürde. Man kann dafür einige hundert Euro ausgeben, was ich weder möchte noch kann - oder es mit gewisser Zufriedenheit selbst machen. Allerdings dauert es ein wenig, bis man solche Sachen halbwegs zügig selbst macht.
Vor einigen Jahren baute ich im Herbst den Steuerstand meines Bootes aus. Ich hatte zuvor den langgehegten Traum von einem etwas größeren Steuerrad verwirklicht. Infolge dieser Änderung (Beanspruchung des Steuerbocks durch den längeren Hebel) war das Teak am Steuerstand gerissen. Ich brachte ihn zu einem Bootsbauer, dem ich vertraue. Jan Böhm von der Hamburger Lütje Werft sah sich die Sache mit seinem Kollegen Sven Schellhase ein paar Minuten an. Dann erklärte er mir in wenigen Sätzen, was zu tun ist, damit die Sache künftig hält. Bei dieser Gelegenheit wurde deutlich, dass ich von manchen Jobs besser gleich die Finger lasse und zu einem versierten Handwerker gehe, der es kostenpflichtig, aber eben fachmännisch und ruckzuck erledigt. Denn ich möchte segeln, statt die nächsten Jahre endlos am Reitbalken meines Bootes herumbasteln zu müssen.
Nun sind mit dem Gang zum Bootsbauer oder Spezialisten leider nicht alle Probleme gelöst. Oft fangen sie damit erst an. Sie benötigen Zeit, bis sie den richtigen Mechaniker für die Maschine, einen Schlosser zum Richten des Bugkorbs, einen Fachmann für die Elektrik oder die Gasanlage an Bord finden, der sein Geld überhaupt wert ist. Ich habe im Laufe der Jahre manche überteuerte, lieblose und schlicht schlechte Arbeit an Bord meines Bootes gesehen. Nehmen Sie sich am Liege- oder Stellplatz Ihre Bootes Zeit, um in Erfahrung zu bringen, wer ordentliche Arbeit macht.
Deshalb mache ich entscheidende Sachen wenn irgend möglich an Bord selbst. Ich benötige die Gewissheit, dass beispielsweise die Püttinge und Rüsteisen für die Wanten richtig montiert sind. Den mühsamen und stundenlangen Ausbau des Reitbalkens zur Überholung übernehme ich bereits aus Kostengründen selbst. Den etwa eintägigen Einbau des überholten Steuerstands auch. Diese Stunden möchte ich nicht bezahlen.
Ich traue mir auch zu, die Schneidringverschraubungen meiner Gasanlage beim gelegentlichen Wechsel der Schläuche an der Gasflasche und am Herd selbst zu wechseln. Hierfür gibt es Intervalle. Ich mache das vorsichtshalber mit Zeit und bevorzugt allein. Ich schaue mir die Anleitung zum Öffnen und Schließen - es geht um die Drehrichtung der Schlüssel und Anschläge bzw. Anzugsmomente - und erforderliche Stützhülsen, Überwurfmuttern etc. genau an. Ich mache es in Ruhe, teste und schnüffele gründlich.
Wer bietet gutes Handwerk?
Hören Sie sich um, wer zuverlässig ist und halbwegs termintreu arbeitet. Ich habe mir angewöhnt, auf mein Bauchgefühl beim Kennenlernen von Handwerkern zu achten. Tragen Sie Ihren Teil zu einem guten Ergebnis bei, indem Sie so früh wie möglich anfangen. Nach meiner Beobachtung haben Bootsbauer seit einigen Jahren immer mehr zu tun, in der Regel so volle Auftragsbücher, dass Sie kaum Zeit für eine Besichtigung und ein Angebot finden. Vergessen Sie Schnellschüsse im Frühjahr, wenn jedem Eigner Last Minute einfällt, was er schon Monate vorher hätten beauftragen können. Es ist keineswegs so, dass Spezialisten und Bootsbauer die Arbeit nicht machen wollen. Ihnen fehlen heute schlicht Mitarbeiter, die all die eigentlich willkommenen Aufträge bearbeiten.
Was darf wo überhaupt gemacht werden?
In diesem Zusammenhang sollten Sie wissen: In vielen Bootslagern dürfen Sie keine externen Handwerker an Ihrem Boot beschäftigen. Da muss der Fachmann vor Ort genommen werden, weil die ansässigen Betriebe das Geschäft haben wollen. Klären Sie diese Frage am besten bald, und zwar bevor Sie Ihre Yacht in ein bestimmtes Bootslager geben. Auf den meisten Landstellplätzen dürfen Sie nicht mal an Bord Ihres aufgebockten Bootes übernachten, was den Betrieb und die Pflege zusätzlich erschwert.
Solche Stellplätze kommen bereits deshalb für mich überhaupt nicht infrage. Kurze Wege, die Gelegenheit zwischen all den verschiedenen Jobs mal Pause zu machen, einen Kaffee an Bord zu kochen oder bis in die Abendstunden hineinzuarbeiten, all das ist wichtig. Ebenso wie zumindest passable sanitäre Einrichtungen und ein freundliches wie hilfsbereites Miteinander vor Ort. Auch das ist wichtig. Wer möchte seine kostbare Freizeit in schlechter Stimmung verbringen?
Je schwieriger die Liegeplatzsituation für den Eigner in gefragten Revieren ist, je später Sie mit einem Job kommen, desto teurer und schlechter wird die Arbeit. Ganz gleich, ob Sie wenig oder viel an Bord machen lassen.
Viele Jobs an Bord müssen vor Ort gemacht gemacht werden, nach meiner langjährigen Erfahrung jedoch keineswegs so viele, wie man zunächst annimmt. Vor einigen Jahren beschäftigte ich mich eine ganze Weile mit dem klappernden Ruder meines Bootes - und zwar mit mehreren Anläufen und begleitet von verschiedenen Ratgebern in verschiedenen Revieren. Eines Tages war es ich es leid und hob das schwere Ruder auf den Dachgepäckträger meines Kombi. Beim Queren einer Bahnschranke klapperte das Ruder über mir, obwohl es gut festgezurrt war. Nun war endgültig klar, dass die Ruderwelle im Blatt Spiel hatte, obwohl ich es unter dem aufgebockten Bootes von Hand wiederholt getestet habe und nicht entdeckte.
Ein handwerklich versierter Freund, Begleiter und Spezialist ist ideal
Nach einigen Sondierungen im Herbst brachte ich es zwischen Weihnachten und Neujahr zu Peter Andrin Steiner an den Bodensee. Der schnitt das Blatt zum bezahlbaren Tarif gezielt auf und ließ von einem Kollegen neue Laschen zur Führung des Blattes auf die Ruderwelle schweißen. Wie ich bald lernte, ist das alles kein Hexenwerk, verlangt jedoch eine spezielle Schweißtechnik, bei der das angrenzende GfK nicht wegbrutzelt und auch eine gewisse Übung. Natürlich hätte ich das Ruder auch zu einer der weithin bekannten Apotheken in Norddeutschland geben können, oder gleich für das Vielfache der Reparaturkosten ein neues bestellen.
Suchen und finden Sie Bootsbuddies
Das reparierte und bei der Gelegenheit neu profilierte Ruder brachte Steiner mir bei einer Reise nach Norddeutschland im Frühjahr mit, wo ich es bald einbaute. So geht es auch - mit der Bereitschaft, sich ins Thema hineinzudenken und etwa siebenmonatigem Vorlauf. Ein Ihnen und Ihren Projekten wohlgesonnener Begleiter, den Sie gelegentlich fragen können und Rat gibt, ist Gold wert. So was ist natürlich keine Einbahnstraße, es ist ein Geben und Nehmen. Sie benötigen eine Weile, bis Sie den richtigen Bootsbuddy finden.
Das können erfahrene Yachties sein, die sie zum reellen, nachvollziehbaren Tarif bezahlen, andere Eigner, die Sie (einander helfend) vor Ort kennenlernen oder Bootsbauer, die Ihnen gelegentlich Sachen fürs Boot machen. Es dauert eine Weile, bis Sie die Erzähler von den nützlichen Leuten unterscheiden. Das wiederum benötigt Zeit - und den richtigen Ton. Es klappt nicht, wenn Sie im Herbst und Frühjahr mit knappem Zeitfenster nur stundenweise für die nötigsten Arbeiten vor Ort sind.
Das Beispiel zeigt, dass solche Projekte nur möglich sind, wenn Sie zeitlich flexibel sind, organisiert vorgehen und frühestmöglich anfangen. Als Angestellter mit fest gemeißelten Arbeitszeiten und bei großer beruflicher Beanspruchung haben Sie vermutlich keinen Kopf für solche Extrawürste. Die Beispiele zeigen auch, dass es ohne vertieftes Interesse am Boot, technisches Verständnis und Spaß am handwerklichen Arbeiten nicht geht. Das klappernde Ruder beschäftigte mich über etwa zehn Jahre. Zunächst kümmerte ich mit halbherzig darum - mit entsprechend dürftigem Ergebnis - und eines Tages wie beschrieben richtig.
An meinem Winterstellplatz gibt es Eigner, die gern über die selbst gewählte Fron an Bord klagen. Ich habe mir das abgewöhnt und höre es mir mittlerweile auch ungern an. Ganz einfach, weil es nun mal zum Betrieb eines gebrauchten Bootes dazu gehört. Auch kann ich jederzeit, wenn das Maß voll ist - oder ich mir zu viel vorgenommen habe (meistens das gleiche) - das Schiff verkaufen, also aufhören. So einfach ist das. Unter dem Strich erlebe ich den Betrieb des Bootes als schönen Ausgleich zur eigentlichen Arbeit.
Fazit: Entscheiden Sie in aller Ruhe selbst, wie viel Sie sich vornehmen, was davon Sie selbst machen und was Sie machen lassen. Entscheidend ist, dass Ihnen das Boot Spaß macht.