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Kaufberatung13 min Lesezeit

Ein oder zwei Rümpfe?

Was Sie über die Vor- und Nachteile beider Bootstypen zum Fahrtensegeln wissen sollten

Ein oder zwei Rümpfe?
Schwimmendes Zuhause mit reichlich Platz für die Bucht © Boat24

Fahrtenkatamarane sind eine interessante Alternative zur herkömmlich einrümpfigen Yacht. Aus guten Gründen. Was spricht für diesen Bootstyp und was für den Monohull?

Von Erdmann Braschos, veröffentlicht am 28.02.2023

Das erwartet Sie in diesem Artikel
  • ein Leitfaden, der Sie Punkt für Punkt zu einer guten Entscheidung führt
  • ein sachlicher Blick auf die unschlagbaren Vorteile des Fahrtenkatamarans
  • welche Nachteile der Fahrtenkat hat
  • wieviele qm Segelfläche pro Tonne ein Fahrtenkat braucht
  • Formel zum Abstand Wasserlinie Brücke
  • zwei K.O.-Kriterien des Fahrtenkatamarans
  • die Vor- und Nachteile der einrümpfigen Fahrtenyacht
  • warum sie sich keinesfalls «trocken» entscheiden sollten

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Seit Jahrzehnten diskutieren Segler welcher Bootstyp besser ist: Mono oder Kat? Wie im sonstigen Leben auch beantwortet sich diese Frage durch Prägung, also Gewohnheit und weltanschauliche Gesichtspunkte. Die sind aber für jemand, der Orientierung sucht, nicht interessant. Deshalb dieser sachliche Blick auf's Thema, geschrieben von einem passionierten Einrumpfsegler nach wiederholten Ausflügen in die Katamaran-Welt. Mit zwei abschließenden persönlichen Bemerkungen. Ohne die geht's nicht.

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Yachten werden heute überwiegend anhand Komfortgesichtspunkten gekauft. Artikel, Bootstests oder Präsentationen bei YouTube streifen das Thema Segeleigenschaften eher kurz. Ausführlich ist stattdessen die Beschäftigung mit dem Platz unter Deck, der Aufteilung der Kajüten, Kojenmaßen, Stauräumen und dem Finish des Innenausbaus:

  • wie groß sind Pantry, Schränke, Schapps und Schubladen?
  • wie sitzt man im Salon?
  • wie viele Sanitärräume gibt es und wie groß sind die?
  • wie sehen die Duschen aus?

Ferienwohnung mit Seeblick - auf einem 45 Fuß Kat
Ferienwohnung mit Seeblick - auf einem 45 Fuß Kat © Fountaine Pajot - Gilles Martin Raget

Man kann darüber streiten, ob der ausschließliche Blick auf die Wohnlichkeit richtig ist. Doch sind wir nun mal Landmenschen, die ihre Gewohnheiten und Erwartungen von zu Hause an Bord mitbringen. Wie nutzen wir das Boot tatsächlich? Als schwimmende Datsche für die ersehnte Auszeit vom Arbeitsleben oder Segelspaßmaschine? Machen wir uns nichts vor: ablegen ist für die Mehrheit weniger wichtig. Und wenn man älter wird, ohnehin. Vielen genügt es, das Wochenende kommod an Bord und den Urlaub mit Buchtenbummeln zu verbringen. Der Bootsbesitz mit Segeloption ist heute der gefragte Lifestyle. Für den Aussteiger und Weltenbummler mit wochenlangem Aufenthalt in verschiedenen Traumrevieren ist die Lebensqualität an Bord ebenfalls entscheidend. Das Boot ist Transportmittel dorthin.

Blick vom «Eßzimmer» mit Pantry zum Niedergang in den steuerbord Rumpf
Blick vom «Eßzimmer» mit Pantry zum Niedergang in den steuerbord Rumpf © Leopard Katamarans

Buchtenbummeln mit Beletage

Hier punktet der Mehrrümpfer mit seinem enormen Platzangebot im rechteckigen Grundriss. Er bietet räumlich wirklich getrennte Kajüten und so Rückzugsmöglichkeiten vom sonstigen Bordleben. Das ist beim Urlaub mit Kindern oder Fremden an Bord ein weiteres Plus. Bereits beim Fahrtenkat mittlerer Größe hat jede Kabine ihren eigenen Toilettenraum mit Dusche. Wer lange an Bord lebt und arbeitet, richtet eine Kajüte in einem der seitlichen Schwimmer als Büro oder Werkstatt her. Etwa 80 Prozent aller Bareboat-Charteryachten in der Karibik sind Katamarane. Für den Weltenbummler und easy going-Bootsurlauber ist die Frage Ein- oder Zweirümpfer anhand dieses einen Kriteriums bereits beantwortet. Wie die Fotos zeigen, sind Platz und Komfort eines Fahrtenkatamarans schlicht "Waow".

Bordleben auf einem 40 Fuß Katamaran - mit Motoryacht-Komfort
Bordleben auf einem 40 Fuß Katamaran - mit Motoryacht-Komfort © Fountaine Pajot - Gilles Martin Raget

Segeln und Ankern mit Panoramablick

Auch die zahlreichen Staumöglichkeiten in den beiden Rümpfen und Mittschiffs überzeugen. Bordfahrräder, Außenborder, Tauchausrüstung oder Werkzeug verschwinden beim Kat problemlos. Der Clou des Fahrtenkatamarans ist der Salon samt Pantry. Er befindet sich auf der Brücke zwischen den Rümpfen. Anders als bei den meisten Einrümpfern ist er luftig und dank großen Fenstern hell. Diese ringsum geschützte Beletage bietet unterwegs auf See einen Panoramablick auf's Wasser. Das ist die ersten Tage an Bord und für Naturen, die generell von der Seekrankheit geplagt sind, ein echtes Plus. Denn wer unterwegs den Horizont oder die Küste sieht, wird wahrscheinlich nicht seekrank.

Ungestörte Entspannung und Sonnenbaden auf dem Trampolin
Ungestörte Entspannung und Sonnenbaden auf dem Trampolin © Boat24

Ein Kat braucht keinen kardanischen Herd

Diesen wunderbaren Ausblick hat man auch in der Badebucht oder im Hafen: aufs Wasser, zum Strand und andere Boote. Mit zahlreichen Sitzgelegenheiten ist der Fahrtenkat die perfekte Plattform für die kleine oder große abendliche Sause. In südlichen Gewässern und bei schönem Wetter bleibt die Schiebetür zur Plicht offen. Damit ist der Katamaran ähnlich wie die mittelgroße bis große Motoryacht ideal zum Chillen und den langen Abend mit Freunden.

Leopard 50: Platz und Sonnenschutz wie an Bord einer großen Motoryacht
Leopard 50: Platz und Sonnenschutz wie an Bord einer großen Motoryacht © Leopard Katamarans

Hinzu kommt der stufenlose Lebensraum von Plicht und Salon ohne Stolperfallen. Das gibt es sonst nur bei der großen Motoryacht. Angenehm ist auch der Sonnenschutz. Beim modernen Fahrtenkat bleibt es unter dem weit nach achtern geführten Kajütdach schattig.

Auf dem Dach bringen Sie Solarzellen quadratmeterweise unter. An Bord der einrümpfigen Yacht ist das mit zusätzlichen Geräteträgern mühsam und häßlich. Autarkie an Bord verlangt bei gestiegenen Erwartungen und Verbrauchern reichlich nachgeladene Amperestunden.

Das Dach moderer Fahrtenkatamarane bietet Sonnenschutz und Platz für Solarzellen
Das Dach moderer Fahrtenkatamarane bietet Sonnenschutz und Platz für Solarzellen © Fountaine Pajot - Gilles Martin Raget

Gute Staumöglichkeit für das Beiboot

Schöner, als auf dem Trampolin zwischen den vorderen Rümpfen können Sie kaum faulenzen und irgendwo in der Ferne die Sonne untergehen lassen. Hinter der achteren Verstrebung der beiden Rümpfe hängt das Beiboot startklar an den Davits. Kats ab 40 Fuß (ca. 12 m) Länge ermöglichen es dank ihrer Breite zudem, bereits ein RIB, also ein Schlauchboot mit festem, V-förmigem Bootsboden zwischen die Rümpfe zu hängen. Auf den meisten Einrümpfern ist das Thema Beiboot nicht oder schlecht gelöst.

Das Beiboot ist beim Kat leicht und bequem verstaut
Das Beiboot ist beim Kat leicht und bequem verstaut © Boat24

Auch wenn der moderne Fahrtenkatamaran mit Kielstummel, Saildrive oder Motorwelle mit Propeller und Ruderblättern einen gewissen Tiefgang hat, ist er deutlich geringer als bei der mittelgroßen bis großen Fahrtenyacht, wo ohne weitere 2 m und mehr zusammen kommen. So werden Flachwasserreviere und die geschützten Winkel vieler Buchten zugänglich. In der dänischen Südsee beispielsweise sind Sie ab zwei Meter Tiefgang eingeschränkt. ½ oder ein Meter weniger Tiefgang sind entscheidend. Sie ankern in flacherem Wasser, also besser vor Wind und Schwell geschützt. Der Weg vom Ankerplatz an Land ist kurz.

Die große Freiheit auf 47 Fuß mit drei Decks und erträglichem Tiefgang
Die große Freiheit auf 47 Fuß mit drei Decks und erträglichem Tiefgang © Fountaine Pajot - Gilles Martin Raget

Auf ebenem Grund ist mit dem Kat Trockenfallen kein Thema. Er steht auf beiden Rümpfen gerade und sicher. Auch beim Ankerbergen punktet der Kat. Das Geschirr wird eine Weile zwischen den Rümpfen durchs Wasser gezogen und gut gespült geborgen.

Schräglage macht Einsteigern Angst und ist auf Dauer selbst für versierte Salzbuckel beklemmend. Beim Kat bleiben Tassen, Flaschen, Bücher oder das Handy stehen oder liegen, wo sie sind. Versuchen Sie mal an Bord eines Einrümpfers auf See zu kochen. Beim Kat bleiben die Töpfe auf dem Herd. Karla und Bobby Schenk haben zehn Jahre an Bord eines Katamarans vom Typ Privilege 465 (14,30 Meter mal 7,30 Meter) gelebt und das Bordleben unterwegs in diesem Video anschaulich verglichen.

Bobby Schenks Vergleich der Schiffsbewegungen eines Einrümpfers zum Katamaran (bobbyschenk.de)

So leben Sie auf dem Kat wie in der Ferienwohnung. Und abends in der Ankerbucht steht das Gefährt ruhig wie ein Caravan auf der Wiese, während die Einrumpfboote nebenan bei quer laufendem Schwell übel schaukeln. Das kann je nach Windrichtung und Altsee so unangenehm werden, dass einrümpfige Motor- und Segelyachten in den nächsten Hafen müssen.

Eines mehrerer «Schlafzimmer» unter Deck
Eines mehrerer «Schlafzimmer» unter Deck © Leopard Katamarans

Soweit die Vorteile des Katamarans. Eigentlich ist die Frage schon entschieden, oder? Nicht ganz, denn es gibt auch gravierende Nachteile:

Da ist erstens das Thema Liegeplatz. Ein moderner Fahrtenkatamaran benötigt so viel Platz, dass Sie auf Dauer viel Liegegebühr zahlen. Ein 50 Fuß langer Fahrtenkat ist um die 8 Meter breit. Stecken Sie im Arbeits- und Landleben, nutzen Ihr Boot also nur wenige Wochenenden oder Wochen im Jahr, ist das im Süden ein wichtiger Punkt. Für den Katamaran zahlen Sie die doppelte Liegegebühr. Mittelmeer-Marinas sind richtig teuer. Bevor Sie sich einen Katamaran zulegen, klären Sie am besten die entscheidende Frage, wo und zu welchen Konditionen er auf Dauer liegt.

45 Fuß Kat: Komfort wie zuhause, mit schönerem Ausblick
45 Fuß Kat: Komfort wie zuhause, mit schönerem Ausblick © Leopard Katamarans

Wenn Sie an Bord leben und mit dem Kat Monate oder Jahre unterwegs sind, gleichen Sie dieses Manko aus, indem Sie ankern. Allerdings ist es nach einer langen Passage schön, wieder in Schrittweite einer Kaimauer oder eines Stegs zu liegen. Besorgungen, Reparaturen, der abendliche Restaurantbesuch und Crewwechsel sind hier Welten bequemer. Auch treffen Sie in der Marina eher gleichgesinnte als draußen vor Anker.

Der zweite Nachteil sind die Segeleigenschaften. Hier entscheiden zwei Punkte. Ein mit vollen Tanks und Extras für große Fahrt beladener Fahrtenkatamaran fährt nicht. Der gezeigte «Leopard 50» ist um die 20 Tonnen schwer, beladen und mit vollen Tanks deutlich mehr. Besonders beim kleinen Katamaran macht sich Zuladung gravierend bemerkbar. Am Wind Kurse sind mit einem Fahrtenkatamaran mühsam, bei starkem Wind unmöglich. Der enorme Windwiderstand der von Modellzyklus zu Modellzyklus hochbordigeren Rümpfe und auch der hohen Aufbauten hat seinen Preis. Wenden klappen nur mit Tricks und Motorhilfe. Sollten Sie auf Segeleigenschaften Wert legen, schauen Sie bei der Auswahl des Modells also genau hin. Entscheiden Sie sich im Zweifel für einen größeren Kat, der überlegt, also sparsam ausgestattet ist und hochwertig, also gewichtsparend gebaut ist.

Von einem modernen Fahrtenkat, der mit turmhohen Aufbauten und Flybridge auf Platz und Komfort ausgelegt ist, können Sie hinsichtlich Segelleistung und Segelspaß wenig erwarten.

Wieviele qm Segelfläche pro Tonne?

Der langjährige Kieler Katamaran-Entwickler Jürgen Peter (früher Format-System) empfiehlt zur ersten Einschätzung der Segeleigenschaften einen Blick auf die Segelfläche im Verhältnis zur Verdrängung. Fangen Sie mit den Prospektangaben an, auch wenn diese selten stimmen, weil zu niedrige, theoretische Gewichte genannt werden oder schwere Extras fehlen. Über 10 qm Segelfläche/t, eher 12 sollten es schon sein. Richtung 15 wird es interessant.

Moderne Tourenkats wie die «Alegria 67» bieten Platz und Panoramablick, sind jedoch hoch
Moderne Tourenkats wie die «Alegria 67» bieten Platz und Panoramablick, sind jedoch hoch © Fountaine Pajot - Gilles Martin Raget

Wie die vielbeachtete Atlantikpassage im November 2019 von Greta Tunberg von Amerika nach Lissabon an Bord von "La Vagabonde II" zeigt, sind mit dem richtigen Modell, guter Crew und cleverem Routing schnelle Reisen auf raumen Kursen möglich. Die Profiseglerin Nikki Henderson half bei der riskanten winterlichen Atlantiküberquerung. Sie berichtet, dass die «Outremer 45« erstaunlich gut am Wind segelt. Dennoch spricht die Tatsache für sich, dass die australischen Videoblogger und Langfahrtsegler Elayna Carausu und Riley Whitelum auf einen Trimaran vom Typ «Rapido 60« umgestiegen sind.

Achten Sie auf den Abstand der Brücle zum Wasser
Achten Sie auf den Abstand der Brücle zum Wasser © Boat24

Am Messestand oder im Hafen bemerken Sie nicht, dass bei Seegang das Wasser unter die Brücke des Kats schlägt. Das ist besonders beim kleinen bis mittelgroßen Modell ein Thema, wo der Abstand von der Brücke zum Wasser zugunsten der Stehhöhe knapp bemessen wurde. Liegt der Kat infolge Zuladung riefer im Wasser wie es sprichtwörtlich eng. Der Wasserschlag kann so laut und heftig sein, dass Sie unter Deck keine Ruhe finden.

Abstand Brücke - WL mindestens 6 % der WL

Auch hierzu nennt Jürgen Peter eine brauchbare Formel. Nehmen Sie die Wasserlinienlänge, hilfsweise die Gesamtlänge des Kats (sie entspricht dank senkrechter Bugpartie moderner Konstruktionen annähernd der WL) und davon 6 Prozent. Diese 6 Prozent sind der Mindestabstand zwischen Wasserlinie und Brücke. Beim 12 m Kat sind es 72 cm, bei 14 m 84 cm, bei 16 m sind es 96 cm. Hier wird deutlich, wie wichtig die Zuladung beim Fahrtenkat ist. Das Beiboot, Geräteträger, das Bimini oder verlängerte Dach, große Maschinen, Tanks und Batterien lassen viele Fahrtenkats deutlich tiefer im Wasser liegen als geplant. Interessant in diesem Zusammenhang ist dieser Beitrag. Lassen Sie sich nicht vom Marketing und dem Design mit coolen Fenstern blenden. Unter dem Strich geht es schlicht um Physik.

Drittens haben mittelgroße bis große Fahrtenkatamarane ordentlich Tiefgang, die gezeigte «Leopard 50» beispielsweise 1,60 m laut Prospekt.

Viertens ist die Handhabung eines Katamarans eine abstrakte Sache. Sie benötigt einige Erfahrung. Anders als das Einrumpfboot, das bei zunehmendem Wind anhand der Schräglage zum Reffen veranlasst, bleibt der Katamaran lange waagerecht auf dem Wasser. Der Fahrtenkat ist mehr als ein Einrümpfer vorausschauend und mit Erfahrung zu segeln. Katamaranwerften und -vercharterer versuchen dieses Problem mit reduzierter Besegelung und Tabellen zu lösen. Der Fahrtenkat wird sicherheitshalber mit Instrumenten nach Windgeschwindigkeit und Windeinfallswinkel gesegelt.

Fünftens: Zwar schaukelt der breitbeinige Katamaran in der offenen See weniger als ein Einrümpfer, dennoch sind seine Bewegungen bei bestimmten Wellenverhältnissen unangenehm. Die aufrechte Schwimmlage des Katamarans hat im Unterschied zur Einrumpfyacht auch Limits: Beim typischen Fahrtenkat mit einer Länge von 12 Metern und entsrechender Breite ist immer ein Ende der Plattform in einem Wellental, während das andere auf einem Wellenberg fährt. Das führt beim Kat bei wenig Wind querab in alter Dünung zu zermürbend ruckartigen Bewegungen. Auch schlägt das Segel bei der Schaukelei trotz Winddruck bei mäßiger Brise und bringt kaum Vortrieb. Deshalb wird fast jeder Kat trotz günstiger Windrichtung bei Dünung und schwachem Wind im Mittelmeer motort.

Bei Wind sind sechstens Hafenmanöver mit einem Katamaran so anspruchsvoll wie die Handhabung einer großen Motoryacht. Die großen Flächen über Wasser und die vergleichsweise kleine Lateralfläche, bestehend aus Kielstummeln und kleinen Ruderblättern, lassen ihn bei Wind rasch abtreiben. Entsprechend versiert sind die Manöver zu fahren. Erschwert werden Hafenmanöver von der Unübersichtlichkeit der Modelle mit Flybridge-Steuerstand oben im oder auf dem Kajütdach. Von dort gibt es seitwärts und nach Achtern tote Winkel.

Moderne Fahrtenkatamaran wie dieser Dreidecker haben viel Windwiderstand
Moderne Fahrtenkatamaran wie dieser Dreidecker haben viel Windwiderstand © Leopard Katamarans

Die große Windangriffsfläche erschwert auch das Ankern. Der Kat pendelt mehr als der Einrümpfer. Er braucht mehr Platz zum Schwojen. Dieses Problem wird einer mittig zwischen den Rümpfen angebrachten Hanepot gelöst. Bei viel Wind benötigt er einen deutlich schwereren Anker, oft auch einen zweiten Anker.

Kontrovers wird das Thema Sicherheit diskutiert. Der versierte Blauwasser- und langjährige Katamaransegler Bobby Schenk hat einmal anhand von Stabilitätskurven behauptet, dass ein Kat sicherer als ein Monohull sei, weil er eine größere Anfangsstabilität hat, also fast nicht umzuschmeißen ist. Dennoch bleibt die Tatsache, dass er schlimmstenfalls bei Starkwind und extremem Seegang kentern kann und kopfüber im Wasser liegen bleibt. Ist ein Rumpf erst mal aus dem Wasser, geht es schnell. Deshalb ist er nicht der ideale Bootstyp für Segeltörns mit Expeditionscharakter in anspruchsvollen Gewässern nördlicher oder südlicher Breitengrade.

Ein oft übersehenenes Thema ist das Ein und Auswassern des Mehrrümpfers. Passt er von der Breite her noch in die üblichen Travellifts? Hält er die um die Rümpfe gelegten Gurte überhaupt aus? Oder braucht es ein Spezialgeschirr und es muss ein entsprechend teurer externer Kran bestellt werden? Manche Fabrikate haben einlaminierte Ösen. Besonders breite Modelle werden mit insgesamt vier Gurten gekrant. Es werden zwei Gurte nebeneinander um jeden Schwimmer gelegt. Oft limitiert die zusätzliche Ausladung des Krans das Bewegen schwerer Fahrtenkats. Jede Fahrtenyacht muss zum Auffrischen des Antifouling, Wechsel von Getriebeöl und Anoden ab und zu mal aus dem Wasser. Wie beschrieben, erledigt sich dieses Thema in Tidengewässern, wo der Kat für einige Stunden sicher trocken steht.

Ein weiterer Nachteil des Fahrtenkatamarans ist sein Preis. Neue Fahrtenkatamarane sind teuer. Auch gebrauchte kosten noch eine Stange Geld. Bobby Schenk hat einmal vorgerechnet, dass der Fahrtenkatamaran bezogen auf sein Platzangebot unter Deck günstiger ist als das Einrumpfboot vergleichbarer Länge. Dazu hat er hat ähnlich wie bei der Wohnung den Quadratmeterpreis eines Ein- und Zweirümpfers verglichen. Das ist eine interessante, unter dem Strich jedoch leider etwas akademische Betrachtung. Denn die meisten Bootskäufer haben ein limitiertes Budget. Hier geht es vorrangig um die Frage, ob das Objekt für sie überhaupt bezahlbar ist.

Die K.O.-Kriterien Optik und Segelspaß

Es bleiben zwei Killerkriterien. Die meisten Fahrtenkatamarane sehen meiner Ansicht nach scheußlich aus. Sie sind hochbordig und wahre Bettenburgen aus Plastik. Speziell die modernen Flybridge-Modelle mittlerer Größe finde ich fürchterlich. In dieser Hinsicht übertreffen sie sogar die zugunsten des Komforts und Stückzahlen aufgepumpten Großserienerzeugnisse bekannter Hersteller. Sie setzten neuerdings auf den sogenannten Monomaran. Gemeint ist der Einrümpfer mit aufgepumptem Bug. Natürlich ist es eine Geschmacksfrage, ob ein Boot schön oder hässlich ist. Womit wir bei der eingangs genannten Prägung wären.

Ich komme seglerisch aus einer anderen Ecke. In meinen Augen sind klassische Meteryachten, Schärenkreuzer, moderne Schärenkreuzer-Tourenvarianten oder traditionelle Fahrtenyachten schön. Das sind flachbordige und elegante Boote. Vor allem sind sie eine Freude zu segeln. Als Jollensegler ist für mich der am Wind-Kurs, sind Kreuzen und Regattasegeln das Salz in der Suppe. Böen anschneiden, Winddreher nutzen, mit unverschämter Höhe durch ein enges, bei vorlichem Wind fast unsegelbares Fahrwasser ziehen, das ist für mich der Kick. Dafür nehme ich Nachteile wie 2,15 m Tiefgang, die Schaukelei, die Krängung, Nässe oben und Enge unter Deck, begrenzte Stehhöhe bei gerade mal einem Toilettenraum auf 16 m Länge in Kauf. Auf meiner Website fröne ich dieser Begeisterung und eingangs erwähnten Seglerweltanschauung.

Das Video zeigt, wie viel Spaß klassisches Einrumpfsegeln macht. Ob die Logge dabei nun 7 ½ oder neun Knoten zeigt, spielt vielleicht für das Ankommen und Ego, für den Segelgenuss keine Rolle. Entscheidend ist die Nähe zum Wasser. Je näher Sie dran sind, desto besser. Die schafft der Serienbootsbau mit seinen hochbordigen Mono- und Katamaranen ab.

Mit einem Einrümpfer bei 4 ½ - 5 Windstärken durch die Ostsee messern - Swedesail

Wie eingangs angekündigt wollte ich die Vor- und Nachteile sachlich abhandeln, als passionierter Einrumpfsegler aus der zugeben kleinen «Dünnschifferfraktion» dennoch abschließend diese beiden Gesichtspunkte erwähnen. Machen wir uns nichts vor: viele moderne Ein- wie Mehrrümpfer lassen leider keine seglerische Entwicklung zu. Sie sind zu schwerfällig, krude und schlecht ausgestattet.

Probieren Sie den Kat bei einem Chartertörn aus

Doch ist das meine Einschätzung. Machen Sie sich selbst ein Bild. Wie beim Gebrauchtbootkauf sollten Sie den Katamaran oder Einrümpfer Ihrer Wahl unbedingt ausprobieren. Denn der Besuch beim Händler oder einer Bootsmesse klärt nur, wie groß und schön die Kajüten sind. Mehr nicht. Entscheiden Sie sich keinesfalls trocken. Das gilt ebenso für den Kauf eines gebrauchten Bootes. Chartern Sie beide Bootstypen für mindestens eine, besser zwei Wochen. Kommen Sie mit dem Boot im Hafen bei Seitenwind klar? Segelt oder dümpelt es? Wie lebt es sich an Bord? Sie müssen immer irgendwo Abstriche machen. Jeder Bootstyp ist ein Kompromiss. Finden Sie heraus, welcher zu Ihnen passt.

Fazit: Der Katamaran ist erste Wahl für Langfahrtensegler, Charterer und Einsteiger, wo es vorrangig ums Bordleben geht. Schauen Sie sich das geeignete Modell für Ihre Vorhaben anhand der genannten Kriterien genau an. Der Einrümpfer ist erste Wahl für preisbewusste Käufer. Je nach Bootstyp die einzige Option für den Segelnerd, dem Bordleben und Komfort gegenüber dem Segelspaß nachrangig ist.

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VG