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Superyachten3 min Lesezeit

Goldener Donnervogel

Dieser Trimaran ist ein smartes, spritsparendes Konzept.

Goldener Donnervogel
Supersport 48 m © Palmer Johnson

Man könnte die viel beachtete „48 m Supersport“ für ein skurriles Showboat halten. Auch ließe sich dieses goldene Geschoss als das nächst-verrückte Bling-Bling für Miami oder Monaco missverstehen. Der zweite Blick verrät ein verblüffendes Megayacht-Konzept, das viel mehr ist als bloß anders: nämlich ein smartes, spritsparendes, mit cleveren Ideen gespicktes Konzept.

Von Erdmann Braschos, veröffentlicht am 23.07.2015, aktualisiert am 21.10.2024

Das erwartet Sie in diesem Artikel
  • Einblicke in ein spritsparend leichte High Tech-Motoryacht
  • Warum dieser Verdränger schneller aussieht als er ist
  • Welche Maßnahmen gegen das lästige Schaukeln und Rollen ergriffen wurden
  • Was der berühmte Cricket Spieler Timur „Tim“ Mohamed damit zu tun hat

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Große Pötte mit kühn geneigtem Bug und mehreren aufeinander gestapelten Decks liegen heute in jeder Marina dieser Welt. Große Motoryachten sehen im Prinzip alle gleich aus. Sie haben weiße, amorphe, rund gelutschte oder eckige Aufbauten mit dunklen Fensterbändern.

Deshalb wird mit immer neuen, verblüffenden Formen und schillernden Farben experimentiert. Bei manchen Kreationen gewinnt man den Eindruck, der Designer hätte etwas geraucht.

Das könnte man angesichts der „48-m-Supersport“ der amerikanischen Palmer Johnson Werft auch meinen. Dieser Schlitten in neureich-gold und noch nie gesehener Linienführung verwirrt. Sicher ist zunächst: Er schwimmt. Es handelt sich nicht um einen Autoscooter vom Jahrmarkt.

Doch ist „Khalilah“, wie die amerikanische Motoryacht heißt, mehr als ein Hingucker in Miami, wo sie ihren Liegeplatz hat. Meist werden große Motoryachten aus Stahl oder Aluminium geschweißt. Dieses Gefährt ist aus Karbon und soll Werftangaben zufolge 40 Prozent leichter sein als vergleichbare Schiffe. Das spart Sprit und entlastet die Umwelt.

Ein weiterer Beitrag zu den Fahrleistungen ist der schlanke, lange Rumpf des Verdrängers. Dieses Konzept kennt man von den einst in den Staaten üblichen Commuter Yachten. Länge läuft. Deshalb die gestreckte Wasserlinie mit dem schnittig schlanken Bug, der in einem markanten Rammsteven endet.

Die ‘Khalilah‘ - ein Gadget für den nächsten James-Bond-Film?
Die ‘Khalilah‘ - ein Gadget für den nächsten James-Bond-Film? © Palmer Johnson

Die geschickte Anordnung des Vorschiff-Volumens und die Spritzwasser-abweisende Kimmkante soll den Schlitten bei schneller Fahrt im Seegang halbwegs ruhig und trocken laufen lassen.

Leider haben schlanke, lange Verdränger den entscheidenden Nachteil, übel zu schaukeln. Sie rollen bei Fahrt in offener See entsetzlich. Leider hört die Schaukelei vor Anker nicht auf. Deshalb erhielt das Boot seitliche Schwimmer zur Stabilisierung. Khalilah sieht auf den ersten Blick aus wie ein Einrümpfer, ist tatsächlich aber ein Dreirümpfer. Von achtern gesehen mutet das Boot wie ein exotischer Mittelmotor-Sportwagen an.

So ist die neue Palmer Johnson 48 m Supersport ein Dreirümpfer im Gewand eines Einrümpfers. Die Ausleger sind dicht dem Mittelrumpf entlang geführt und geben dem Boot dort Breite, wo es sie benötigt: bei den Tendergaragen zum seitlichen Aussetzen der Beiboote, beim Salon und achtern vor dem Kai beim rückwärts einparken.

Natürlich ließe sich solch eine komplexe Struktur mit all den Falzen, Fensterausschnitten, Kimmkanten, Rundungen, Wölbungen und Tunneln eventuell auch in Aluminium schweißen und spachteln. Doch wäre das zu aufwendig, zu schwer und in der Serie zu teuer. Die Gewichtsersparnis dank Karbon Bauweise soll bei 20 Tonnen liegen und trägt zum flachen Unterwasserschiff, wenig Tiefgang und widerstandsarm schnittigen Linien bei.

Den Rohbau lieferte die norwegische Brødrene Werft, ein Spezialist für spritsparende Schnellfähren. Ausgedacht hat sich der Supersport der neue Palmer Johnson Inhaber Timur „Tim“ Mohamed. Der berühmte Cricket-Spieler und Geschäftsmann übernahm die vor einigen Jahren ins Straucheln geratene Traditionswerft und begann den Neustart mit einer modernen, sportlichen, wiedererkennbaren bis verblüffenden Produktlinie.

Vom Auftritt her läuft dieser goldene Donnervogel gefühlten 70 Knoten. Damit ließe sich der nächste James-Bond-Film drehen.

Länge: 49 m
Breite: 11 m
Tiefgang: 1,6 m
Groß Tonnage 490, 2 MTU 16 V 2000 M64
Klassifikationen: DNV, MCA, LY3
Reisegeschwindigkeit: 14 kn bei 140 l/Stunde
Höchstgeschwindigkeit: 32 kn bei ca. 1.000 l/Stunde.
12 Gäste, 9-köpfige Crew
Beiboot: 7 m
Achterdeck: 27 m2
Eignersuite im Vorschiff: Panorama 67 m2 verglast

Palmer Johnson begann 1918 mit dem Bau und Reparatur von Fischerbooten in Sturgeon Bay/Wisconsin am Michigan See. Mit Übernahme durch Texas Instruments Gründer Pat Haggerty erfolgte die Spezialisierung auf den Aluminium-Yachtbau. Damals entstanden bei PJ namhafte Regattaboote wie „Kialoa III“, „Ondine VI“, „Scaramouche V“ oder „Tenacious“. 1979 lieferte die Werft die 30 m lange Hochgeschwindigkeits-Motoryacht „Fortuna“ für König Juan Carlos von Spanien.

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VG