Praxis8 min Lesezeit

Shit happens

Tipps zu üblichen Reparaturen an Bord

Shit happens
Blick in eine Bilgenpumpe aus blühendem Alu mit krummen Klappen © Swedesail

Ganz gleich, ob Sie ein Boot chartern, ein gebrauchtes oder neues haben. Früher oder später geht ein Manöver schief. Oft muss auch der eigene Pfusch oder Fremdmurks behoben werden. Manches, wie eine Bilgenpumpe, steht sich schlicht kaputt.

Von Erdmann Braschos, veröffentlicht am 26.07.2018, aktualisiert am 04.04.2023

Das erwartet Sie in diesem Artikel
  • wie Sie einen klemmenden Klapp- oder Drehflügelpropeller gängig machen
  • wie der Loggenimpeller wieder dreht
  • wie Sie Steuerseile der Ruderanlage prüfen und nachspannen
  • Notpinne finden, montieren, ausprobieren
  • Tücken offener Seitenfenster, Skylights oder Heckklappen
  • Dauerthemen wie Ankerwinsch und Bord-Toilette

Artikel vorlesen lassen

Das Interessante am Wassersport ist, dass Sie mit der Familie oder Freunden draußen in der Natur und dabei auf sich gestellt sind. Dabei ist es wichtig, dass alles einwandfrei funktioniert. Das ist meistens, leider nicht immer der Fall. Auch passieren jedem Skipper mal Mißgeschicke. Anders als auf der Straße können Sie nicht den Pannendienst rufen. Zum Glück lassen sich die meisten Dinge flott mit Bordmitteln beheben.

Propeller klemmt

Viele Segelyachten sind heute mit einem Falt- oder Drehflügelpropeller unterwegs. Leider behindern nach einer gewissen Liegezeit Seepocken das Auf- oder Umklappen in Vorwärts- oder Rückwärtsfahrt und in die neutrale Segelstellung. Dann verschwinde ich für einige Minuten mit Taucherbrille und Pfannenwender unter dem Boot, schiebe damit die Pocken weg und prüfe von Hand, ob die Flügel wieder leichtgängig drehen.

Damit wird der klemmende Propeller von Seepocken befreit
Damit wird der klemmende Propeller von Seepocken befreit © Swedesail

Logge zeigt 0,00

Einfach und von oben im Schiff zu beseitigen ist eine Blockade am Impeller der Logge. Meist hängt Seegras im Paddelrad oder eine Seepocke verklemmt es. Sicherungsmutter losdrehen, Geber ziehen, Blindstopfen einsetzen. Mit einem Schlitzschraubenzieher sind die Pocken flott abgeschoben. Prüfen Sie mit dem Finger oder durch Anpusten des Impellers, ob er leichtgängig dreht. Blindstopfen ziehen, Geber einsetzen, Sicherungsmutter handwarm anziehen – fertig. Bei Liegezeiten des Bootes die Woche über spare ich mir die Arbeit mit Einsetzen des Blindstopfens.

Der Loggenimpeller liegt neben dem eingesteckten Blindstopfen im Schiff
Der Loggenimpeller liegt neben dem eingesteckten Blindstopfen im Schiff © Swedesail

Labberiges Ruder

Auch für die Ruderanlage mit Spiel in der Übertragung vom Steuerrad zum Quadranten brauchen Sie keinen Mechaniker. Denn es ist üblich, dass die Steuerseile nach einem langen Kurs bei Wind und Seegang etwas nachgeben. Mit passenden Maulschlüsseln und handwerklichem Geschick sind sie in einer halben Stunde nachgezogen. Die Ruderanlage meines Bootes hat in der Steuerradnabe ein weiteres Verschleißteil, einen Scherstift, der ausleiert. Seit dem Bruch des Scherstifts unterwegs beim Segeln habe ich mir die gelegentliche Prüfung angewöhnt. Dazu liegt eine Tüte mit dem montagefertigen Ersatz in der Werkzeugschublade.

Notpinne suchen, montieren, ausprobieren

Bei der Gelegenheit machen Sie sich gleich mit der Notpinne vertraut. Wo ist sie? Wie wird sie montiert? Segeln oder motoren Sie mal mit aufgesteckter Notpinne. Die Frage, weit sich das Ruder mit Notpinne legen lässt, ist für Hafenmanöver interessant. Erst wenn Sie sich das mal angeschaut haben, wissen Sie, ob sich Ihr Boot überhaupt mit Notpinne handhaben lässt. Und Sie haben ein Gefühl, wie sich das Boot per Notpinne fährt.

Ohne übliches Bordwerkzeug geht es nicht
Ohne übliches Bordwerkzeug geht es nicht © Swedesail

Dauerthema Bordtoilette

Die Toilette ist ähnlich wie die Rollanlage ein strapaziertes und misshandeltes Teil. Übermüdet nach einem langen Flug habe ich mal auf einem Charterboot in der Karibik eine Toilette stillgelegt, weil ich gegen ein geschlossenes Seeventil gepumpt habe. Ich weiß nicht mehr, ob es der Zu- oder Ablauf war. Ist auch egal. Ich weiß nur, dass es kein guter Einstieg an Bord war und ich die Sache selbst reparieren durfte.

Die Handhabung einer üblichen Bordtoilette ist bereits kompliziert genug
Die Handhabung einer üblichen Bordtoilette ist bereits kompliziert genug © Swedesail

Ich meine das ständige Öffnen und Schließen der Seeventile ist Fremden an Bord nicht zumutbar. Da ich auf meinem Boot keine Lust zu überflüssigen Kloreparaturen habe, bleiben die Ventile an Bord meines Bootes grundsätzlich offen – solange es bewohnt ist. Wenn der Wahlhebel von der Spül- in die sichere Abpumpstellung gekippt ist, läuft die Toilette nicht voll. Bei mir an Bord wird auch Toilettenpapier wie zuhause entsorgt. Damit hatte ich noch nie Probleme.

Moderne Bordtoiletten mit dem Pumpmechanismus aus Kunststoff lassen sich nicht endlos reparieren, weil die Gewinde bald hin und das Pumpengehäuse nicht mehr dicht zu bekommen sind. Schon deshalb sollten Sie auf einen störungsfreien Betrieb achten. Sie sind deshalb kurzlebig, weil versehentlich gegen geschlossene Ventile gepumpt wird.

Zieht die Pumpe Luft, gebe ich etwas Speiseöl in die Toilettenschüssel. Nach wenigen Hüben fördert die Pumpe dann wieder Wasser. Vaseline oder Babyöl hält das Innenleben leichtgängig. Der defekte Pumpmechanismus lässt sich in einer halben Stunde (meist hängt Seegras in einer Membran oder blockiert das Rückschlagventil) flott machen. Die Anleitung und eine Explosionszeichnung des Innenlebens gehört zur Betriebsanleitung des Bootes, die an Bord parat liegen sollte. Ein Set gängiger Ersatzteile für die Pumpe rettet den Törn. Nachdem Segelfreunde einmal vergessen haben, den Wählhebel von der Spül- in die sichere Abpumpstellung zu legen, die Schüssel überlief und der Inhalt ins Boot schwappte, hob ich die Toilette so weit an, dass es nicht mehr passiert.

Nach meiner Ansicht wird zu viel Gedöns um das Thema gemacht. Mancher Frau ist bereits das Pumpen in Spül- und Abpumpstellung mit Umlegen des Wahlhebels zu kompliziert. Ich war schon mit Begleitung an Bord unterwegs, die sich den ganzen schönen Segeltag nicht traute, die Bordtoilette zu benutzen. Das geht überhaupt nicht!

Also: kein Gedöns, die Seeventile an Bord des bewohnten Bootes geöffnet und benutzbar lassen, sofern die Installation einwandfrei und nicht außerordentlich tief im Schiff angeordnet ist. Die Pumpe pfleglich behandeln, das Innenleben ab und zu öffnen, es reinigen und mal schmieren.

Die Toilette wurde mit einer Konsole so weit angehoben, dass das Boot nicht voll läuft
Die Toilette wurde mit einer Konsole so weit angehoben, dass das Boot nicht voll läuft © Swedesail

Seeventile, Fenster und Luken vor jedem Ablegen schließen

Fenster und Skylights

Machen Sie es zur Routine, Fenster in der Bordwand und Kajütaufbau sowie Skylights vor jedem Ablegen zu schließen, ebenso wie die See- und Frischwasserzuläufe, die Ihre Pantry bei Krängung fluten. Auch das ist bei jedem Bootstyp anders. Es hängt von der Position der Frischwassertanks und Spülbecken im Schiff ab.

Skylight-Drehgriff mit verschlissenem O-Ring
Skylight-Drehgriff mit verschlissenem O-Ring © Swedesail

Um ein geschlossenes Skylight kann sich keine Schot schlingen und den Deckel beschädigen. Auch die Drehverschlüsse moderner Skylights selbst werden entweder vergessen oder zu fest angezogen. Beides lässt die O-Ringe der Verschlüsse früher oder später tropfen. Mit einem Griff zum Bordwerkzeug (bei modernen Luken sind es Torx-Schrauben) und gefühlvoll nachgezogen hat man Ruhe. Das ist in Minuten gemacht. Die O-Ringe sind Verschleißteile und sollten an Bord sein. Mit Glück gibt es noch das Label des Lukenherstellers oder Sie finden eine Explosionszeichnung in den Unterlagen zum Boot.

Badeplattform/Heckklappe

Heckklappen und Badeplattformen moderner Serienboote sind leider mit sparsam dimensionierten Scharnieren montiert. Dem normalen Gebrauch halten sie stand. Rempler von der Kaimauer im ausgeklappten Zustand nicht. Deshalb das Boot zunächst so vertäuen, dass der Abstand zur Kaimauer bleibt wie er ist. Dann erst die Heckklappe öffnen.

Ankerwinsch

Eine motorisierte Ankerwinsch ist eine feine Sache. Man hat keine Mühe mit dem Bergen des Ankers, macht sich die Finger nicht schmutzig und steht entspannt mit dem Panel auf dem Vorschiff. Bei Charterschiffen, gebrauchten, speziell älteren Yachten ist sie leider ein Dauerthema.

Macht die Ankerwinde keinen Mucks, prüfen Sie zunächst an der zentralen Schalttafel, ob sie überhaupt Strom bekommt. Manche Installationen sind auf die Bordspannung der laufenden Maschine angewiesen. Vertiefen Sie die Störungssuche mit einem Blick auf die separate Batterie, die kurzer Kabel halber meist in der Nähe des Spills unter den Vorschiffskojen untergebracht und mit einer eigenen Sicherung versehen ist.

Die Fernbedienung kann einen Wasserschaden, ein beschädigtes Kabel oder korrodierte Kontakte haben. Ebenso die Elektrik an der Winsch selbst. Mechanische Probleme mit einer rutschenden Bremse beheben Sie mit nachgezogenen Schrauben und Reinigung der Laufteile. Elektrik und die Montage unterschiedlicher Metalle auf dem exponierten, dauerfeuchten Vorschiff führen zu Elektrolyse (Lochfraß im Aluminium).

Ich hatte über Jahre so viel Theater mit zwei verschiedenen Ankerwinschen und Reklamationen, dass ich das Thema kurzerhand beendet habe. Ein Handspill der Marke Lofrans nahm der Händler (Bukh Bremen) sogar anstandshalber zurück. Es klemmte ab Werk. Man kann fast alles an Bord pflegen, warten und reparieren. Ich finde ablegen und segeln schöner.

Mit sechs Metern Kettenvorlauf und einer handlichen Trosse berge ich meinen 16 Kilo Anker von Hand. Das spart Reparaturen, Geld, Ärger, weit vorne Gewicht und den Rost der irgendwann korrodierten Kette. Ich war früher sicherheitshalber mit einem 30 Kilo Pflugscharanker unterwegs. De Handhabung des Trumms mit Kettenvorlauf war keine Freude. Bei großen Tiefen wurde sich die Trosse nach achtern zur Schotwinsch gelegt. Bei viel Wind oder schlechtem Grund liegt man mit zwei handlichen Ankern sicherer als einem schweren.

Beim großen und schweren Boot und der Charteryacht kommen Sie am Spill nicht vorbei. Wenn Sie ein gebrauchtes Boot mit Spill übernehmen, sehen Sie sich zunächst die Elektrik an. Die Installation ist auf vielen Booten lieblos gemacht, reichlich gebraucht und vernachlässigt.

Beim Ankern schont die gefühlvolle Handhabung der Bremse das Material. Manche lassen die Kette flott durchrauschen und hauen irgendwann brutal die Bremse rein. Das geht nicht lange gut. Praktisch ist es das Ende der Ankertrosse oder -kette mit dem Boot zu verbinden. Das klingt banal, aber eine ausrauschende und im Wasser verschwundene Kette ist richtig blöd. Und wenn Sie den Anker dann später bergen, motoren Sie dahin, wo er liegt. So schonen Sie das Ankerspill und die Batterie.

Blick in eine gebrauchte Whale Gusher Handbilgenpumpe mit krummen Klappen
Blick in eine gebrauchte Whale Gusher Handbilgenpumpe mit krummen Klappen © Swedesail

Bilgenpumpe zieht Luft

Will die Bilgenpumpe nicht, ist die Bilge entweder leer, oder die Klappen am Pumpengehäuse sind alt, krumm und schließen nicht mehr. Mit ein paar Minuten Zeit und Geschick öffnen Sie die Pumpe und gucken sich die Klappen an. Sehr schön ist es, wenn die Pumpe nicht wie abgebildet aus bereits blühendem Aluguß sondern Kunststoff ist, weil sich die Niroschrauben dann problemlos lösen lassen. Bei der gezeigten Pumpe wurde die mittlere Schraube mühsam ausgebohrt. Nach Murphy's Law lässt nicht mindestens eine von vier Niroschrauben im Alu nicht lösen. Falls Sie dann noch im Schapp die passenden Gummiklappen finden, haben Sie wieder eine funktionierende Pumpe.

Eine Explosionszeichnung an Bord oder Online einsehbar hilft ungemein
Eine Explosionszeichnung an Bord oder Online einsehbar hilft ungemein © Whale Gusher

Unterlagen an Bord

Mit Handbüchern, Betriebsanleitungen (auch in Englisch), Explosionszeichnungen und Stücklisten kommen Sie flott zu einem Ergebnis. Die richtige Bestellnummer ist besonders interessant, wenn der Törn von einem speziellen Ersatzteil abhängt.

Ein Ringschlüssel passend zur Propellernabe sollte an Bord sein
Ein Ringschlüssel passend zur Propellernabe sollte an Bord sein © Swedesail

!Fehler sind zum Lernen da
Vor Jahren segelte ich mal zum Abschluß eines herrlichen Segeltages in ein großes Hafenbecken. Nach dem Aufschießer bargen wir die Segel und packen ein. Als ich den Gang einlegte, um zum Liegeplatz zu dieseln, tat sich leider nichts, weder vor- noch rückwarts. Ich verschwand mit der Taucherbrille im Wasser und entdeckte hinter dem Saildrive eine leer ins trübe Türkis des Hafenbeckens ragende Welle. Anscheinend hatte ich bei der Motorenüberholung vergessen, die Mutter hinter der Propellernabe richtig zu sichern. Als ich am nächsten Tag einen (teuren) Ersatzpropeller unter Wasser montierte, zog ich die Mutter hinten auf der Welle gut an. Das gelingt mit einem Ring- statt Maulschlüssel besser. In den nächsten Häfen verschwand ich mit Taucherbrille und dem oben abgebildeten großen Schraubenschlüssel unter dem Boot. Ich wollte wissen, ob das gute Stück noch dran ist und sichergehen, dass er dran bleibt.

Was an Bord sein sollte

  • Taucherbrille und Pfannenwender für Arbeiten unter dem Schiff
  • große Wasserpumpenzange
  • gängige Schraubenschlüssel, für regelmäßige Arbeiten besser Ring- statt Maulschlüssel
  • Torx Schraubendreher für die Drehverschlüsse moderner Skylights
  • Stahl- und Gummihammer zum Losklopfen angebackener Beschläge
  • Schlagschrauber mit verschiedenen Bits für hartnäckige Fälle
  • Winschenfett und WD 40
  • Bootsmannsstuhl
  • Reserveimpeller, Keilriemen
  • Ersatzteilpaket mit Dichtungen und Umschlagklappen für die Bordtoilette
  • Ersatzteilkit für die Bilgenpumpe

Weiterführende Links

VG