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Motor- oder Segelboot?
Gesichtspunkte zu dieser weichen stellenden Frage
Sie möchten ein Boot kaufen, wissen aber bislang nicht, ob es ein Motor- oder Segelboot werden soll? Wie im sonstigen Leben auch kommt es auf Ihre persönlichen Verhältnisse an. Hier einige Überlegungen, damit Sie zu einer guten Entscheidung kommen.
Von Erdmann Braschos, veröffentlicht am 09.03.2023, aktualisiert am 30.09.2024
Das erwartet Sie in diesem Artikel
- was für und was gegen ein Motorboot spricht
- für und wider Segelboot
- vom Einsteiger übersehene, entscheidende Gesichtspunkte
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Den Segler begeistert die lautlose Fortbewegung. Für ihn ist der Weg das Ziel. Dem Motorbootfahrer geht es um Komfort, Platz, den schnellen Ritt. Er gelangt gerne direkt auf einem schnurgeraden Kurs von A nach B. Sind es also zwei komplett verschiedene Welten? Nicht ganz, denn die meisten Segelyachten werden auch bei wunderbar segelbarem Wind durch die Gegend motort. Segler entscheiden sich aus gesundheitlichen Gründen oder im fortgeschrittenen Alter für ein Motorboot. Eigner großer Motoryachten wechseln aus anderem Anlass zur Segelyacht. Es spricht also viel für ein Motorboot, manches klipp und klar für das Segelboot.
Mal eben al Gusto ablegen? Mit dem Motorboot klappts
Was spricht für das Motorboot?
- Ihrer Partnerin behagt die Sache (noch) nicht und ist gegenüber dem Bootskauf zurückhaltend? Mit dem Motorboot kommen Sie gedönsfrei aufs Wasser und ebenso wieder zurück. So gewinnen Sie Ihre Liebste am ehesten für die Auszeit auf eigenen Planken. Auch wenn der Bootshändler es Ihnen anders erzählt und Sie es sich voller Vorfreude auf das neue Hobby schwer vorstellen: An einem Boot hängt immer mehr dran, als es zunächst aussieht. Sie können Bootspflege, Wartung und Reparaturen mit dem KIS Prinzip beim Segler immerhin etwas im Rahmen halten. Beim Motorboot haben sie grundsätzlich weniger zu tun.
- Motorboot fahren macht speziell mit einem kleinen Sportboot oder einem Gleiter großen Spaß. Es ist wunderbar, damit auf einer weißen Gischtbahn über das Wasser zu fliegen und das Landleben und den Alltag achteraus zu lassen. Ich verbrachte vor Jahren mal ein Wochenende an Bord einer Riva Tritone und werde diesen Ritt über den Bodensee nicht vergessen. Es ist wunderbar leicht und ziemlich lässig, mit so einem stilvollen Edelholzrenner über den Lago zu brettern.
- Mit dem Motorboot sind Sie unabhängig vom Wind. Das ist in Leichtwindrevieren, wie vielen alpennahen Seen, entscheidend.
- Moderne Verbrennungsmotoren wurden in den vergangenen Jahren hinsichtlich Laufruhe und Verbrauch weiterentwickelt. Moderne Außenborder sind im Leerlauf fast nicht mehr zu hören. Sie laufen im niedrigen Drehzahlbereich verblüffend leise.
- Die amerikanische Hinckley Werft baut neuerdings Motoryachten mit Hybridantrieb, wobei elektrisch, leise und ohne Gestank abgelegt und kurze Strecken gefahren werden. Bei mehr Geschwindigkeit wird automatisch auf Diesel umgeschaltet, beim Anlegen oder vor Anker in der Bucht läuft das Boot dann wieder im Batteriebetrieb. Eine interessante, schwere und technisch aufwendige Lösung für den solventen Eigner.
- Für Leichtwindreviere wie schweizerische oder norditalienische Seen ist das Motorboot die richtige Wahl. Fortschrittliche Werften wie Boesch in Kilchberg am Zürichsee liefern ihre Runabouts mit Elektromotoren und respektablen Fahrleistungen. Sie bieten interessante Geschwindigkeiten auf kurzen Distanzen und mittlerweile auch interessante Reichweiten bei zahmer Fahrt. Die Elektromobilität auf dem Wasser steckt noch in den Kinderschuhen. Da wird sich noch eine Menge tun.
- Sie haben nur gelegentlich mal Zeit zu einer kleinen Spritztour? Ablegen ist beinahe so simpel wie Autofahren. Motor anlassen, Leinen los, Gang rein und schon sind Sie unterwegs. Das Motorboot ist der ideale schwimmende Untersatz für den sonnigen Nachmittag oder die Abendstunden auf dem Wasser. Wer in der Nähe des Hafens wohnt oder sogar auf einem Wassergrundstück lebt, hat aus guten Gründen im Sommer ein startklares Motorboot für die schönste Nebensache der Welt.
- Es ist bequem und vielseitig, eignet sich zum Angeln, Baden, Chillen oder Wasserskifahren.
- Ein schneller Gleiter bietet in glattem Wasser eine große Reichweite. Damit brettern Sie mal eben zum Mittagessen oder Kaffeetrinken über den Hauslago und kehren abends erfrischt wieder zurück. So unbeschwert und entspannt kann Wassersport sein.
- Mit dem Motorboot reagieren Sie schnell auf Wetteränderungen. Braut sich ein hochsommerliches Gewitter zusammen, bringen Sie sich im nächsten Hafen in Sicherheit.
- Motorboote haben wenig Tiefgang. Das bietet im Flachwasserrevier und Häfen ganz andere Möglichkeiten als das Segelboot. Noch interessanter wird das Motorboot mit hochgeklapptem Außenborder oder Strahlantrieb. Mit letzterem fahren Sie bis kurz vor den Strand und gehen durch knietiefes Wasser an Land.
- Das trailerbare Motorboot spart Liegegebühr und bietet Zugang zu den schönsten Gewässern Europas: Seen, Flüssen, Hollands Wasserstraßen, Ostsee, Adria und natürlich die gesamte, mit dem Auto erreichbare Mittelmeerküste. Das Ein- und Auswassern morgens und abends, mit etwas Übung in einer halben Stunde erledigt.
- Das Motorboot erschließt Ihnen dort, wo Sie leben, nämlich im Binnenland landschaftlich schöne Gewässer: Seen, Kanäle und Flüsse. Und Sie fahren damit kreuz und quer durch Europa. Auf der Mosel, dem Rhein oder der Donau, der Rhone, der Seine. Das Einzige, was Sie für diese private Kreuzfahrt benötigen, ist Zeit und natürlich etwas Sprit.
Nutzen Sie Ihr Boot dort, wo Sie leben
- Bei gleicher Liegeplatzgröße bietet das Kajütmotorboot bequemeres Bordleben als ein Segelboot. Und am Ankerplatz haben Sie ein geschütztes Achterdeck zum Baden, Kaffeetrinken, für Partys und herrliche Abendstunden auf dem Wasser.
- Dank einfacher Handhabung bietet das Motorboot Komfort und Zeit zum Ausspannen, zum gemeinsamen Kochen, Lesen, für Zweisamkeit, Familienleben oder Freunde.
- Viele Segler entscheiden sich im fortgeschrittenen Alter aus praktischen Gründen für ein Motorboot. Das tägliche Segel setzen, trimmen und reffen der Tücher entfällt. Senioren genießen das Bordleben mit einem komfortablen Motorboot in der ihnen vertrauten maritimen Welt beinahe wie gehabt.
- Das alljährliche Ein- und Auswassern im Frühjahr und Herbst ist mit der Motoryacht flott erledigt. Beim Segelboot macht bereits das Maststellen, der Masttrimm und Anschlagen der Segel an Bord einer mittelgroße Yacht im Frühjahr zwei Tage Arbeit.
Fazit: Mit dem Motorboot genießen Sie die Leichtigkeit des Wassersports in vollen Zügen. Sie kommen damit ohne Umstände aufs Wasser - allerdings mit Abstrichen hinsichtlich Umweltbelastung, Kosten, Lärm, Abgasgestank und Schaukelei. Darauf, dass Segler schon mal auf Motorbootfahrer hinabschauen, können Sie pfeifen. Diese Überheblichkeit erscheint mir so daneben wie unpassend. Schon deshalb, weil es viele Segler gibt, die selbst reichlich motoren, also mit einem Motorboot auf Dauer besser führen. Außerdem wechseln viele Segler wie beschrieben eines Tages selbst zum Motorboot, soweit sie es sich leisten können. Das entscheidende Manko des Motorboots sind die steigenden Spritkosten. Hier können Sie mit der Wahl eines spritsparenden Modells (Verdränger statt Gleiter) und der geeigneten (Elektro-) Motorisierung eine vorausschauend gute Entscheidung treffen.
Die Magie des Segelns ist nicht zu toppen
Was spricht für das Segelboot?
- Die Ruhe auf dem Wasser dank lautloser Fortbewegung. Ich hatte gelegentlich Gelegenheit, auf unterschiedlichen Motoryachten mitzufahren. An Bord einer zweimotorigen «Riva Tritone» auf dem Bodensee, einer durchzugsstarken «Wallypower» vor Monaco, einem «Picnic Boat», einer klassischen «Commuteryacht »in Neuengland. Auch auf manchem mittelgroßen Brummer bei verschiedenen Anlässen. Dabei haben mich die Vibrationen und das angestrengte hochtourige Brummen der Motoren gestört. Vielleicht liegt es daran, dass ich geräuschempfindlich bin und Segler. Ich war jedes Mal erleichtert, wenn wir da waren und die Maschinen heruntergefahren und abgestellt wurden.
- Der deutlich geringere CO₂-Ausstoß, soweit gesegelt wird. Überlegen Sie einmal, ob der Spritverbrauch und die Umweltbelastung durch die Motoryacht angesichts der Erderwärmung noch vertretbar ist.
- Das intensive Naturerlebnis, wie es sich aus der Beschäftigung mit dem Segeltrimm, Wind und Wellen ergibt. Für den Segler ist der Weg das Ziel. Es gibt nichts Schöneres, als bei frischem Wind durch das Meer zu pflügen und dabei an anderen Seglern, Motorseglern und langsam laufenden Verdrängern aus der Motorbootfraktion vorbeizuziehen.
- Der Kosmos des Segelns ist für aufgeschlossene, naturverbundene und sportliche Menschen genau das Richtige. Mit dem Segelboot erschließen Sie sich gemeinsam mit der Partnerin ein neues Metier. Es ist ein tolles Projekt, die ersten Schritte zusammen bei einem Segelkurs machen, den Umgang mit Schot und Pinne, Wind und Wellen zu lernen, dabei Routine und Sicherheit zu gewinnen. Auch wenn das Segelboot anspruchsvoller in der Handhabung ist und auf Dauer auch bleibt. Die nötigen Handgriffe sind bald Routine und zweit auch flott gemacht.
- In windreichen Revieren mit Seegang, vielleicht noch Strömung dazu, also der Nordsee, Ärmelkanal, entlang der bretonischen Küste, den Gewässern rings um England, Nordspanien und Portugal gibt es zum robusten hochseetauglichen Segelboot keine Alternative.
Das Segelboot ist das ultimative Spielzeug
- Die Kurzweil und Abwechslung. Je nach Wind und Wetter ist fast jeder Tag unter Segeln anders. Hinzu kommen die Kleinejungs-Veranstaltungen und Fights um die Frage, wer wann wo warum Erster ist, obwohl es dabei angeblich um nichts (als das Ego) und das schnellere Schiff geht. Mit dem Segelboot spielen Sie endlos, verlängern Sie Ihre Kindheit. Segeln bindet gedanklich. Die Beschäftigung mit der Natur oder anderen Booten auf gleichem Kurs ist die perfekte Auszeit vom Arbeitsleben.
- Die Gelegenheit zu Regatten mit alten Bekannten und neuen «Feinden». Finde ich interessanter als Geschwaderfahrten und das übliche Get-together bei den Motorböötlern.
- Die stabile Schwimmlage unter Segeln mit berechenbaren Schiffsbewegungen bei Seegang. Das ist bei Motoryachten ein großes Problem. Es gibt Kurse bei Altsee und quer laufender Dünung oder frischem, von Wind aufgewühltem Seegang, die mit einer Motoryacht richtig übel sind.
- Obwohl das Segelboot langsamer ist, bietet es eine größere Range. Viele Motorbooteigner verbringen das Wochenende im Hafen und legen gelegentlich für die Fahrt zur nächstgelegenen Bucht ab. Die steigenden Spritkosten limitieren die Reichweite. Das kann über die Jahre eintönig werden.
- Die selbstverständliche Fortbewegung ohne störende Abgase. Deshalb und wegen der Umweltbelastung entscheiden sich Eigner großer Motoryachten neuerdings für Segelyachten, deren Handhabung dank moderner Segeltechnik einfach ist. Bahnbrechend in dieser Hinsicht sind seit den. Neunzigerjahren die «Wally» Yachten. Heute setzt die norddeutsche Werft «YYachts» auf das KIS-Prinzip. Kein Traveller, aufgeräumtes Deck. Neuerdings wird beim 70-Fuß-Modell sogar das Achterstag weggelassen. Die lange Mittelmeerreise oder der Blauwassertörn sind an Bord eines Segelbootes wesentlich angenehmer.
- Wer lange Reisen plant, entscheidet sich der Spritkosten und Unabhängigkeit halber für ein Segelboot.
- Für den durchschnittlich begüterten Wassersportler kommt bereits von den laufenden Kosten her allein das Segelboot infrage. Angesichts der Spritrechnung eines zweimotorigen 20–30 Knoten Gleiters, oder eines 14 m Halbgleiters beim üblichen Balearentörn wird mir schwindlig.
- In vielen Revieren sind Motorboote mit Verbrennungsmotoren nicht zugelassen oder werden ungern gesehen. Hier stellt sich die Frage Motor- oder Segelboot erst gar nicht.
- Ich sehe in den Häfen Eigner großer Motoryachten, die sich langweilen. Liegt es daran, dass wenig abgelegt wird oder an der fehlenden Herausforderung, sie also mit einem Segelboot besser führen?
Fazit: Mit der Entscheidung für ein Segelboot wählen Sie die anspruchsvollere und sportlichere Variante des Wassersports. Wett gemacht wird die Mühe durch den Segelgenuss, sofern Segeln Sie antörnt, was oft, wenn auch nicht immer passiert. Idealerweise entwickeln Sie sich von der gutmütigen Jolle für Einsteiger über das offene Kielboot bis hin zur Segelyacht weiter. Der auch von begeisterten Seglern zugegebene Nachteil des Segelsports ist die Arbeit, die an der Pflege und dem Erhalt eines Segelbootes hängt. Darüber berichte ich bei Boat24 gelegentlich zu verschiedenen Themen.
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