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Seeventile wechseln
Wie Sie alte Armaturen oder solche aus minderwertigem Messing an Bord ersetzen

Im vorigen Beitrag "Seeventile: Vorsicht Billigheimer" wurde erklärt, warum minderwertige Armaturen gefährlich sind und wie man die Billigheimer erkennt. Hier wird gezeigt, wie einfach der Austausch ist und worauf Sie dabei achten sollten.
Von Erdmann Braschos, veröffentlicht am 30.05.2017, aktualisiert am 21.02.2023
Das erwartet Sie in diesem Artikel
- Anleitung zum Wechsel
- wie bündige Borddurchlässe ins Schiff kommen
- welche Fabrikate und Materialien nehmen?
- Tipps zu Zeit, Kosten, Werkzeug und Temperaturen
- worauf bei der Auswahl neuer Armaturen zu achten ist
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Dieser Artikel erscheint in zwei Teilen:
- Teil 1: Seeventile: Vorsicht Billigheimer
- Teil 2: Seeventile wechseln
Der Wechsel ist für den routinierten Bootsbauer und DIY-Eigner keine große Sache. Bohren Sie die alte Borddurchführung von außen aus oder trennen (sägen oder flexen) sie innen nah am Rumpf ab. Sie setzen die neue Borddurchführung bei geeigneten Temperaturen mit Dichtmasse ein und lassen sie trocknen. Am nächsten Tag werden Ventil und Schlauchtülle mit Hanf und Fermit montiert, schön ausgerichtet, der Schlauch montiert - fertig.
Sie brauchen Platz zum Anziehen der Mutter zur Borddurchführung, zur Montage von Ventil und Tülle. Hat die Werft nicht nachgedacht, sind leider Teile des Interieurs zu entfernen. Manchmal kann die alte Bohrung der Borddurchführung nicht bleiben und es muss eine neue angebracht werden. So kommt ein Laminier- und Spachteljob mit Anschleifen, Material, geeigneten Temperaturen und Zeit hinzu. Man «verbrät» Stunden mit solchen Weiterungen rings um eine «eigentlich» einfache Sache.
Prüfen Sie beim Armaturenwechsel zunächst die Platzverhältnisse
Demontieren Sie die Armatur bald nach Auswassern des Bootes. So bleibt Zeit zum Überwinden von Hindernissen. Sie brauchen:
- einen Winkelschleifer
- große Rohrzange
- Eisensäge
- einen Hammer, ggf. Rohrmaterial (Reste) oder Holz zum Rausklopfen der Borddurchführung
- eine Atemschutzmaske (Messingstaub ist nicht gesund)
Ist die Borddurchführung in Ordnung und lediglich Ventil und Tülle zu wechseln, versuchen Sie zunächst, das Ventil von der Borddurchführung zu drehen. Ein Installateur hat das mal an Bord meines schwimmenden Bootes gemacht, während ich außen im Hafenwasser die flache Hand auf das Loch hielt. Er drehte innen das alte Ventil ab und montierte das Neue mit Hanf und Fermit. Beim ersten Klopfen ging es los. Beim zweiten Klopfen war er fertig - und ich erleichtert.
Wer handwerklich geschickt ist, wechselt die Armatur selbst
Doch zurück zur großen Lösung an Land: Profis bohren die Borddurchführung von außen mit einem sogenannten Kegelsenker aus. Üblich sind Borddurchführungen mit einem dicken Bund, der außen auf der Bordwand sitzt. Wer keinen großen Kegelsenker hat oder dieses selten gebrauchte Spezialwerkzeug nicht bei einem Bootsbauer ausleihen kann: Mit Geschick lässt sich der Bund auch mit dem schräg angesetzten Winkelschleifer von außen flott entfernen.
Das Abtrennen der Armatur per Trennscheibe innen im Schiff geht schnell, ist jedoch eine dreckige Angelegenheit. Die Trennscheibe verteilt den Messingstaub rings um den Arbeitsplatz. Es lohnt sich in jedem Fall, das Interieur ringsum mit Plastikfolie abzukleben, da man den Staub später schlecht aus den Ritzen im Schiff bekommt. Die Trennscheibe wird möglichst nah an der Bordwand angesetzt und die Borddurchführung samt Mutter abgeschnitten. Es ist wenigen Minuten gemacht. Sicherheitshalber in Etappen arbeiten. Das Metall wird heiß. Planen Sie sind Pausen zum Abkühlen ein.
Es gilt die Nennweite des Schlauchs
Bei der Auswahl der neuen Armatur orientiert die Nennweite des Schlauchs. Sie ist das Maß aller Dinge. Prüfen Sie auch die Weiten von Borddurchführung und Ventil (dort steht sie drauf). Die vorgefundenen Querschnitte sind bei der Cockpitentwässerung oder dem Kühlwasserzulauf für die Maschine in jedem Fall einzuhalten. Sonst läuft das Wasser aus der vollgeschlagenen Plicht zu langsam ab oder die Maschine wird heiß.
Erstellen Sie einen Ventilplan
Tipp: Sollte es zum Boot keinen Ventilplan geben, notieren Sie alle Borddurchlässe, Nennweiten und das Alter/den letzten Wechsel. Das ist schnell gemacht. Schon haben Sie einen und das Thema im Griff.
Ich stelle seit einer Weile auf Kunststoff-Armaturen von Trudesign um. Mittlerweile habe ich die dritte Armatur aus diesem Material eingebaut. Sie besteht aus einer Nylon-Glasfaser-Mischung und lässt sich mit Harz oder Spachtel einkleben. Sie ist nach dem Aushärten Teil des Rumpfes und somit garantiert dicht. Der Charme dieser Armaturen ist außerdem, dass sich Ungenauigkeiten bei der Montage leicht ausgleichen lassen, da sie mit Epoxidspachtel montiert werden. Das ist besonders bei der versenkten Ausführung interessant, wo der Bund nicht außen bremsend auf der Bordwand sitzt, sondern widerstandsarm in die Außenhaut eingelassen ist. Wenn schon, denn schon. Oder?
Warum Sie Trudesign Tüllen grundsätzlich mit Epoxidspachtel einkleben sollten
Das Material ist korrosionsfrei, die Armatur ist schick und dank des Hebels mit eindeutiger offen/zu Stellung fehlbedienungssicher. Allerdings sind sie größer und teurer als Metallarmaturen. Beim Aluminiumboot (Thema Elektrolyse) ist diese Variante unverzichtbar. Ich würde sie auf keinen Fall mit üblicher Sikaflex-Dichtmasse einbauen, wie ich es neulich bei einem Blauwasser-Experten auf YouTube sah. Das ist Murks, weil sich die Kunststoffmutter der Borddurchführung nicht wie bei der Metallausführung anziehen lässt. Die Gefahr, dass die Tülle beim Anbringen oder Betätigen des Ventils später mitdreht und der ganze Spaß unterwegs undicht wird, ist zu groß.
Trudesign bietet bündig im Rumpf sitzende Borddurchführungen. Zwar macht es etwas Mühe, die angesenkte Bohrung mit dem Halbrundraspel oder einem Deltaschleifer mit 40er-Papier in der Bordwand anzubringen. Immerhin ist der Job in zwei Stunden gemacht.
Dabei gehen Sie am besten folgt vor: Loch der Borddurchführung mit einem sogenannten Lochsägebohrer (gibt es in verschiedenen Größen im gut sortierten Baumarkt) anbringen, soweit nicht die vorhandene beibehalten wird. Im Zweifel bohren Sie natürlich ein kleineres Loch. Der Durchmesser lässt sich mit dem Halbrundrasel flott im Laminat vergrößern. Nun zeichnen Sie den äußeren Rand des Bunds mit Bleistift auf der Bordwand an und bringen die Schräge zunächst mit dem Halbrundraspel, danach mit einem Deltaschleifer mit grobem Papier (40er-Körnung) an. Das Papier muss oft gewechselt werden.
Sicherheitshalber raue ich die Bordwandinnenseite mit dem Deltaschleifer an und verstärke die Umgebung mit einigen Lagen Glasfasergewebe und Epoxdharz. Nach dem Aushärten des Laminats wird die Bohrung erneut im nachträglich angebachten Pflaster angebracht und die Borddurchführung mit Epoxidspachtel montiert. Beidseitiger Auftrag der Spachtelmasse auf der Schräge in der Bordwand, unter dem Bund der Borddurchführung und am Übergang vom Bund zum Gewinde stellt sicher, dass die Armatur ringsum satt im Spachtel sitzt. Da muss man sich um die Dichtigkeit keine Gedanken machen. Dank der Zähigkeit des Spachtels kann der Job allein gemacht werden.
Stecken Sie die Borddurchführung von außen ins Schiff und ziehen die Mutter innen zunächst handwarm an. Danach wird die herausgedrückte Spachtelmasse am Übergang vom Bund zur Bordwand glatt gezogen. Je nach Geschick braucht es weitere Arbeitsgänge zum Beischleifen des überschüssigen Spachtels und Füllen der letzten Unebenheiten. Abschließend wird alles mit dem Exzenterschleifer (80, 100 bis 120er-Körnung) an die Bordwand beigeschliffen.
Das Schließen des alten Lochs in der Bordwand ist keine große Sache. Rauen Sie die Umgebung innen mit dem Deltaschleifer und schließen Sie mit einigen Lagen kreuzweise angebrachtem Gewebetape. Beim Auftragen des Epoxidspachtels sollte ein Helfer von innen mit der Hand gegenhalten, damit das Tape beim Spachteln des Lochs am Platz bleibt. Eine konische, außen dicke, innen dünnere Bohrung stellt sicher, dass der Pfropfen aus Epoxyharz auch bei großem Druck am Platz bleibt. Nach dem Aushärten des Spachtels ziehen Sie das Tape ab. Wahrscheinlich ist es überflüssig, die Stelle innen auf der Bordwand mit einigen Lagen Glasfasergewebe und Epoxidharz zu sichern, aber es beruhigt beim 47 mm Loch einer 1 1/2 Zoll Borddurchführung halt.
Mit geschickter Einteilung der Spachtel- und Laminierjobs sparen Sie Zeit zur Arbeitsvorbereitung und auch Material, zumal immer etwas mehr Spachtelmasse und Harz-Härtermischung vorbereitet wird, als tatsächlich verbraucht wird. Die Reste wandern nach jedem Arbeitsgang in den Müll. Epoxidspachtel und Epoxidharz sind teuer.
Empfehlenswert
- Kunststoffarmaturen aus korrosionsfreiem Nylon von Trudesign
- ein kompetenter Yachtausrüster wie SVB, aber auch hier im Internet/Katalog genau hinzuschauen
- sogenannter DZR-Messing mit geringem Zinkanteil (max. 15 %)
- die langlebige Bronzelegierung CB491K (Rotguss mit hohem Kupfergehalt)
- eine komplette Nirosta-Armatur
Zur Montage beim Kunststoffboot (Massivlaminat)
- halbrund Raspel zum Anpassen des Gfk-Laminats bei der bündigen Variante
- Deltaschleifer mit 40er-Papier bei bündiger Variante
- Schraubenschlüssel/große Rohrzange zum Anziehen der Mutter der Borddurchführung
- Glasfasergelege, Epoxidharz und -härter zum Verstärken der Bordwand innen um die Borddurchführung
- Sikaflex zum Eindichten der Borddurchführung aus Metall
- Epoxidspachtel zum Einkleben der Borddurchführung (Kunststoff-Variante)
- Exzenterschleifer (Körnung 80 - 120) mit Absaugung, Atemschutzmaske
Der Einbau ist mit geeignetem Werkzeug und Dichtmitteln in überschaubarer Zeit in mehreren Arbeitsgängen gemacht. Die Borddurchführung wird mit Sikaflex oder Epoxidspachtel eingesetzt. Bei der Verarbeitung sind Mindesttemperaturen von 10 - 15 Grad und die Zeit zum Aushärten zu berücksichtigen. Es lohnt mehrere Armaturen in einem Aufwasch zu wechseln, wenn man den Job verstanden hat und die Arbeit dann entsprechend flott von der Hand geht. Zunächst in einem Rutsch die fraglichen Armaturen ausbauen, danach die Bohr-, Raspel- und Laminierjobs. Dann die Montage mit Einsetzen der Borddurchlässe in Epoxidspachtel.
Abschließend werden die Gewinde entweder mit Hanf und Fermit oder Teflonband abgedichtet. Bei der Gelegenheit wechseln Sie die Schläuche und Schlauchschellen gleich mit. So haben Sie die nächsten Jahrzehnte Ruhe. Korrosion gibt es bei Nylonarmaturen nicht.
Alle genannten Produkte/Werkzeuge wurde vom Autor regulär bezahlt.
DIY oder bezahlen?
Die DIY Variante rechnet sich mit handwerklicher Erfahrung, der nötigen Zeit und soweit das nötige Werkzeug vorhanden ist. Haben Sie weder Lust noch Zeit dazu, lassen Sie die Armatur vom Bootsbauer Ihres Vertrauens prüfen und ersetzen. Für den Wechsel einer normal zugänglichen Armatur sind je nach Material 240 bis 400 € einzuplanen (Preise Stand 2015).
Machen Sie einen Bogen um
- Armaturen aus üblichem Baumarktmessing für Frischwasserinstallationen
- Armaturen aus sogenanntem Automatenmessing M58, MS588, CW617N, vernickeltem CR-Messing oder «Sondermessing»
- Armaturen aus verschiedenen Metallen (Elektrolyse)
- Ventile mit Handrädern: unklare offen/zu Stellungen