Kaufberatung10 min Lesezeit
Nehmen Sie Ihr Boot mit
Trailer Know-How bis und über 3,5 t
Warum Sie bei der Entscheidung für ein bestimmtes Boot auf die Transportfähigkeit achten sollten. Wie es jenseits des 3,5 t Limits (siehe oben) klappt. Welche Varianten praktikabel sind, um mit vertretbarem Aufwand neue Reviere anzusteuern.
Von Erdmann Braschos, veröffentlicht am 07.05.2024, aktualisiert am 30.09.2024
Das erwartet Sie in diesem Artikel
- Kosten- und Zeitgesichtspunkte
- das übliche 3,5 t Limit für Boot & Hänger
- lohnende Zugeständnisse ans Trailern
- Lösungen ab 3,5 t
- was am Trailerthema alles dran hängt
- Führerscheine mit den Kürzeln C1E und CE
- Auto oder Lkw zum Ziehen?
- Kosten im Vergleich zu Yachtspedition und Liegeplatz
- die Polizia Stradale in Italien
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Achten Sie beim Bootskauf auf das Gesamtpaket. Machen Sie sich am besten von vornherein klar, welche Kosten Sie über die Anschaffung des Bootes hinaus erwarten. Es geht bereits mit dem Transport vom Verkäufer, Händler oder der Werft zum Liegeplatz los. Und auf Dauer ist der Liegeplatz der größte Posten der jährlichen Betriebskosten. Der bleibt erträglich, wenn das Boot zu Hause startklar auf dem Hänger steht und Sie es gezielt zum Wasser mitnehmen.
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Natürlich hat das seinen Preis. Sie kaufen zunächst einmal einen Hänger fürs Boot und benötigen dazu noch das passende Zugfahrzeug. Auch machen Transport, Einwassern und Inbetriebnahme des Bootes mehr Arbeit, als wenn es einen dauerhaften Liegeplatz hat. Es ist Welten bequemer über den Steg zum Boot zu gehen, die Persenning zu öffnen und an Bord zu steigen.
Und nach einem langen Wochenende oder dem Urlaub kommt es wieder aus dem Wasser, wird transportsicher auf dem Hänger verzurrt und nach Hause oder zum Stellplatz in der Nähe gebracht. Für Regattasegler ist dieser Aufriss kein Ding. Mit etwas Routine ist die Jolle oder das offene Kielboot wie eine Dyas, ein Soling, ein Drachen oder H-Boot flott im Wasser, aufgetakelt und nach dem Event rasch wieder reisefertig. Da steht das Gespann vielleicht schon rechtzeitig zur Siegerehrung draußen startklar vor dem Club.
Motorbootfahrer haben es da einfacher, denn Segel, Mast und Baum gibt es nicht. Das Boot kommt auf den Trailer , die Seewasserkühlung wird gespült und Spanngurte drüber. Sie klappen den Z-Trieb oder den Außenborder hoch. Lichtleiste dran, Lichtprüfung und auf geht’s. Angler beispielsweise fackeln da nicht lange. Für sie ist das ebenfalls Routine.
Möbeln Sie Ihr Gebrauchtboot zu Hause auf
Falls Sie ein Gebrauchtboot kaufen, an dem einiges zu tun ist, sollte es Zuhause oder in der Nähe beim Bauern, ansonsten in der Halle des nächsten Gewerbegebiets stehen. So renovieren Sie es in den Abendstunden und am Wochenende nebenher nach Ihren Vorstellungen. Nicht zuletzt bleibt das Projekt mit diesem Standort ehe- und familienkompatibel, wenn Sie sich bloß mal für ein paar Stunden statt Tage fürs Bootsbasteln zu Hause ausklinken. Manche Jobs an Bord klappen auf Anhieb, andere nicht. Da ist es prima, wenn die Wege kurz sind. Bei größeren Projekten, erfahrungsgemäß ist an jedem Boot deutlich mehr zu tun als zunächst „realistisch“ eingeschätzt, führt somit am Stellplatz in der Nähe kein Weg vorbei. Sie könnten das Boot theoretisch mit dem Tieflader bringen lassen und den mobilen Kran vor Ort dazu buchen. Das wird teuer. Oft ist es auch nicht möglich.
Die Verwandlung eines fertigen, günstig geschossenen Gebrauchtboots in ein Schmuckstück ist für viele Eigner eher Freude als Fron. Entscheidend für den Spaß und das Gelingen sind gute Rahmenbedingungen zu Hause.
Das Heimatrevier wird auf Dauer langweilig
Fahren Sie mit Ihrem Boot in den Urlaub.
Für die Huckepack-Lösung spricht ein zunächst übersehener, auf Dauer interessanter Punkt. Sie erreichen mit dem trailerbaren Boot die schönsten Reviere Europas. Holland, die Ostsee, all die Reviere im Binnenland, Talsperren, auch die bayerischen Gewässer oder Schweizer Seen. Auch der Gardasee oder die oberitalienischen Seen sind einen Bootsurlaub wert.
Nicht zu vergessen, die Mittelmeerküste von Kroatien über die italienische Adria, Ligurien, das toskanische Archipel, Südfrankreich bis Spanien. Alle diese Urlaubsziele steuern Sie mit dem Trailerboot an. Voraussetzung dafür ist natürlich mehr Zeit. Denn zur Fahrt mit dem Gespann, zum Einwassern und zum Zurechtmachen des Bootes sind einige Tage einzuplanen. Ebenso für die Rückreise. Der zweiwöchige Mittelmeerurlaub wird dann eher anstrengend als erholsam. Trailern zu fernen Zielen lohnt sich erst mit angespartem Urlaub oder dem Sabbatical. Andererseits putzt der Eigner eines lange im Mittelmeer stationierten Bootes erst mal zwei Tage. Vor der Tatsache, dass entfernt stillgelegte Boote auf kurz oder lang vergammeln, ganz zu schweigen. Ein Boot ist nur dann in Schuss zu halten, wenn Sie es – siehe oben – in der Nähe haben.
Italia no grazie
Leider gibt es für Italien eine gravierende Einschränkung. Die dort zuständige Polizia Stradale winkt Bootstransporte gleich welcher Art gerne raus und schaut sich die Fuhre so lange an, bis sie etwas findet und/oder Sie die Geduld verlieren. Es ist so schlimm, dass viele Yacht Spediteure nach wiederholt schlechten Erfahrungen es pauschal ablehnen, Boote in Italien zu transportieren. In Kroatien, Südfrankreich oder Spanien Trailern Sie weitgehend unbehelligt.
Trailern statt chartern
Viele Segler haben ein Boot zu Hause und chartern im Urlaub woanders, meist im sonnigen Süden. Das ist bequem und man lernt mal ein anderes, größeres, komfortableres Boot kennen. Leider ist es ein teurer bis richtig teurer Spaß. Auch ist es nicht jedermanns Sache, mit einem reichlich gebrauchten Mietboot, sprich der fertigen Chartergurke abzulegen. Es ist viel schöner, den Törn mit dem eigenen Boot zu machen. Mit jenem Gefährt, das Sie auswendig kennen und wo es bei Starkwind zwar auch Stress, aber keine Überraschungen gibt, weil Sie wissen, was es kann. Weil Sie es selbst instand halten und mit der Technik vertraut sind.
Thema Liegegebühr
In zwei Beiträgen habe ich mal die Betriebskosten von Motor- und Segelyachten anhand konkreter Beispiele vorgerechnet. Denn wie bei der Immobilie zählen auch beim Liegeplatz Lage, Lage, Lage. Je schöner, wetterbeständiger, besser erreichbar und somit beliebter das Revier, desto teurer ist der Liegeplatz. Extrem ist es an der Côte d’Azur und auf den Balearen, speziell auf Ibiza und der Nachbarinsel Formentera. Diese Gewässer sind unter Kostengesichtspunkten für Normalverdiener ein No-Go. Das ist schade, weil allein die Bucht von Espalmador ein Paradies ist.
Die steuern Sie zunächst auf dem Landweg an, wassern an der Costa Brava ein und rutschen bei passendem Wetter zu den Balearen rüber. Dort verbringen Sie an Bord Ihres Bootes einen traumhaften Urlaub. Mit heutigen Wetter-Apps ist die Überfahrt auch mit einem kleinen Boot kalkulierbar.
Auch wenn die Liegegebühr in den meisten Revieren noch bezahlbar ist, wird sie über die Jahre steigen. Das ist Ergebnis der Nachfrage - verschärft seit Corona.
Die Sache mit der Breite
Nun gibt es bezüglich des Platzangebotes, das in jedem Bootstest mittlerweile ausführlicher behandelt wird als die Fahr- und Segeleigenschaften, beim trailerbaren Boot Einschränkungen. Lebensraum unter Deck wird nun mal über die Breite gewonnen. Und da ist bei 2,50 m oder mit Sondergenehmigung über 3 m und bestimmten Vorkehrungen, den weiß-rot gestreiften Schildern, dazu ein Blinklicht, am Trailer Schluss.
Es geht auch breiter als Sondertransport mit Begleitfahrzeug. Doch wird das dann eine Sache für den Yacht-Spediteur, der wiederum so teuer ist, dass er allenfalls für unumgängliche Landstrecken infrage kommt. Auch wenn es über das hier behandelte Trailerthema hinaus geht, ist es interessant zu wissen, dass es günstige Routen gibt. Das sind die, die Yacht-Spediteure üblicherweise leer zurückfahren. Zum Beispiel vom Mittelmeer nordwärts. Fragen Sie einfach mal, was es kostet.
Moderne Boote werden auf einen Spezialtrailer gekippt, um die vorgeschriebene maximale Breite einzuhalten. Regattasegler haben schon manchen Renner der sogenannten Libera-Klasse so durch die Alpen gefahren. Auch moderne, recht breite Serienboote werden so transportiert, nämlich mit mehr Neigung. Der Nachteil ist, dass man bei langen Routen an Bord unterwegs erst übernachten kann, wenn man abseits parkt und das Boot zum Schlafen gerade stellt.
Wie Sie bis 7,5 oder 12 t Gesamtgewicht fahren
Bis 3,5 t geht es mit dem passenden Auto mit einem gebremsten Anhänger. Größer und schwerer geht es auch, nur ist das Zugfahrzeug dann kein Auto mehr, sondern eine sogenannte Zugmaschine, also ein Lkw mit einer speziellen Luftdruckbremse und einer anderen, der sogenannten Maulkupplung. Um den zu fahren, brauchen Sie einen anderen, nämlich den Lkw-Führerschein. Werfen Sie mal einen Blick in Ihren deutschen „Lappen“. Das Kürzel im deutschen Führerschein C1 heißt, dass Sie „zulässige Gesamtmasse bis 7,5 t“ hinten anhängen. Steht in Ihrem Führerschein das Kürzel C1E, bewegen Sie bis 12 t.
Sollten Sie die Lkw-Fahrerlaubnis (noch) nicht haben, lohnt es sich unter Umständen, die zugunsten des eingangs erwähnten Gesamtpakets zu machen. Wer für einen der unzähligen Bootsführerscheine büffelt, nimmt für sein straßentaugliches Hobby vielleicht auch diese Hürde. Das ist aufwendig und ist mit dem üblichen Arbeits- und Familienleben nicht ohne Weiteres in Einklang zu bringen. Wenn Sie Ihrer Frau bei günstiger Gelegenheit erklären, dass demnächst ein Boot zum Hausstand gehören soll, wird das wahrscheinlich toleriert. Beim Sattelauflieger und Laster mit Druckluftbremse in der preiswerten Vintage-Ausführung (Einzelheiten dazu folgen) braucht es schon eine gewisse Überzeugungskraft.
Entscheidend ist, dass das Gespann dreiachsig ist. Nachdem das Zugfahrzeug zwei Achsen hat, bleibt eine für den Trailer. In diesem Zusammenhang ist es interessant zu wissen, dass zwei- oder sogar dreiachsige Anhänger dann zulassungsseitig als „einachsig“ gelten, wenn die Räder dicht hintereinander angeordnet sind. Der Achsabstand darf 1,5 m nicht überschreiten. So sind Sie samt Boot dann vier- oder fünfachsig unterwegs – obwohl Sie gemäß Führerschein ein dreiachsiges Gespann bewegen.
Kosten Yacht-Spediteur ./. Trailer
Dazu folgendes Beispiel: Ein norddeutscher Yacht-Spediteur nennt im April 2024 für den Transport eines Touren-Schärenkreuzers vom Typ Swede 41 von Nord- nach Süddeutschland 4.500 € inkl. Mehrwertsteuer. Dieses Boot ist mit ganzen 2,50 m Breite problemlos ohne weitere Vorkehrungen transportabel. Thema beim Trailern ist eher das Gewicht von circa 4 t, mit Urlaubsgepäck und Extras für den Sommertörn etwas mehr. Es ist 12,50 m lang, der Mast etwa 14 m.
Der dazu passende doppelachsige Anhänger aus verzinktem Stahl für ein 5 t Boot (komplett dann 7 t schwer) kostet derzeit bei Harbeck neu an die 30.000 €, gebraucht in gutem Zustand etwa 10 - 15.000 €. Hinzu kommen die Zeit, der Aufwand für die Lkw-Ausleihe, Sprit, auf lange Sicht auch die Betriebskosten des Trailers (Bremsenwartung, gelegentlich neue Reifen und TÜV-Abnahme). Interessant, oder?
Bleibt die Frage, wie Sie an das Zugfahrzeug kommen. Sollten Sie einen Lkw-Fahrer kennen, der Ihnen das Boot gelegentlich mal zum bezahlbaren Tarif von A nach B fährt, rechnet sich der Kauf eines Anhängers. Stellen Sie nun diesem Aufwand die Liegegebühren im Lauf mehrerer Jahre gegenüber, sprechen die Zahlen klar für die Trailer Lösung. Und wenn Sie Ihr Boot eines Tages verkaufen, haben Sie dank der Mobilität bessere Karten.
Gespann als 1:1 Matchbox-Spielzeug
Das Ensemble
Mit entsprechenden Kontakten, Zeit und geschickter Anbahnung werden Bootslagerung und Transport anders, und zwar mit einem gebrauchten Lkw und Sattelauflieger gelöst. So hielt es der Eigner der gezeigten Riva Tritone viele Jahre. Die Aufbewahrung einer Riva an einem permanenten Wasserliegeplatz ist keine Option, weil lackiertes Mahagoni allein zur Nutzung der Sonne ausgesetzt werden sollte. Ansonsten steht es unter einer schützenden Plane in einer schattigen Halle. Das kostbare Boot wird an Land auf einem speziellen, 1967 von der Riva Werft gelieferten Bock aufbewahrt. Der Berliner Eigner kaufte das Boot mit einem ehemaligen Magirus Deutz Post Lastwagen, wie in den Fünfziger- und Sechzigerjahren als sogenannter Rundhauber in Ulm gebaut.
Wie die Landpartie zum Erlebnis wird
Hinzu kam später ein Sattelauflieger, Fabrikat Kässbohrer, ebenfalls älteren Datums. Der Eigner war mit einem Kfz-Mechaniker im aktiven Unruhestand befreundet.Der richtete ihm den Hänger her, pflegte das Gespann, brachte es durch den TÜV und samt Boot gelegentlich mal nach Italien, Südfrankreich, nach Ost- und Westschweden zu den Riva-Treffen. Die beschwerliche Alpenquerung wurde dem betagten Sechszylinder-Diesel per Autoreisezug erspart.
Ich habe den Eigner mal als Beifahrer von Berlin nach Kressbronn an den Bodensee begleitet und unterwegs noch nie so viel Lächeln, Begeisterung und an den Rastplätzen interessierte Fragen erlebt. Der Laster wurde mit Zwischengas gefahren und die Beschleunigung des Gespanns war nach meiner Erinnerung kaum spürbar. Leider war der Höllenlärm unterwegs anstrengend. Schallschutz war damals nicht vorgesehen. Das ist bei der moderneren Zugmaschine besser.
Schön war es zu beobachten, wie die Trucker-Geschichte die exquisite Sache ein wenig erdete. Die Fahrt mit dem Vintage-Gespann war fast so interessant, wie später an Bord der Tritone über den Bodensee zu brettern. Beinahe unnötig zu erwähnen, dass solch ein Gespann neben einer vorausschauenden Fahrweise eine gewisse Aufmerksamkeit benötigt. Der Eigner hatte 5 jährliche Ölwechsel am Hals (2 Getriebe und 2 Motoren an Bord, 1 x Lastwagen).
Ähnlich ging es der Segler Thomas Pfiffner aus Augsburg an. Als er klar hatte, welches Boot er gebraucht kauft, besorgte er einen gebrauchten Mercedes-Benz 814 LK, der 7,5 t zieht, dazu den passenden Sattelauflieger.
Nach dem Transfer des Bootes von Holland nach Bayern, der Überholung in Augsburg mit Fahrten zum Lackierer und der abschließenden Landpartie zum Lago Maggiore verkaufte Pfiffner das Gespann. Unter dem Strich kosteten ihn Transport und Bootslagerung gerade mal 2.000 €.
Wie bei der Boots-Instandsetzung war die größte Hürde zu verstehen, wie es geht. Das müssen Sie jetzt nicht mehr, weil Sie die Blaupause für das straßentaugliche Gesamtpaket mit diesem Artikel haben. Jetzt brauchen Sie nur noch das passende Boot, das Zubehör für die Landpartie und – wirklich wichtig – die Begeisterung, okay Zustimmung Ihrer Frau.
Eine zurückhaltende Fahrweise senkt den Verschleiß deutlich. Solch ein Gespann ist vorausschauend zu fahren. Mehrere Tonnen = längere Bremswege. Kurven sind anders zu nehmen. Rangieren verlangt Geduld und Übung. Bei langen Gefällestrecken werden die Bremsen heiß. Entscheiden Sie selbst, ob dazu ein ADAC-Fahrertraining gebucht werden muss, wie oft empfohlen.