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Praxis5 min Lesezeit

Steuer- und Backbord

Wie diese beiden wichtigen Begriffe zustande kamen

Steuer- und Backbord
Bei der Autofähre als Zweiwegeschiff wechselt die Steuer- und Backbordseite mehrmals täglich © Swedesail

Wie die eindeutige Bezeichnung das Bordleben erleichtert. Wo sie herkommt. Rechtslenker bei Motorbooten und englischen Autos. Vorteile grüner und roter Markierungen an Bord.

Von Erdmann Braschos, veröffentlicht am 11.09.2024, aktualisiert am 30.09.2024

Das erwartet Sie in diesem Artikel
  • übliche Eselsbrücken
  • warum es Steuer- und Backbord heißt
  • Rechts- und Linkslenker beim Auto
  • warum Motoryachten den Steuerstand auf der Steuerbordseite haben und Steuerbord als bessere Seite gilt
  • praktische grüne und rote Markierungen an Bord
  • Ausweichregel für Segler: Backbord- vor Steuerbordbug

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Die Bootssprache besteht aus geheimnisvollen Begriffen, einer speziellen, schwer verständlichen Nomenklatur. Als Einsteiger müsste man sie wie Vokabeln auswendig lernen. Nur geht es ja um Freizeit, statt zu büffeln. Am schlimmsten ist es, wenn alte Hasen dann schulmeistern, mit „ganz einfachen Erklärungen“ kommen. Es ist wie mit den Seemannsknoten, die angeblich auch ganz einfach sind – wenn man sie seit Jahren kann.

Dabei langen für den Anfang die wichtigsten Begriffe, wie die Seitenbezeichnungen Steuer- und Backbord. Streng genommen würde Rechts und Links reichen. Dummerweise kommt es dabei immer darauf an, wie man gerade an Bord steht und in welche Richtung man dabei blickt. So kommt es zu Verwechslungen, die Manöver erschwert.

Sind etwa die Fender an der Steuerbordseite anzubringen, ist das unmissverständlich die klar definierte rechte Bootsseite. Und wird bei Seitenwind ein Liegeplatz angesteuert, wo punktgenau die Festmacher beim Vorbeifahren an einem Pfahl auf der Backbordseite anzubringen sind, versteht jeder an Bord, welche Seite gemeint ist. Das sollte klappen, weil es sonst zu Schäden kommt oder das vergeigte Manöver unnötig Arbeit macht.

Deshalb ist die Beherrschung der nötigsten Begriffe der Fachsprache praktisch. Leider ist es für den Anfänger nicht einfach, die Worte den Bootsseiten zuzuordnen. Zum Glück gibt es einige Eselsbrücken, damit man sich merken kann, dass Steuerbord rechts und Backbord links ist. Hier ein paar Beispiele von der Bootsführerschein-Vorbereitung:

  • Steuer immer rechts
  • Nach einer Backpfeife wird die Backe rot
  • Die 4 E's: Steuerbord, Rechts und Gruen
  • Das Herz schlägt links und ist rot
  • In England ist das Lenkrad rechts im Auto
  • Die STRG (Steuerungs- oder Controltaste) beim Computer: ST (Steuerbord) steht für R (Rechts) und G (für Grün)

Welche können Sie sich am besten merken? Vielleicht hilft Ihnen auch folgende Geschichte, wie der Begriff Steuerbord überhaupt zustande kam. Frühe schwimmende Untersätze wie beispielsweise Wikingerschiffe endeten vorn und hinten spitz. So war das Ruder zum Steuern rechts angebracht und der Rücken des Steuermanns – englisch Back genannt – der linken Bootsseite zugewandt. Deshalb heißt sie Backbord.

Wikingerschiffe hatten das Steuer rechts, an Steuerbord

Ebenso eindeutig sind die Farben der Positionslichter. Grün zeigt die Steuerbordseite an und Rot die Backbordseite. So ist es auch in der Luftfahrt, deren Nomenklatur und Farben aus der Schifffahrt stammen.

Seitdem gibt es diese beiden Begriffe. Sie beziehen sich nicht auf die Fahrtrichtung des Schiffes, wie allerorten zu lesen, sondern auf die Bauweise, ist also abhängig vom eindeutigen Bug und Heck des Bootes. Denn das Boot könnte rückwärtsfahren. Und dann?

Nun gibt es Schiffe, wo sich die Steuer- und Backbordseite tatsächlich je nach Fahrtrichtung ändert. Bei Fähren, die zwischen zwei Ufern pendeln, werden die Positionslichter umgeschaltet, weil auf der Hinfahrt der Bug Bug ist, und bei der Rückfahrt das Heck zum Bug wird. Das spart das Drehen des Schiffes nach Verlassen des Hafens, Zeit und Sprit. So dreht sich der Kapitän auf der Kommandobrücke solcher Fähren mehrmals täglich beim Ablegen um. Da wird dann Steuer- zu Backbord und bei der Rückfahrt die Backbordseite wieder zur Steuerbordseite.

Rechts- oder Linkslenker?

Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist die Anordnung des Lenkrads bei englischen Autos auf der rechten, der Steuerbordseite. In der Seefahrernation England wurde das natürlich aus der Nautik übernommen. Und wenn Sie sich mal in Häfen oder beim Bootshändler umschauen, entdecken Sie, dass bei Motoryachten der Steuerstand in aller Regel rechts ist. Außer bei den schicken Riva Booten, da ist er wie bei europäischen Autos wiederum links. Sie entstanden in Italien und Carlo Riva wusste, wie er seine Kundschaft am besten aus der automobilen Welt abholt. Natürlich lieferte Riva seine schicken Mahagonigleiter auch nach England und in die Staaten – wenn es sein musste, als Rechtslenker.

Vorfahrtsregel: Backbord- vor Steuerbordbug

Es gibt einen weiteren Grund, warum sich die Kenntnis der Begriffe lohnt. Begegnen sich zwei Segler auf Kollisionskurs, hat derjenige auszuweichen, dessen Segel sich auf der Steuerbordseite befinden. Auch da gibt es keine Fragezeichen.

Steuerbord als bevorzugte Seite

Und wussten Sie, dass die Steuerbordseite traditionell als bessere Seite gilt? Traditionalisten legen bei der Verteilung der Kojen Wert darauf, eine Steuerbordkoje zu bekommen. Auch die Flaggenführung kennt bei der Nationalen feine Unterschiede. Sie sollte mittig, alternativ steuerbord und eher nicht backbord am Heck wehen.

Ruderführung bei der venezianischen Gondel

Wenn Sie mal nach Venedig kommen und in den Kanälen die vielen Gondeln beobachten, dann sehen Sie Gondolieri, die das lange Ruder Steuerbord führen und wie die Wikinger den Rücken der Backbordseite zuwenden. Tja, so einfach ist das. Ich hoffe, Sie können nun Back- und Steuerbord eindeutig den Bootsseiten zuordnen. Also, das wäre meine Eselsbrücke für Sie: denken Sie an den Gondoliere!

Grüner und roter Saum des Sonnensegels

An Bord meines Bootes gibt es ein großes markisenartiges Dach als Sonnensegel und Regenschutz über der Plicht. Je nach Wetter wird es abends nach dem Anlegen über den Baum gelegt und seitlich an der Reling angebunden. Ich frühstücke lieber im Schatten als in der prallen Sonne. Es hat einige Quadratmeter, reicht von der Achterkajüte über die Mittelplicht bis vor den Niedergang. Damit ich nicht jedes Mal beim Anbändseln überlege, welche Seite wohin gehört und die Sache flott von der Hand geht, sind die Lieken mit einem grünen und roten Saum eingefasst.


Farbige Travellerleinen und Persenningsaum
Farbige Travellerleinen und Persenningsaum © Swedesail


Grüne und rote Travellerleinen
Ich habe viele Jahre mit Gästen gesegelt, meist Einsteigern. Grüne und rote Travellerleinen zum Verstellen des Großschotwagens sollten wie die Säume des Sonnensegels die Bootsseiten farblich zuordnen und erinnern, wo Steuer- und Backbord ist. Dennoch habe ich oft an Bord rechts und links gesagt. Wozu bei Besuchern, die bloß gelegentlich mal einige Tage an Bord sind, schulmeistern und abtörnen?

VG