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Die Sache mit der Bordtoilette

Ein verständliches und fehlbedienungssicheres Bord-WC ist wichtig

Die Sache mit der Bordtoilette
Eigentlich kann man da nichts falsch machen © Xylem Water Solutions Deutschland GmbH

Die Bordtoilette entscheidet über das Wohlbefinden an Bord. Probleme bei der Handhabung schränken das Bordleben deutlich ein. Aversionen gegenüber der als kompliziert erlebten Technik führen dazu, dass die Frau oder Freunde ungern an Bord kommen. Wie der clevere Eigner vorbeugt.

Von Erdmann Braschos, veröffentlicht am 24.08.2021

Das erwartet Sie in diesem Artikel
  • Vor- und Nachteile manueller und elektrischer Bordtoiletten
  • welche Fehler bei der Nutzung des Bord-WCs üblich sind
  • die unschlagbaren Vorteile des vielseitigen Eimers
  • wie das Bord-WC fehlbedienungssicher wird
  • warum ein Ersatzteilset an Bord gehört
  • Tipps zum geruchsfreien Betrieb
  • Empfehlungen zum Kauf einer neuen Toilette
  • Hinweise zum Fäkalientank

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Beim manuellen Bord-WC

werden die Betriebsarten "Spülen" und "Abpumpen" mit einem Kipphebel eingestellt. 15 Hübe an der Pumpe in Spülstellung, etwas Wasser abpumpen, fertig. Wichtig ist, dass die Schüssel nach Benutzen etwa 1/4 gefüllt hinterlassen wird und der Kipphebel in der Abpumpstellung ist. So läuft kein Wasser nach. Ist eigentlich ganz einfach.

Die elektrische Bordtoilette

übernimmt das Abpumpen auf Knopfdruck, was die Fehlbedienung vermeidet. Leider ist der Motor laut. Das ist nachts lästig. Richtig bedient führen elektrische Toiletten dem Fäkalientank wenig Wasser zu. Es gibt Umrüstsätze zum Umbau manueller Bordtoiletten. Die Umrüstung beispielsweise der "Jabsco Par" kostet 420 €.

Wenn es ein elektrisches WC sein soll

auf einen leisen Motor und robusten Zerhacker mit großem Durchmesser achten. Moderne Bordtoiletten sehen aus wie zuhause und ähneln in der Benutzung dem Landstandard. Statt Spültaste gibt es ein meistens verständliches Bedienpanel. Der geringe Verbrauch von 1,5 - 3,5 l erlaubt die Spülung mit Frischwasser: nie Seegras in der Pumpe, kein Gestank bei langen Liegezeiten. Kosten beispielsweise für die "Jabsco Quiet Flush" 550 €.

Wenn eine Sache "eigentlich" - also angeblich - ganz einfach ist, ist sie leider das Gegenteil von einfach. Ein anschauliches Beispiel dafür ist die Bordtoilette. Die kapiert außer dem Eigner und Skipper keiner an Bord. Ganz einfach, weil er das Ding wahrscheinlich selbst eingebaut und zuletzt repariert hat. Weil er bei Schwierigkeiten die Schüssel lieber selbst leer pumpt, statt die Toilette abends zu reparieren. Weil viele Bordtoiletten leider unpraktisch eingebaut sind. Weil bei den vorgeschriebenen Fäkalientanks mit einem Tag undichten Säcken leider ab Werft schlimm gemurkst wird. Weil er weiß, wo der Ersatzteil-Beutel mit den Reserveklappen und Dichtungen liegt. Weil er das Werkzeug zum Öffnen der Pumpe noch von der letzten "Maßnahme" kennt. Weil er mit den sogenannten GWS-Jobs (Gas, Wasser, ...ße) an Bord vertraut ist, und der Urlaub einer bleibt.

Die Bedienung eines manuellen Bord-WCs ist "eigentlich" einfach
Die Bedienung eines manuellen Bord-WCs ist "eigentlich" einfach © Swedesail

Drei Geschichten zum Thema

Vor vielen Jahren segelte ich mal die nordafrikanische Küste entlang. Nach einem mehrtägigen Törn legten wir von Algerien kommend im malerischen Sidi Bou Said an. Der herrliche Hafen liegt gleich neben den Sehenswürdigkeiten des antiken Karthago. Sidi Bou Said ist ein traumhaft gelegenes Künstlerdorf. Tolle Ausgrabungen, Gewölbe und Mosaiken, beeindruckende korinthische Kapitelle sind da zu besichtigen. Erster Programmpunkt nach dem Anlegen war die mehrstündige Reparatur der kaputten Bordtoilette.

Nach Ankunft in der Karibik durfte ich zum Einstand an Bord eines fremden Bootes die Bordtoilette reparieren. Müde vom langen Flug hatte ich versucht, die Schüssel gegen den Widerstand eines geschlossenen Seeventils zu leeren. Es war die Pest ein Charterbootklo zu flicken, statt oben an Deck den Sundowner an Deck zu genießen.

Niemals gegen Widerstand pumpen

Während eines Dänemark-Törns schämte sich die Frau eines langjährigen Segelfreunds tagelang, weil sie mal vergessen hatte, den Wählhebel der Pumpe an Bord meines Bootes von der Spül- in die sichere Abpumpstellung zu legen. Abgesehen von etwas Hafenwasser in der Bilge war nichts passiert. Im nächsten Winter hob ich die Toilette auf einer Konsole so weit an, dass sie im Hafen zwar voll-, jedoch nicht überläuft. Die Mühe hat sich gelohnt. Denn es kommt immer wieder mal vor, dass jemand das Umlegen des Wählhebels in die sichere Abpumpstellung vergisst.

Eimer statt Bord-WC?

Einfach, nämlich fehlbedienungssicher ist allein der klassisch schlichte Eimer. Wasser rein, drauf hocken, außenbords leeren, weglegen. Leider hat der Eimer drei Nachteile. Die kleinen Nachteile sind die Abdrücke vom Henkel an der Back- und Steuerbordseite vom Gesäß. Der große ist, dass sich 50 Prozent der Menschheit beharrlich weigern, diese vielseitige, superpraktische und komplett wartungsfreie Gerätschaft zu benutzen. Das hat neben anatomischen Gründen etwas mit weiblicher Schamhaftigkeit zu tun.

Nach einem Vortrag zum Bord-WC verzichtet Frau meist dankend

Ich habe schon Gäste an Bord gehabt, die den ganzen Tag nicht zur Toilette gingen, immer öfter fragten, wann wir da sind - und nach dem Anlegen im Hafen losrannten.

Beim Bord-WC gilt das an Bord stets zu beherzigende KISS-Prinzip: Keep it simple and stupid. Es sollte so übersichtlich installiert und fehlbedienungssicher sein, dass man es beinahe wie zuhause benutzen kann. Dann kommen auch die Frau, Freunde und Besucher damit klar.

Den Wählhebel zum Spülen und Abpumpen immer komplett umlegen

Erleichtern Sie Freunden und sich das Bordleben mit einer Anleitung
Erleichtern Sie Freunden und sich das Bordleben mit einer Anleitung © Swedesail

  • eine Anleitung mit Piktogramm vermeidet das nächste Malheur
  • machen Sie die Toilette fehlbedienungssicher (wenn möglich Betrieb mit permanent offenen Ventilen)
  • ist der Seewasserzulauf zum Spülen nah an der Wasserlinie angebracht: tiefer setzen, damit die Pumpe auch beim Segeln mit Krängung Wasser zieht
  • der Wählhebel zum Einstellen des Spül- oder Abpumpbetriebs muss stets komplett umgelegt sein. Sonst ist die Pumpe bald kaputt
  • soweit baulich möglich: heben Sie die Schüssel der Bordtoilette mit einer Konsole so weit an, dass sie beim stillliegenden Schiff zwar fast voll, jedoch nicht überläuft
  • prüfen Sie nach der Übernahme eines Bootes, wie tief in Bezug zur Wasserlinie das WC an Bord des beladenen Schiffes untergebracht ist. Beim traditionellen Boot mit V-förmiger Spantform sitzen die Kajüten tiefer im Schiff als bei der modernen, U-spantigen Yacht, wo auch die Toilette meist über der Wasserlinie angeordnet ist. An Bord meines Bootes genügten etwa zehn Zentimeter. Die Konsole wurde aus pflegeleichtem und einfach zu bearbeitendem Industriekunststoff angefertigt
  • halten Sie den Fäkalientank möglichst einfach: Leerung auf See ohne zusätzliche Pumpe mit fallender Leitung (spart eine wiederkehrende Wartung)
  • das Bord-WC ist wie der Abwasserschlauch ein Verschleißteil und alle paar Jahre zu wechseln
  • notieren Sie, welches Toiletten-Fabrikat und Modell in welcher Version eingebaut ist. Ein PDF im Rechner mit den Bootsunterlagen und eine Explosionszeichnung mit Stückliste und Bestellnummern an Bord erleichtert die Reparatur
  • gängige Ersatzteile wie ein Reparaturset mit den Umschlagklappen/Dichtungen und passendes Werkzeug (Schraubendreher und Schlüssel) sind Urlaubs-entscheidend
  • verkalkte oder verdreckte Pumpzylinder werden mit Winschenfett oder Speiseöl (keinesfalls Motoröl) leichtgängig
  • auf scharfe, das Innenleben der Pumpe beschädigende WC-Reiniger verzichten
  • viele Skipper erwarten, dass das benutzte Papier separat in einen Mülleimer wandert. Eine unhygienische Lösung. Ich hatte noch nie Probleme mit Toilettenpapier solange gut gespült wird
  • Yachten mit großen Tanks spülen ihre Toilette mit Fischwasser. Dann stinkt es nach Liegezeiten des Bootes nicht faulig. Salzwasser riecht im Sommer nach wenigen Tagen

Seitenansicht meiner Swede 55. Besorgen Sie sich den Einrichtungsplan Ihres Bootes und berücksichtigen Sie die tatsächliche anstelle der geplanten Wasserlinie
Seitenansicht meiner Swede 55. Besorgen Sie sich den Einrichtungsplan Ihres Bootes und berücksichtigen Sie die tatsächliche anstelle der geplanten Wasserlinie © Swedesail

  • der Hauptgrund für ständig reparierte Bord-WCs ist der in Segelschulen vermittelte praxisferne Quatsch, die Seeventile des Seewasserzulaufs und des Abflusses permanent geschlossen zu halten, sie nur vor dem Gebrauch zu öffnen und danach wieder zu schließen. Es gibt Boote, bei denen das beim Segeln genauso nötig ist, damit das Schiff nicht vollläuft. Geschlossene Seeventile beim Pumpen sind allerdings Ursache Nr. 1 für ständig reparierte Bord-Toiletten. Wozu kompliziert und nervig, wo es doch meistens einfach geht? Gucken Sie sich die Installation an Bord ihres Bootes in Ruhe an und prüfen Sie, wie sie sich vereinfachen lässt. Oft bietet bereits der Einrichtungsplan (Längsschnitt des Bootes) Hinweise, wie tief die Bordtoilette im Schiff eingebaut ist. Ganz wichtig: vergleichen Sie die vorgesehene Wasserlinie mit der tatsächlichen Schwimmlage des Bootes.
  • wenn irgend möglich und erlaubt: den Fäkalientank nebst Installation zur Entnahme an Deck und Entlüftung weglassen: Keep it simple.

Solch ein Beutel mit üblichen Pumpenersatzteilen für wenige € rettet den nächsten Törn
Solch ein Beutel mit üblichen Pumpenersatzteilen für wenige € rettet den nächsten Törn © Swedesail

Fäkalientank

Die "Helsinki-Kommission" HELCOM schreibt seit 2005 vor, dass Boote auf Nord- und Ostsee ab Baujahr 1980 einen Fäkalientank haben müssen. Das macht die Handhabung und Wartung auf kleinen bis mittelgroßen Booten und Yachten mit mehreren Toiletten kompliziert. Im Unterschied zur bisher üblichen Installation, wo alles direkt außenbords geht, füllt sich der Fäkalientank nach gründlichem Spülen der Toilette schnell. Flexible Fäkalientanks aus robusten Plastiksäcken sind zwar günstig und rasch eingebaut, aber im Betrieb ärgerlich. Aber besten bald raus damit. Niemand möchte einen vergessenen, undichten oder geplatzten Fäkalientank aus dem Boot heben und den ganzen Dreck aus der Bilge wischen.

Hinweis: Alle genannten und abgebildeten Produkte wurden vom Autor regulär bezahlt

Welche Toilette ist empfehlenswert?

Ich bin seit Jahren mit dem Nachfolger des bewährten manuellen Par Brydon Modells unterwegs. Sie wird heute von Jabsco vertrieben und ist so günstig, dass man sie alle paar Jahre neu kaufen kann. Bei einer Reparatur der Pumpe sind die Schrauben im Kunststoffgehäuse mit Gefühl anzuziehen. Kosten Toilette 160 - 180 €, Servicekit mit den gängigen Ersatzteilen (Klappen und Dichtungen) etwa 47 €. Entscheiden Sie sich bei der Auswahl zugunsten der Ersatzteile für ein gängiges Modell.

Auf Binnengewässern mit strengen Vorschriften geht es nur mit Chemie-Toilette.

Übliche Wartung

Ich öffne die Pumpe, wenn angesaugtes Seegras die Gummiklappen blockiert und in der ansonsten sicheren Abpumpstellung Wasser nachkommt. Unterwegs auf See spüle ich das ganze System regelmäßig. So bleibt die Installation lange geruchsfrei.

geruchsdichten Schlauch nehmen

Sparen Sie nicht beim Fäkalienschlauch. Leider bauen Werften aus Kostengründen billige, bald stinkende Schläuche ein. Kaufen Sie stattdessen beim anstehenden Wechsel die beste Qualität für etwa 23 € je Meter statt 15 €. Dann stinkt der Schlauch später. Den Schlauch im Sommer bei warmen Temperaturen wechseln. So lässt er sich besser als bei Kälte im Winterlager verlegen. Ich wechsele den Fäkalienschlauch alle 5 - 7 Jahre. Einmal die nötige Länge notieren. Die Nenn- sprich Innenweite des Schlauchs ist üblicherweise 38 mm, 1 1/2 Zoll. Sobald es im Toilettenraum riecht, ist der neue Schlauch bestellt. Mit Geschick wird er im schwimmenden Boot gewechselt. Der Schwanenhals ist deutlich über die Wasserlinie zu führen. Am besten kriegt man es mit vier statt zwei Händen hin.

Weiterführende Links

VG