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Blauwasser4 min Lesezeit

Segeln auf der Milchstraße

Was ist schöner als Segeln? Nachtsegeln!

Segeln auf der Milchstraße
Auch das gehört zum Nachtsegeln, wunderschöne Sonnenuntergänge © Boat24

Wenn der Mond hinterm Horizont abtaucht, beginnt der Törn auf der Milchstraße: Millionen Sterne weisen uns die Route ins seglerische Nirvana. Praktische Tipps für die etwas andere Ausfahrt.

Von Michael Kunst, veröffentlicht am 28.01.2015, aktualisiert am 02.12.2022

Das erwartet Sie in diesem Artikel
  • Warum Segeln nachts so schön sein kann.
  • Wer Wesentliches beachtet, braucht sich nicht zu sorgen.
  • Mond und Sterne verzaubern ganze Crews – stundenlang.
  • Praktische Tipps für eine coole Ausfahrt unter und auf der Milchstraße.

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Die Sonne ist längst untergegangen. Am Horizont verraten nur noch wenige schwach leuchtende, dunkelrote Lichtstreifen, dass der Himmel den ganzen Tag über von dem gleißenden Fixstern beherrscht wurde. Von Osten her verschleiert ein dunkles Band den Himmel, zwischen dem erste Sterne aufblinken – die Magie beginnt. Langsam verwandeln sich die Konturen der Wellen zu einem diffusen, riesigen Etwas, das Boot und Crew wohlwollend und sicher durch die schwarzen Stunden tragen wird. Die Wellenkämme blaken im Dunkel der Nacht, das seltsam veränderte Rauschen und Gurgeln des Rumpfes im Wasser lassen erahnen, dass bald die Stunde kommen wird, in der „das Meer dir seine letzten Geheimnisse verraten wird“.

Respekt und Selbstvertrauen

Eigentlich ist es erstaunlich, dass bei Umfragen so viele gestandene Skipper erklären, sie seien noch nie durch die Nacht gesegelt. „Furcht vor dem Unsichtbaren“ zählt zu den am häufigsten genannten Gründen und „mangelndes Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten.“

Zwei Argumente, deren Essenzen übrigens durchaus wichtig für eine erste Nachtausfahrt sind. Denn eine gehörige Portion Respekt vor dem Meer und der Natur und eine gesunde Selbsteinschätzung sind Grundvoraussetzungen für einen gelungenen Törn unterm Sternenhimmel.

Elf Tipps für den ersten "Schlag in die Nacht"

  1. Revier. Wählen Sie ein möglichst „einfaches“ Revier, das keine außerordentlichen navigatorischen Kenntnisse voraussetzt. Die offene See ohne Untiefen und wenig Schiffsverkehr wäre ideal.
  2. Hindernisse. Informieren Sie sich über alle Besonderheiten des Reviers und der angepeilten Strecke. Wo liegen Hindernisse/Untiefen, wie umgehe ich dieselben?
  3. Navigationssystem. Wie tagsüber auch, verlassen Sie sich nachts nicht nur auf ein Navigationssystem. Wer also am liebsten nach GPS segelt, sollte auch Karten zur Hand haben und umgekehrt. „Überflieger“ (Übersichtskarte) für das gesamte Revier sind für die gewissenhafte Vorbereitung ebenfalls unerlässlich. Checken Sie nachts häufiger als tagsüber ihre Position, da man ja nur bedingt „auf Sicht“ fahren kann.
  4. Radarreflektoren und/oder Radarantenne korrekt installiert? Batterien optimal geladen für dauerhaften Radar- und /oder AIS-Einsatz?
  5. Lichterführung/Positionslampen an Bord. Überprüfen Sie die Mast-, Bug- und Heckbeleuchtung auf einwandfreie Funktion.
  6. Lichterführung der anderen. Frischen Sie Ihre Kenntnisse in Bezug auf Lichterführung anderer Boote auf! Halten Sie ein entsprechendes Handbuch und ein lichtstarkes Fernglas parat.
  7. Wetter. Laufen Sie zu ihrem ersten Nachttörn nicht bei unklarer Wetterlage aus. Muten Sie sich keine unruhige See oder zu starken Wind zu. Merke: nachts fühlt sich der Wind mindestens 1-2 Beaufort stärker an als tagsüber.
  8. Beginnen Sie einen Törn möglichst nicht mit einer Nachtfahrt, schon wegen der höheren Seekrankheitsanfälligkeit im Dunkeln.
  9. Segelfläche. Reffen Sie nachts früher als tagsüber. Sie wollen ja keine Rekorde fahren.
  10. Beleuchtung. Viele Fahrtenschiffe haben einen bereits installierten Spot für Arbeiten am Großsegel. Nutzen Sie denselben nicht zu oft! Sie werden erstaunt sein, wie schnell sich die Augen an das diffuse Licht gewöhnen und wie viel sie erkennen können. Denn alle Lichtquellen haben bekanntlich im Schwarz der Nacht den Effekt, dass sich die Augen (nach dem Ausschalten der Lampen) erst lange wieder an das Dunkel gewöhnen müssen. Das gilt übrigens im Besonderen für Stirnlampen – die spenden für kleinere Arbeiten an Bord zwar sehr effizient Licht, vermeiden Sie aber, Ihre Crewkollegen damit zu blenden! Sonst sehen die nämlich ganz andere Sterne als die der Milchstraße!
  11. Gönnen Sie sich was Gutes! Bereiten Sie außergewöhnliche Snacks vor oder sorgen Sie dafür, dass der (seefeste) Smutje unter Deck besonders Schmackhaftes zubereitet. Vermeiden Sie jeglichen Alkohol, auch wenn Ihre Wache ja „erst in ein paar Stunden“ beginnt…
  12. Segeln Sie Ihren ersten Nachttörn nicht alleine! Auch wenn die nächtliche Solofahrt später seinen besonderen Reiz haben mag, sammeln sich ersten Erfahrungen am besten mit einer Crew.

Wenn Ihnen nun die meisten der o.g. Regeln sowieso schon vom Segeln bei Tageslicht bekannt vorkommen, so ist das reine Absicht: Im Prinzip ist Segeln bei Nacht in erster Linie eben doch… Segeln! Gute Seemannschaft im Sinne einer korrekten Vorbereitung des Törns und sicheren Handhabe des Bootes sind und bleiben für jeden „Schlag“ Grundvoraussetzung. Ob bei Tag oder bei Nacht.

Und vielleicht erleben Sie dann ja ihren nächtlichen Törn ähnlich intensiv, wie es einst der große Bernard Moitessier beschrieben hat: „Erst war da die Milchstraße in einer Schönheit, wie ich sie sonst nirgendwo gesehen habe. Alles war so nah, als segle ich auf ihr in die unendlichen Weiten des Alls. Dann ging der Mond auf und „Joshua“ steuerte genau auf seiner glitzernden Spiegelung dem Horizont entgegen. Es war reine Magie!“

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