Anmelden

Praxis6 min Lesezeit

Bootsschaden: Was meist passiert

Übliche Schäden bei Motor- und Segelbooten

Bootsschaden: Was meist passiert
Kiel einer Bavaria © Batermann & Tillery

Welche Schäden üblicherweise bei Bootsversicherung gemeldet werden, was sie kosten und wie Sie als Eigner den Schreck und Ärger vermeiden.

Von Erdmann Braschos, veröffentlicht am 21.03.2017, aktualisiert am 13.10.2024

Das erwartet Sie in diesem Artikel
  • Eine Liste der häufigsten Schäden bei Motor- und Segelbooten
  • Tipps zur Kurswahl, Handhabung und Instandhaltung des Bootes
  • Vorkehrungen vor tückischen Kabelbränden der Elektrik

Artikel vorlesen lassen

Die Grundberührung wird Versicherern am häufigsten gemeldet. Sie ist zugleich der teuerste Schaden, weil dessen Reparatur aufwendig ist. Beim Motorboot ist dann mindestens der Antriebsstrang bestehend aus Welle, Wellenbock und Propeller, das Ruder oder der Z-Antrieb beschädigt. Beim gängigen Mercury Alpha One beispielsweise lässt sich der Schaden häufig mit einer Reparatur des Getriebeunterteils per Reparatur der verbogenen Finne und des Propellers für etwa 500 € beseitigen. Weil die Händler mehr daran verdienen und aus Gewährleistungsgründen wird meist das gesamte Getriebeunterteil für 3,000-4,000 € erneuert.

Bei Segelyachten überstehen Langkieler oder solide gebaute Serienboote älteren Baujahrs Grundberührungen meist problemlos. Anders sieht es bei der Segelyacht mit modernem Flossenkiel aus. Da drückt bei einem Crash die Kielhinterkante ins Schiff. Je moderner, also schlanker die Kielflosse, desto größer sind die Kräfte.

Die sogenannte Bodengruppe - gemeint ist das Gerippe der Verstärkungen unten im Rumpf - bekommt dann mindestens einen Knacks. Hinzu kommen angerissene Kielbolzen und spätere Korrosionsprobleme. Wie ernst solche Schäden zu nehmen sind, zeigen unterwegs auf See abgefallene Kiele, manchmal mit tödlichem Ausgang.

Der moderne Flossenkiel mit kurzem Übergang von der Kielflosse zum Rumpf - die sogenannte Kielwurzel - ist auf eine gute Befestigung angewiesen. «Es wäre für die Werften leicht, den Druck der Kielhinterkante auf den Rumpf mit einem kräftig ausgeführten Rahmenspant abzufangen. Das wird aber nicht gemacht, weil Boote heute über den Preis und den Komfort gekauft werden» so Torsten Rust, ein auf Yachten spezialisierter Schadensgutachter der Battermann & Tillery Global Marine GmbH.

Die Reparatur einer angeknacksten Bodengruppe (Nachlaminieren und neue Befestigung des Kiels) kostet je nach Bootstyp bis zu 20.000 €. Ärgerlich für Eigner und Versicherer ist, dass Billigboote immer günstiger versichert und die Mängel der ab Werft anfälligen Bauweise der Bootsversicherung aufgebürdet werden. Das treibt die Kosten für alle Eigner, die Ihr Boot Kasko versichern, in die Höhe.

Bodengruppe
Bodengruppe © Batermann & Tillery

Bereits eine leichte Grundberührung, die ein herkömmlich solide gebautes Tourenboot problemlos übersteht, muss dann aufwendig repariert werden. Rust berichtet: «Die Optimierung der Yachtkonstruktionen führt dazu, dass sich die Ansprüche an die Festigkeit der Rümpfe am schwimmenden Boot orientieren. Bei Landtransporten und Einlagern zum Winter sind dann aufwendigere Pallungen nötig als bei älteren Yachten. Die Pallpläne der Hersteller, die ein Yachttransporteur zu beachten hat, werden immer umfangreicher.»

Die Rede ist hier nicht nur von Regatta-, sondern Serienbooten. Eine alarmierende Beobachtung, die Insidern der Branche bekannt ist, Bootskäufer aufhorchen lassen sollte. Leider befassen Sie sich Fachzeitschriften mit solchen Gesichtspunkten nicht mehr. Hier geht es nur noch um trendiges Design und das Platzangebot.

Im Klartext heißt dies: Es gibt mittlerweile Serienboote, die sich nicht mehr wie gehabt beim Krantermin mit dem Kiel abstellen lassen, weil der weiche Rumpf bereits durch das Eigengewicht des Bootes vom Kiel eingedrückt wird.

Kollision mit Treibgut

Ein tückisch im Wasser treibender, entsprechend spät entdeckter Baumstamm kann beim schnellen Motorboot einen kolossalen Schaden anrichten. Im Mai auf dem Neckar oder bis weit in den Sommer hinein auf dem Bodensee kommt das schon mal vor. Deshalb brettern deren Skipper mit Argusaugen über den Bodensee. Meist ist nach der unsanften Begegnung dann die Schraube lädiert oder hin, vielleicht auch Welle und der Wellenbock. Begegnungen mit Paletten oder gar mit treibenden Containern auf dem Meer sind gefürchtet (lesen Sie mehr dazu: Die unsichtbare Gefahr).

Kollisionen Schiff-Schiff

Gerade bei Segelbooten kommt es aufgrund der eingeschränkten Sicht durch Aufbauten oder die Segel zu Kollisionen mit anderen Booten. Ein sorgfältiger Ausguck ist unabdingbar und wird von Ihnen auch erwartet. Man kann sich nicht darauf verlassen, gegebenenfalls kurshaltepflichtig zu sein und einfach durchzuziehen.

In der Praxis geht bei der Beurteilung des Verschuldens keine Partei leer aus. Selbst bei eindeutiger Vorfahrt kann Ihnen ein Schuldanteil bis zu 50 Prozent aufgebürdet werden, wenn Sie in der Lage gewesen wären, die Kollision zu verhindern. Also: Ausweichen, auch wenn man Vorfahrt hat!

Kollisionen im über-Wasser-Bereich

Lädierte Ankerhalterungen, Bugbeschläge, Bugkörbe, Scheuerleisten, verbogene Relingsstützen, angerissene Relingsfüße sind üblich. Bisweilen steuern Motoryacht-Skipper zu niedrige Brücken an.

Welcher Skipper einer Motor- oder Segelyacht hat sich beim An- oder Ablegen noch nicht verschätzt? Mal eben zu forsch in die Box gefahren und zu spät aufgestoppt, die Breite des Liegeplatzes oder den Seitenwind falsch eingeschätzt – schon rumst, ratscht oder kracht es. Auch «alte Hasen» fahren mit außen hängenden Fendern durch die Pfähle. Bleibt dann ein Fender an einem Pfahl hängen, bremst und dreht er das Boot unweigerlich. Der Bug schwenkt zum Nachbarlieger.

Elektrolyse

Üble Schäden, Ärger und Kosten sparen sich Skipper von Segel- und Motoryachten, wenn Sie erstens wissen, wo an der Maschine, am Getriebe, den Trimmklammen, der Welle, dem Z-Trieb und am Rumpf die Opferanoden sitzen. Zweitens sollten sie einmal in der Saison, idealerweise beim Auswassern des Bootes fürs Winterlager oder Auffrischen des Antifoulinganstrichs angeguckt werden.

Ist mehr als die Hälfte weg gebrutzelt, sollte gewechselt werden. Lochfraß im Getriebeunterteil eines Z-Triebs oder an den Aluminiumteilen der Maschine wird teuer. Auch moderne Aluriggs sind durch Lochfraß gefährdet. Unsachgemäß, das heißt ohne Unterlage am Alu angebrachte Niroteile können einen Mast entscheidend schwächen. Das sollten Käufer älterer Gebrauchtboote beachten und die Takelage gründlich anschauen.

Elektrik

Gerade bei gebrauchten Booten älteren Datums, wo Verbraucher nachträglich eingebaut wurden, ist Vorsicht geboten. Sind bei der 12 Volt Elektrik Kabel mit zu geringem Querschnitt verlegt, kommt es zum Kabelbrand. Wenn man verschmorten, Kunststoff oben an Deck riecht, ist es meist zu spät. Ebenso gefährlich sind schlampige Batterie-Installationen oder Wackelkontakte. Lassen Sie die Bordelektrik von einem Fachmann durchgucken oder machen Sie sich selbst schlau. Ein Kabelbrand wird spät entdeckt, ist schwer zu lokalisieren und abzustellen. Wissen Sie, wo die Batteriehauptschalter sitzen?

Brandschaden
Brandschaden © Batermann & Tillery

Was tun, wenn etwas schiefgegangen ist?

Sie sollten eine Kopie der Vertragsbedingungen an Bord haben und die Telefonnummer zur Schadensmeldung parat. Die goldene Regel bei Versicherungsschäden: machen Sie keine Alleingänge, sondern rufen Sie so bald wie möglich Ihren Versicherungsmakler oder Ihre Versicherung an. Das gehört zu Ihren «Obliegenheiten im Schadensfall» und steht so in Ihrem Vertrag.

Fassen Sie das Gespräch bei nächster Gelegenheit in Stichpunkten schriftlich zusammen und schicken Sie es Ihrem Makler. Erteilen Sie auf keinen Fall vorab im Alleingang Aufträge zur Reparatur des Bootes. Dann haben Sie von vornherein schlechte Karten.

Unterscheiden sich die Vorstellungen der Versicherung zur Schadenregulierung deutlich von ihren, muss um diese Frage vor Gericht gestritten werden. Sie sollten wissen, dass es bei der Haftpflicht und der Kasko-Versicherung zwei Prinzipien gibt: Bei einem Haftpflichtschaden soll gemäß § 823 des BGB der Eigner gemäß Schadensersatzrecht keine wirtschaftliche Schlechterstellung erleiden. Bei der Regulierung eines Schadens durch die Kasko-Versicherung geht es um die technische Wiederherstellung. Die wird deutlich zweckmäßiger, also günstiger ausfallen.

Obwohl die Rechtsprechung Torsten Rust zufolge in Deutschland bei der Verhandlung von Kaskoschäden ausgesprochen kundenfreundlich gehandhabt wird, sollten Sie als Eigner solche Schäden vermeiden. Denn erstens sind Sie als Versicherter mit einem Selbstbehalt an den Reparaturkosten beteiligt. Zweitens wird ihre Jahresprämie bei einem Schaden angehoben. Bei mehreren schadenfreien Jahren kostet die Kasko-Versicherung auf Dauer die Hälfte.

Wer Flachwassergebiete weiträumig umfährt und mit dem siebten Sinn skippert, schont seinen Kiel oder Antriebsstrang. Machen Sie sich mit der Technik Ihres Bootes vertraut und notieren Sie, wann Verschleißteile zu wechseln sind. Machen Sie sich einen eigenen Wartungsplan (siehe: So kriegt man das Schiff in den Griff).

Damit bleiben Sie auf der sicheren Seite, sparen sich eine Menge Ärger und Geld. Dann wird und bleibt Ihr Boot so zuverlässig wie ihr Auto.

Danke an Jan Böhm von Lütje Yachts und den Yacht-Gutachter und Schiffssachverständigen Dipl.-Ing. Torsten Rust von der Hamburger Niederlassung der Battermann & Tillery Global Marine GmbH.

Video

Weiterführende Links

VG