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Kaufberatung9 min Lesezeit

Vorsicht mit dem Standard-Vertrag

Wissenswertes zum "Memorandum of Agreement" der MYBA The Worldwide Yachting Association

Vorsicht mit dem Standard-Vertrag
Der seit 2021 elf- statt achtseitige Kaufvertrag "Memorandum of Agreement" © MYBA The Worldwide Yachting Association

Ein praxisnaher Blick auf ein üblicherweise präsentiertes Vertragsformular, das den Interessenten rasch zum Bootskäufer macht. Vor- und Nachteile. Blick auf Fristen, Risiken und Folgen.

Von Erdmann Braschos, veröffentlicht am 27.03.2024, aktualisiert am 30.09.2024

Das erwartet Sie in diesem Artikel
  • was für den Bootskauf beim Makler spricht
  • Vereinbarung zur Besichtigung, Probefahrt und Begutachtung
  • das "Memorandum of Agreement" (MoA) als Vertragsentwurf der "Mediterranean Yacht Brokers Association" (MYBA The Worldwide Yachting Association).
  • Vor- und Nachteile des MoA für den Käufer
  • Unterschiede verschiedener MoA Versionen
  • Einschätzung von Juristen
  • welche MoA-Bedingungen nicht zu üblichen Bootskäufen passen
  • Tipps für Bootskäufer

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Gerade im Süden sind viele Boote nur über einen Makler zu kaufen. Die Abwicklung mit einem Profi filtert Befindlichkeiten und Emotionen des Verkäufers raus. Besichtigung, Probefahrt und die unverzichtbare Untersuchung neuralgischer Punkte durch einen Gutachter folgen einem bewährten Schema. So kann sich die professionelle Abwicklung mit Maklerhilfe für den Verkäufer und Käufer lohnen. Wie die folgenden Beispiele zeigen, regelt der angeblich übliche Standardvertrag einige Punkte leider zum Nachteil des Käufers.

Der Kauf eines Gebrauchtbootes im sonnigen Süden hat die unschlagbaren Vorteile, dass es im Traumrevier der meisten Skipper liegt, es erschwinglich und bewährt ist. Man ist vor Ort und in entsprechender Urlaubsstimmung.

Bei aller verständlichen Begeisterung für das Boot und maklerseitigem Termindruck, weil es angeblich oder tatsächlich weitere Interessenten gibt: Bleiben Sie cool und schauen sich die Konditionen, zu denen das Boot zu haben ist, genau an.

Besichtigung, Probefahrt, Begutachtung

Zunächst sind die Besichtigung des Bootes, die Probefahrt und die Begutachtung durch einen Sachverständigen zu verabreden. Diese drei Schritte benötigen Zeit und kosten Geld, weil das Boot aus dem Wasser zu nehmen ist. Am Mittelmeer ist es genau andersherum. Da stehen Boote üblicher Größe oft an Land. Sie sind für die Probefahrt vom Landstellplatz ins Wasser zu bringen und nachher wieder am alten Platz abzustellen. Der Motor beispielsweise ist in Betrieb zu nehmen und die Seewasserkühlung danach mit Frischwasser zu spülen.

Leider gibt es beim Gebrauchtbootkauf meist Druck

Die Durchführung der Probefahrt ist detailliert geregelt
Die Durchführung der Probefahrt ist detailliert geregelt © MYBA The Worldwide Yachting Association

Die Aufwendungen dafür, den Krantermin und die Begutachtung bezahlen fairerweise Sie als Interessent, auch wenn Sie das Boot nicht kaufen. Für die Dauer der Besichtigung, Probefahrt und Begutachtung bis zur abschließenden Kaufverhandlung reserviert der seriöse Verkäufer das Boot. Das ist mit wenigen Zeilen per E-Mail, einem von Ihnen als Interessent und dem Verkäufer des Bootes unterschriebenen Scan eines PDFs, flott geregelt.

In Mitteleuropa oder Skandinavien und bei der direkten Abwicklung zwischen Käufer und Verkäufer steigen Interessent und Verkäufer nach Besichtigung, Probefahrt und Begutachtung in die Kaufverhandlung ein. Bis dahin hat der Interessent seine Zeit, Reisekosten und Kosten zur Begutachtung des Bootes (mehrere hundert, vielleicht auch ein- bis zweitausend Euro) investiert.
Leider gibt es beim Gebrauchtbootkauf immer Druck, soweit es tatsächlich oder angeblich weitere Interessen am Boot gibt. Das Memorandum of Agreement nimmt diesen Druck, weil der Interessent es bereits gekauft hat.

Das Memorandum of Agreement

Am Mittelmeer und anderen Küsten erhält der Interessent nämlich ein elfseitiges „Memorandum of Agreement, approved by the MYBA The Worldwide Yachting Association“, kurz MoA genannt, ergänzt um Anhänge wie beispielsweise die Inventarliste. Dieser Yachtmakler-Verband wurde 1984 gegründet. Seine Mitglieder beschäftigen sich überwiegend mit dem Verkauf und Vercharterung großer Yachten. Man könnte also annehmen, dass mit dem MoA eine bewährte Vorlage mit ausgewogener Vertragsgestaltung existiert. Wie Sie im Folgenden sehen, ist das bedauerlicherweise nicht der Fall. Das MoA hat sich auch bei der Vermittlung üblicher Boote so weit durchgesetzt, dass bisher selbst Makler, die nicht Mitglied des Verbands sind, das Formular nutzen. Doch was steht drin und welche Konsequenzen hat es für Sie als Interessent?

Blick auf die achtseitige alte Version von Februar 2005
Blick auf die achtseitige alte Version von Februar 2005 © MYBA The Worldwide Yachting Association

Es gibt drei Fassungen: die erste vom Februar 2005, eine von 2008 und eine aktuelle vom August 2021. Die letztgenannte wurde von der englischen Kanzlei Hill Dickinson überarbeitet. Sie ist in einigen Punkten präziser und enthält teilweise etwas günstigere Bedingungen für den Käufer. Jedes Exemplar ist als E-MoA nummeriert. Das alte Vertragsmuster darf nicht mehr verwendet werden.

Nach beharrlichen Fragen stellte mir ein deutscher Yacht-Anwalt freundlicherweise ein PDF einer digital ausfüllbaren, jedoch ebenso der alten Fassung zur Verfügung. Er erklärte, es handele sich um ein vertrauliches Formular. Die aktuelle Fassung bekommen Sie nur, wenn der Makler bei Ihnen ein ernsthaftes Kaufinteresse erkennt. Dann muss es meist schnell gehen, weil es angeblich oder tatsächlich weitere Interessenten gibt. Der Makler reserviert das Boot demjenigen, der das MoA zuerst unterschreibt. Doch ist das MoA mehr als eine Reservierung. Es ist ein verbindlicher Kaufvertrag. Ein Grund mehr, es sich in Ruhe anzuschauen:

1. Preisvereinbarung für das kaum bekannte Boot

Zunächst müssen Sie als Interessent mit dem Makler einen Preis für den Kauf des Bootes vereinbaren, das MoA unterschreiben und binnen vier London Banking Days nach Unterschrift gemäß alter Regelung 10 Prozent (neuerdings nach Vereinbarung einen individuell vereinbarten Prozentsatz) anzahlen, bei Zahlungsverzug zuzüglich Zinsen. Laut MoA Stand Februar 2005 musste der Verkäufer/Makler erst später, und zwar sieben Tage nach Abschluss des Kaufvertrages, eine Inventarliste zum Boot liefern. Demnach kauften Sie, was die Ausstattung und Extras angeht, das Boot blind. Die Zubehörliste im Inserat beziehungsweise auf der Website des Maklers ist rechtlich nicht bindend, mit wenigen Mausklicks jederzeit zu ändern. Das ist jetzt besser geregelt.

Der Nachteil des MoA ist, dass Sie bei der Probefahrt und Begutachtung entdeckte Nachteile und Mängel, die der Gutachter nicht als gravierend einstuft, nicht preismindernd geltend machen können. Sie können das Boot zum vereinbarten Preis nehmen oder kostenpflichtig vom Kauf zurücktreten.

Das MoA sichert dem Interessenten das Boot

2. Starrer Zeitplan

Im MoA wird bei Vertragsabschluss eine Frist zur Probefahrt und Begutachtung des Bootes vereinbart. Auf eine lange, für Sie machbare Frist wird sich der Makler kaum einlassen, weil er den Verkauf zügig abschließen möchte. Die Frist ist ungeachtet etwaiger Terminschwierigkeiten, technischen Problemen des Bootes, verzögerter Krantermine oder des Wetters einzuhalten. Wird die Frist überschritten, gilt das Boot als akzeptiert, gekauft und Sie zahlen es komplett. Nun weiß jeder, der mit Booten zu tun hat, dass diese Regelung praxisfern ist. Im Bootsleben und am Wasser geht bekanntlich alles langsamer als am Schreibtisch geplant und an Land üblich. Im sonnigen Süden ohnehin. Ich habe am Mittelmeer mal drei Tage auf einen Krantermin gewartet, weil der Travellift „einen Platten“ hatte und bei anderer Gelegenheit mal zwei Tage, weil es im Hafenbecken zu viel Schwell gab.

3. Kurze Probefahrt

Das MoA räumt dem Käufer Gelegenheit zu einer höchstens vierstündigen Probefahrt ein. Da können Sie sich ein Bild von den Fahrleistungen, der Manövrierfähigkeit und dem Bordleben einer Motoryacht, vielleicht noch der Funktion des Ankerspills machen. Die vierstündige Probefahrt einer Segelyacht bei Flaute bietet kaum Erkenntnisse. Bei großen Yachten und solchen mit viel Technik (Bugstrahlruder, Segelrollanlagen, Stabilisatoren, hydraulisch bewegten Luken oder Heckklappen, Seewasser-Entsalzer, Pumpen etc), die unterwegs auszuprobieren ist, sind vier Stunden zu kurz.

Auszug aus den käuferseitigen Rechten und Pflichten
Auszug aus den käuferseitigen Rechten und Pflichten © MYBA The Worldwide Yachting Association

4. Ausstiegsmöglichkeiten des Käufers aus dem Vertrag

Das MoA bietet dem Käufer zwei Rücktrittsrechte. Sind Sie bei der vereinbarten Probefahrt verhindert, gilt das Schiff als angenommen. Wollen Sie das Boot nach der Probefahrt nicht, müssen Sie dies wie gehabt bis 24 Stunden nach Abschluss der Probefahrt kundtun. Makler nennen eine angeblich auf 48 Stunden verlängerte Frist, von der mal die Rede war. In welcher Form der Rücktritt vom Kauf zu adressieren ist, ist nicht geregelt.

Die Begutachtung muss wie die Probefahrt bis zur vereinbarten Frist erfolgen. Mängel am Boot können allein durch das Gutachten eines professionell tätigen Yachtgutachters geltend gemacht werden, welches es für den vorgesehenen Zweck als ungeeignet oder nicht seetauglich erklärt. Diese Formulierung des Rücktrittsrechts ist leider vage. Weitere Mängel, die die Nutzung des Bootes grundsätzlich nicht infrage stellen, bleiben unberücksichtigt. Das Gutachten muss innerhalb von sieben Tagen nach der Begutachtung vorliegen, sonst gilt das Boot als gekauft. Sie sind auf einen unabhängigen und zuverlässig arbeitenden Gutachter angewiesen. Liefert er das Gutachten beispielsweise zu spät, gilt das Boot als akzeptiert und gekauft.

5. Modalitäten der Rückabwicklung des Bootskaufs

Treten Sie als Käufer nach der Probefahrt vom Kauf des Bootes fristgerecht zurück, oder der Verkäufer kann die gutachterlich festgestellten Mängel nicht beheben, oder Sie einigen sich nicht auf einen Preisnachlass, haben Sie ein Problem. Sie bekommen Ihre Anzahlung abzüglich Verkäufer- und Maklerseitig entstandener Aufwendungen zurück. Dabei dürfen der Verkäufer und Makler Ihre Aufwendungen per Gegenrechnung von Ihrer Anzahlung abziehen (Spritkosten der Probefahrt und Inspektion der Yacht, Mitwirkung der Crew des Verkäufers). Der Vertrag nennt keine Frist zur Verkäufer und maklerseitigen Rückzahlung. Ebenso fehlt eine Zinsregelung wie beim käuferseitigen Verzug der Anzahlung auf das Boot.

6. Vertrag nach englischem Recht mit Gerichtsstand London

Sie schließen einen Vertrag nach englischem Recht mit dem Gerichtsstand London. Dies gilt auch für eine etwaige Streitschlichtung, die dem High Court of England and Wales vorzutragen ist. Eine pauschale Regelung zum Vertragsrecht und Gerichtsstand ist zunächst einmal bequem, wird jedoch fraglich, wenn der Vertrag beispielsweise zwischen einem deutschen Verkäufer (Privatperson, Firma, Bank) und einem deutschen Käufer geschlossen wird. Dieser wichtige Punkt ist mit juristischem Sachverstand sinnvoll und zutreffend zu regeln. Ein Verfahren nach englischem Recht in einem Londoner Gericht wird teuer und langwierig.

Fazit: Das MoA macht Sie als Interessent an einem Boot bereits zum Käufer, bevor Sie Gelegenheit haben, es gründlich kennenzulernen. Risiken stecken in den verschachtelten Konditionen, starren und praxisfernen Fristen. Es sichert Ihnen als Käufer während der Probefahrt und Begutachtung zwar das Boot, setzt Sie jedoch mit einzuhaltenden Fristen und limitierter Ausstiegsmöglichkeit unter Druck und macht Sie abhängig von einem Gutachter. Es ist schwer vorstellbar, dass wirtschaftlich erfolgreiche Leute, denen der Kauf einer Yacht möglich ist, sich auf solche Konditionen einlassen.

Was Juristen dazu sagen

Anwältin Kirsty MacHardy der Kanzlei Stephenson Harwood LLP hat sich in „How to walk away - and how not to - under the MYBA Memorandum of Agreement“ im Oktober 2021 mit den problematischen Ausstiegsmöglichkeiten aus dem Kaufvertrag beschäftigt. Das Ergebnis ihrer detaillierten Prüfung ist der Rat, das MoA zu überarbeiten. Ihre deutschen Kollegen, wie der Flensburger Anwalt Jochen-P. Kunze, Prof. Dr. Christoph Schließmann in Frankfurt am Main und Benyamin H.K. Tanis in Kiel warnen ebenfalls.

Es gibt keine „Standardverträge“

In seiner im Internet einsehbaren Stellungnahme „Es gibt keine Standardverträge“ fasst Prof. Dr. Schließmann zusammen: „Gerade in der Yachtbranche lassen sich vor allem Käufer leicht mit angeblichen „Standardverträgen“ und Geschäftsbedingungen und der Behauptung, „das ist branchenüblich“ oder „das machen wir schon seit vielen Jahren so und keiner hat es beanstandet“ zur Unterschrift bewegen. Das ist Unfug.“

Kaufverträge sind zwischen den Vertragspartnern individuell so zu schließen, dass beide Interessen angemessen berücksichtigt sind. Warum sollten Sie sich als Käufer von vornherein in eine juristisch nachteilige Position begeben?

Es gibt weitere Interessengemeinschaften wie die Nederlandse Vereniging van Ondernemers in de Bedrijfstak Watersportindustrie (HISWA), die englische Association of Brokers and Yacht Agents (ABYA), ebenso amerikanische oder neuerdings türkische Branchenverbände, die gegebenenfalls andere Standardverträge vorlegen. Auch die sollten Sie gegebenenfalls genau anschauen und hinsichtlich ihrer rechtlichen Konsequenzen prüfen.

Was können Sie tun?

  • Ein Blick auf die Website des Maklers verrät, ob er Mitglied der MYBA The Worldwide Yachting Association ist. Auch Nichtmitglieder nutzen das alte Exemplar des für sie vorteilhaften MoA. Klären Sie vorab, ob der Kauf zu anderen Konditionen abzuwickeln ist.
  • Betrachten Sie das MoA als Versuch des Maklers, den Verkauf zu seinerseits günstigen Konditionen zu gestalten. Allein der Makler weiß, wie viele Interessenten sich darauf einlassen.
  • Entscheiden Sie sich vor der Anreise/Besichtigung für oder gegen die weitere Beschäftigung mit dem Angebot.
  • Prüfen Sie, ob ein anderer Makler das gleiche Boot zu annehmbaren Konditionen anbietet.
  • Zahlungen können bis zum Abschluss des Kaufs (Rücktritt oder Eigentumsübergang) sicherheitshalber nur auf ein Treuhandkonto gehen. Mit Modalitäten zur Rückzahlung, mit Zinsvereinbarung bei Zahlungsverzug.
  • Versuchen Sie, das Boot mit einer individuellen Vereinbarung zu reservieren und bestehen darauf, es sich unverbindlich anzuschauen, es Probe zu fahren und bei Übernahme der entstehenden Kosten begutachten zu lassen. Erst wenn Sie das Boot halbwegs kennen, sind Sie in der Lage, über den Preis zu verhandeln.
  • Sollten Sie sich auf das MoA einlassen, achten Sie auf die aktuelle Version (alte sind laut MYBA nicht mehr zulässig).
  • Nutzen Sie vertragliche Gestaltungsspielräume bei einem schon länger gelisteten Boot. Letztlich möchte der Makler es verkaufen.
  • Verwenden Sie das in diesem Portal bereitgestellte Vertragsmuster.
  • bei größeren Summen und Risiken wickeln Sie den Kauf unterstützt von einem Yacht Anwalt ab. Auch wenn das Geld kostet, fahren Sie damit letztlich besser.

Weiterführende Links

VG