Blauwasser5 min Lesezeit
Mit welchem Boot um die Welt?
Die Yachten der Weltumsegler sind so verschieden wie Geld und Geschmack ihrer Eigner
Der Traum von der großen Auszeit auf dem Wasser, symbolisiert durch die Weltumsegelung, ist untrennbar mit dem Bootskauf verbunden. Mit dem Besitz einer seegehenden Segelyacht hat man den ersten Schritt getan.
Von Erdmann Braschos, veröffentlicht am 08.06.2015, aktualisiert am 21.10.2024
Das erwartet Sie in diesem Artikel
- Welche Kriterien gibt es zur Wahl einer Blauwasseryacht
- Warum das Keep-it-simple Prinzip unschlagbar ist
- Welches Baumaterial warum empfehlenswert ist
- Das K.-o.-Kriterium Tiefgang
- Wie und wo man sein Traumschiff in der Realität findet
- Welche Werften derzeit gefragt sind
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Über die Frage, welches Boot sich idealerweise für die Weltumsegelung eignet, wurde und wird endlos gefachsimpelt. Vorweg: Es gibt keine pauschale Antwort. Auch der Blick auf die Flotte der Weltumsegler-Boote ergibt keine eindeutige Peilung. Denn die Boote, mit denen die Welt umsegelt wurde, sind so unterschiedlich wie Wilfried Erdmanns erste „Kathena“ oder Jost Stollmanns 40 m Megayacht „Alithia“.
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Erstere war ein vergammeltes und entsprechend günstiges 7 ½ m Holzboot, das der handwerklich geschickte Eigner 1967 in Alicante zurechtgemacht hatte. Als er ein Jahr später damit auf Helgoland anlegte, glaubte ihm zunächst niemand, dass er damit die Welt umsegelt hatte.
Stollmanns Yacht dagegen war eine teure Sonderanfertigung aus Aluminium mit einigen Finessen. Gebaut hatte sie 2001 die weltberühmte Abeking & Rasmussen Werft in Lemwerder bei Bremen.
Nach ersten Hochseereisen mit verblüffend kleinen Booten segelte Rollo Gebhard mit dem 7,60 m Gfk-Serienboot Typ Condor 7 zweimal Einhand um die Welt. Dieser schwimmende Untersatz eignet sich nach landläufiger Meinung eher als schwimmendes Wochenendhaus fürs Binnenrevier. Später segelte Gebhard zusammen mit seiner Lebensgefährtin an Bord einer Hallberg Rassy 42 erneut um die Welt. Bobby Schenk begann mit einem kleinen Gfk Serienboot. Es folgten ein 15 m Stahlschiff und ein Kunststoff-Katamaran.
Die Beispiele zeigen, dass die Boote so verschieden sind wie die Eigner und ihr Budget. Hinzu kommt: mit dem Alter wachsen die Ansprüche. Man wird bequemer, möchte mehr Platz. Dennoch gibt es Kriterien zur Auswahl eines Weltumseglerbootes.
1. Die ideale Blauwasseryacht ist zunächst einmal so zweckmäßig und zuverlässig ausgestattet, dass man überhaupt zum Segeln kommt. Moderne Technik macht das Bordleben im Prospekt oder bei Verkaufsgesprächen auf der Bootsmesse einfach. Tatsächlich ist es aber kompliziert. Unterwegs wird man angesichts endloser Wartungsarbeiten, Nachbesserungen und Reparaturen fluchen. Also lieber das altbewährte Schnell- und Bindereff für das Großsegel nehmen, als einen teuren Rollmast oder –baum, der endlose Schererei macht.
Der einfache Bootsmotor kaufen einer gängigen Marke lässt sich in fast jedem Hafen der Welt vom handwerklich geschickten Eigner oder einem Mechaniker warten. Ein Diesel mit komplexer Elektronik und Diagnosestecker nicht. Lieber eine manuelle und bewährte Bordtoilette mit üblichen Ersatzteilen als eine stinkende Dauerbaustelle. Ein Windex zeigt die Windrichtung genau genug an und kostet den Bruchteil einer Windmessanlage. Logge, Lot und GPS reichen. Keine vernetzten Systeme! Die Liste lässt sich endlos fortsetzen. Also Regel Nummer 1 für alle, die Segeln statt basteln und ständig Techniker bezahlen wollen: Keep it simple.
2. Baumaterial: Man kann mit jedem Boot um die Welt segeln, solange es dicht ist und in den entscheidenden Bereichen wie Mastunterbau oder Aufhängung des Riggs gesund ist, Kiel und Ruder stabil montiert sind. Es kann aus Holz, Gfk, Stahl oder Aluminium sein. Ein Kunststoffboot macht auf Dauer die wenigste Arbeit. Kein Schleifen, Spachteln, Lackieren oder Rost klopfen.
Dennoch haben sich Langfahrtsegler wie Wilfried Erdmann mit seiner „Kathena Nui“ Baujahr 1984 für ein unkaputtbares Boot aus unbehandeltem Aluminium, das Ehepaar Heide und Erich Wilts mit ihren „Freydis“ für Stahlschiffe vom Typ Reinke (siehe auch: Reinke Segelyachten: Patenter Plattenbau) entschieden. Metallboote vertragen Grundberührungen oder Kollisionen mit Treibgut (Baumstämme, Paletten oder Container) oder auch Brände besser als Holz- oder Kunststoffboote. Hinzu kommt bei extremen Törns in entlegene Gewässer das Bedürfnis nach gefühlter Sicherheit.
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3. Thema Tiefgang: Die ideale Langfahrtyacht hat möglichst wenig Tiefgang, weil nur damit idyllische (und preiswerte) Häfen, geschützte und schöne Buchten oder Lagunen überhaupt zugänglich sind. Das spricht für Mehrrümpfer, Kielschwerter oder (trotz KIS-Prinzip) Boote mit Hubkiel. Letztere bringen am Wind Segelleistung mit passablem Tiefgang in Einklang.
4. Thema Größe: Interessanter als schiere Größe und an die Länge gekoppelte Grund-sprich Rumpfgeschwindigkeit ist die einfache Handhabung. Ein großes oder schweres Boot ist nicht nur beim Kauf teurer. Da sich die Betriebskosten aus der Verdrängung ergeben (teurere Segel, größere Winschen, kostspielige Liegeplätze und Krantarife) ist man im Zweifel mit einem kleineren Boot gut beraten. Gerade dann, wenn die Kosten eine Rolle spielen. Lieber mit einem kleinen Boot ablegen als nie. Siehe die tollen Reisen von Wilfried Erdmann oder Rollo Gebhard.
5. Thema Bordleben: Bei der Blauwasseryacht ist der Bordleben-Komfort wichtiger als die Segeleigenschaften. Weil man die meiste Zeit seiner Weltumseglung in schönen Buchten vor Anker oder in Häfen liegend verbringt. Auf See lebt es sich hinter oder in einem ringsum schützenden Deckshaus angenehmer als in einem Kellerschiff ohne Blickkontakt nach draußen.
Das ideale Weltumseglerboot muss nicht neu erfunden werden. Das gibt es bereits: Es liegt irgendwo in einem Hafen oder steht als erschwingliches Objekt in einem Bootslager aufgepallt. Die essenziellen Sachen anschauen und das Boot technisch von den Bordwanddurchführungen an aufwärts gründlich angucken und Schritt für Schritt in Ordnung bringen. Ventile, Schläuche, Pumpen, Elektrik. Bei der Gelegenheit alles Entbehrliche ausbauen: Keep it simple.
Wer in der glücklichen Lage ist, viel Geld für eine Sonderanfertigung aus Aluminium auszugeben, schaut sich die Bestavær 53 ST von Gerard Dykstra oder eines der Schwesterschiffe an. Die gibt es übrigens auch gebraucht, sprich ausprobiert. Vor allem aber in brauchbarer = einfacher Ausstattung: Mit Bindereff, Windex und ohne Sperenzchen, die uns letztlich im Hafen und vom Segeln abhalten. Leinen los und ab aufs Meer!
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