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Kaufberatung9 min Lesezeit

Sieben Tipps für den cleveren Bootskauf

Worauf Sie bei Anschaffung eines Bootes achten sollten

Sieben Tipps für den cleveren Bootskauf
Der Schritt vom Steg an Bord ist wunderbar. © photocase.de/ohneski

Das Angebot gebrauchter Boote ist kaum zu überblicken. Heute ist vom pflegeleichten Daysailer über charmante Klassiker, das moderne Serienerzeugnis bis zum speziellen Einzelbau alles zu haben. Wie Sie aus der Vielfalt das richtige Boot für sich herausfiltern. Fangen Sie vor der Entscheidung fürs Hobby am besten mit persönlichen Gesichtspunkten an.

Von Erdmann Braschos, veröffentlicht am 19.06.2025

Das erwartet Sie in diesem Artikel
  • warum ein Boot die perfekte Medizin gegen übliche „Landkrankheiten“ ist
  • Lügen Sie sich bei den persönlichen Gesichtspunkten nichts in die Tasche
  • konkrete Tipps zur Auswahl des passenden Bootes
  • worauf bei der Ausrüstung und Extras zu achten ist
  • warum es wichtig ist, eine möglichst rationale Entscheidung zu treffen
  • wie Sie dahin kommen
  • wie das lästige MwSt.-Thema zum Kauf- oder Ausschlusskriterium wird

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Der Traum vom eigenen Boot kann nur das auslösende Moment sein. Es ist besser, wenn Sie das Träumen rasch lassen und möglichst sachlich und fachlich werden: Vor dem Bootskauf braucht es zunächst einmal die klare Einschätzung der persönlichen Verhältnisse. Zweitens hilft ein nüchterner und möglichst technischer Blick auf das Objekt. Legen Sie das Handy weg, klappen den Rechner zu und reden Sie zunächst mit einer Ihnen nahestehenden Person über Ihre Idee. Nehmen Sie sich zur Klärung dieser zentralen Frage Zeit. Durchdenken Sie die Sache gründlich. Bleibt es bei der Entscheidung fürs Hobby, nehmen Sie am besten jemanden mit, der sich mit dem Metier auskennt. Das kann der handwerklich versierte Kumpel sein oder ein Gutachter.

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Die Verlockung zum Kauf eines Bootes ist groß. Ein Boot bietet die Freiheit nach eigenem Gusto abzulegen und sich nach Lust und Laune auf dem Wasser zu bewegen: sei es sportlich, rasant, komfortabel oder müßig und beschaulich. Ganz gleich ob Jolle, Motorboot oder Segelyacht. Sie können brettern, „Meilen fressen“, bummeln oder in einer schönen Bucht ankernd herrlich abhängen. Vielleicht bleiben Sie das Wochenende auch einfach nur am Liegeplatz im Hafen, genießen das plätschernde Wasser oder Möwengeschrei und püttern ein wenig an Bord rum.

Ich wüsste keinen besseren Trick, den Alltag gründlich zu vergessen, als mit dem Schritt an Bord. Der funktioniert immer, sogar, wenn das Boot noch im Winterlager an Land steht und über die lange Leiter zu erklimmen ist. Bereits das Eignerglück und das Wohlfühlen an Bord lohnt den erheblichen Aufwand zum Bootskauf und -betrieb. Beachten Sie dennoch folgende Gesichtspunkte beim Bootskauf:

Macht die Partnerin und Familie mit oder möchten Sie Einhandskipper werden?

Überlegen Sie sich erstens vorher gut, ob ein eigenes Boot wirklich zu Ihrer Lebenssituation, den persönlichen Verhältnissen passt. Die zentrale Frage dabei ist: macht die Lebensgefährtin, Frau und Familie überhaupt mit oder duldet sie das Hobby bloß? Bereits Stirnrunzeln, zögerndes Dulden und die Gegenfrage, ob das wirklich sein muss, sind schlechte Voraussetzungen. Lügen Sie sich da nichts in die Tasche. Es könnte Ihre Ehe kosten. Es gibt Hobbys, die mit Duldung laufen. Beim Boot klappt das schlecht bis überhaupt nicht.

Wenn also Ihre Frau oder Familie nicht mitzieht, lassen Sie die Finger vom eigenen Schiff. Dann fahren Sie halt gelegentlich bei Freunden mit oder Chartern. Das ist vergleichsweise „Landratten-kompatibel“. Ich berate regelmäßig Interessenten beim Kauf eines Bootes. Auch wenn mich die persönlichen Verhältnisse wie Segelerfahrung und Akzeptanz des Hobby seitens der Partnerin nichts angehen, ist es meine erste Frage. Ich schon zu viele Bootskäufe scheitern gesehen.

Den Tennis- oder Golfschläger können Sie weglegen und vergessen. Das Boot nicht

Es fängt bereits mit der alljährlichen Versorgung des Bootes an. Es muß im Herbst vernünftig ins Winterlager gebracht werden. Im Frühjahr wird das Unterwasserschiff angeschliffen, der Wasserpass abgeklebt und Antifouling gemalt. Das Boot wird ringsum geputzt, poliert, eingeräumt. Die Segelyacht wird aufgetakelt. Wenn Sie diese Arbeit mit gewisser Sorgfalt und vor allem mit Freude machen wollen, brauchen Sie Zeit. Ablehnung zu Hause ist da nicht zuträglich.

Unterschätzen Sie die Zeit nicht

Zweitens: Wie viel Zeit lässt Ihnen das Arbeitsleben, lassen andere private Verpflichtungen, weitere Interessen und Hobbys? Denn ein Boot ist eine zeitintensive Geschichte. Machen Sie sich nichts vor: auch um ein modernes pflegeleichtes Kunststoffboot müssen Sie sich kümmern. Es muss geputzt, poliert, die Technik gewartet und gelegentlich repariert werden. Das braucht stets mehr Zeit als gedacht. Gerade dann, wenn Sie die Arbeiten zum ersten Mal oder bloß gelegentlich machen. Nicht zuletzt möchten Sie Ihr Boot mit der Familie oder Partnerin nutzen, viele schöne gemeinsame Stunden an Bord verbringen. Machen Sie auch deshalb keinen Egotrip.

Ein Boot braucht zur Instandhaltung Pflege und Zeit
Ein Boot braucht zur Instandhaltung Pflege und Zeit © Swedesail

Drittens: Gibt es einen Liegeplatz in einem schönen Revier in der Nähe? Können Sie mal eben zu Fuß oder mit dem Fahrrad zum Boot? Fahren Sie mit dem Auto hin? Bereitet das Boot Ihnen und der Familie schon bei der Hinfahrt einen ganz speziellen Freizeitstress? Beißen Sie Freitagabend oder Samstagmorgen auf der üblichen Strecke ins Lenkrad? Stehen Sie Sonntag bei der Rückfahrt absehbar im Stau? Dieser Gesichtspunkt zählt auf lange Sicht.

Welche Nutzung ist realistisch?

Viertens machen Sie sich klar, welche Nutzung überhaupt realistisch ist. Viele Käufer suchen ein Boot für die sprichwörtliche „Weltumsegelung“. Das ist der Klassiker, jedoch leider eine zugegeben schöne Lebenslüge. Wozu also ein großes, teures und aufwendig ausgestattetes Boot für die ganz große Reise kaufen, deren Verwirklichung wegen beruflicher oder privater Verpflichtungen nahezu ausgeschlossen ist? Wie lange können Sie sich absehbar und nicht irgendwann eines sehr fernen Tages vielleicht wirklich „ausklinken“?

Unzählige Beziehungen und Bootsprojekte sind bereits an der unrealistischen Einschätzung dieser Frage gescheitert. Wenn Sie selten Zeit zum Ablegen und schöne Stunden auf dem Wasser haben, versenken Sie eine Menge Geld für ein aufwendig ausgestattetes Schiff und einen Traum, den Sie vermutlich nicht leben. Es kann schon daran scheitern, dass sich herausstellt, dass Sie oder die Partnerin seekrank werden oder die Angst vor dem langen Schlag groß ist. Klingt hart, klar. Ich kenne solche Schicksale von vielen Bootslagern, beobachte es in Klubs und Marinas. Es ist für alle Beteiligte frustrierend - und ein Drama. Leider ist es nach meiner Beobachtung nicht die Ausnahme. Es ist üblich.

Da ist das kleinere, vielleicht sogar trailerbare Boot, ein sogenannter Daysailer für Tagestouren in küstennahen Gewässern oder der Weekender mit Übernachtungsoption besser. So können Sie sich gemeinsam steigern. Bauen Sie Ihr Hobby zusammen - von der gelegentlichen Auszeit zur gemeinsam glückenden nautischen Lebensweise. Klappt es nicht, haben Sie - jedenfalls mit einem clever gekauften Gebrauchtboot - deutlich weniger Geld „versenkt“.

Finger weg von Schnäppchen: Erkennen Sie den Systempreis

Fünftens sollte der Preis allein nur eines mehrerer Kriterien für die Anschaffung eines bestimmten Bootes sein. Wichtiger ist die Frage, was auf Dauer an Zeit und Kosten am Hobby hängt: Wie alt und pflegeintensiv, aus welchem Material ist es? Die charmante Holz- oder Stahlyacht wird aus gutem Grund günstig sein. Welche Arbeiten löst solch ein Boot in Ihrem Besitz aus? Stemmen Sie das? Auch hier fahren Sie am besten, wenn Sie sich diesbezüglich nichts in die Tasche lügen.

Gefährlich sind sogenannte „Schnäppchen“. Da gibt es beispielsweise ein tolles großes Schiff für kleines Geld und es soll schnell bezahlt werden. Bleiben Sie cool und finden heraus, wo der Haken ist. Kennen Sie den Haken, können Sie immer noch überlegen, ob Sie mit ihm zurechtkommen. Eine Yacht besteht aus zahlreichen Systemen, Gewerken und Materialien (GfK, Holz, Maschine, sanitären Einrichtungen, Segeltechnik und/oder Maschine). Das sollten Sie alles kennen. Schauen Sie sich diese Themen mit einem Fachmann gemeinsam an und probieren alles in Ruhe aus.

Haben Sie über den Kauf hinaus das nötige Geld, um essenzielle Arbeiten fachmännisch machen zu lassen? Haben Sie die Energie, Zeit und das handwerkliche Geschick, um das Schiff selbst herzurichten? Gibt es das unverzichtbare Budget zum Kauf von Werkzeug und Material zur Überholung? Auch hier gilt: Nichts schönreden, sondern Realist bleiben. Wie viel selbst machen? Vielleicht erinnern Sie in diesem Zusammenhang Ihren letzten Umzug oder die Renovierung von Haus oder Wohnung. Man wird stets später fertig als gedacht. Rechnen Sie beim Boot mit dem Faktor 3 bis 5. Umso erfreulicher ist es, wenn es nicht ganz so lange dauert.

Denken Sie dabei auch an die Unterhaltskosten Motoryacht oder Unterhaltskosten Segelyacht, die Jahr für Jahr anfallen.

Sechstens: Eigner, die ihr Boot lieber nutzen als reparieren, halten sich an das bewährte Keep it simple-Prinzip. Je weniger Technik Sie an Bord haben, desto weniger bezahlen, pflegen, warten und reparieren Sie. Beispiel: Fließend Warmwasser wie zu Hause ist an Bord eine wunderbare Sache. Ich halte es für besser, mit dem praktischen und handlichen no nonsense Boot abzulegen, als endlos am Traumschiff zu basteln. Sie halsen sich mit solchen Extras eine stattliche Wartungsagenda auf.

Auch ein pflegeleichtes Kunststoffboot braucht Zuwendung
Auch ein pflegeleichtes Kunststoffboot braucht Zuwendung © Swedesail

Ein Beispiel: Sie kennen vielleicht die hübschen Tourenyachten der Marke Vindö mit pflegeleichtem Gfk-Rumpf, Teakdeck und herrlich kastanienbraunen Kajütaufbau aus lackiertem Mahagoni. Das sind Traumschiffe. Wie gerne hätte ich beispielsweise meine Swede 55 in genau dieser Machart. Andererseits habe ich eine vage Idee, wie viel Arbeit an der Pflege des Mahagoni hängt. Ich gehöre nicht zu den Bootseignern, die ständig einen Pinsel zum Ausbessern üblicher Lackschäden im Glas stehen haben. Ich habe weder Lust noch Zeit, den Lack alle ein bis zwei Jahre anzuschleifen und aufzufrischen. Dieses fabelhafte Finish kommt allein für Eigner infrage, die es schaffen, diesen wunderbaren Look auf lange Sicht zu erhalten.

Siebtens gucken Sie genau, wie das Boot gebaut und ausgestattet ist. Ein Teakdeck beispielsweise ist eine feine Sache, ziert ein Schiff jedoch nur, wenn es gepflegt ist. Unter südlicher Sonne heizt sich ein Teakdeck derart auf, dass Sie nicht mehr barfuß darauf gehen können. In regenreichen Revieren verspakt das Holz. Billig verlegte Teakdecks lecken. Nach wiederholtem Schliff fallen den Pfropfen heraus. Nach etwa 20 Jahren muss es komplett ersetzt werden. Beim Billigboot eher. Wer kann und macht, wer bezahlt das? Nehmen Sie jemand zu Besichtigung des Bootes mit, der Ihnen auch zu diesem Thema reinen Wein einschenkt. Die Ausgaben für den Profi sind Peanuts um Vergleich zu dem, was bald nach dem Bootskauf auf Sie zukommt.

Ein Beispiel zur Ausstattung: Moderne Edelstahlwinschen sind besser als verchromte Klassiker. Statt teurer Nachverchromung langt bei der Nirovariante ein Lappen mit etwas Politur, siehe den Beitrag Winschen nicht vergessen.

Zweites Ausstattungsbeispiel: Boote mit einem Eisenkiel Den Kiel angucken sind ab Werft günstiger als solche mit Bleiballast. Eisen rostet im Unterschied zu Blei. Stahl muss alle Jahre im Winterlager mit mehreren Arbeitsgängen neu konserviert werden. Die Konservierung des Eisenkiels ist ein weiterer von zahlreichen wiederkehrenden Jobs an Bord. Blei ist nachgiebig und puffert die Stöße bei Grundberührung ab. Eisen gibt den Schlag 1:1 weiter ins Schiff - meist mit fatalen Folgen.

Gehen Sie nüchtern und sachlich an das Thema heran

Fazit: Als cleverer Bootskäufer suchen Sie sich aus dem breit gefächerten Angebot das zu Ihren Möglichkeiten passende Schiff aus. Und gucken Sie genau hin. Verlieben Sie sich keinesfalls gleich in das Schiff Ihrer Träume, sondern machen sich klar, welche System- und Folgekosten Sie mit einem bestimmten Bootstyp erwarten. So schwer es zunächst ist: gehen Sie nüchtern und sachlich an das Thema heran. So bleibt Ihnen nachher als Eigner Zeit zum Genießen der kostbaren Auszeit an Bord, zum Leben Ihres Traums.

Die Sache mit der Mehrwertsteuer

Ein grundsätzliches Thema beim Gebrauchtbootkauf gleich welcher Art ist die Mehrwertsteuer. Entscheidend ist der Nachweis des ersten Eigners in Gestalt einer Rechnung, wo die MwSt. ausgewiesen ist und ein Einfuhrdokument für das Boot mit quittierter/nachvollziehbarer MwSt. Zahlung. So müssen Sie die Mehrwertsteuer nicht noch mal zahlen. Alles andere ist leider Schall und Rauch. Die Klärung dieser Frage ist für den Verkäufer zugegeben lästig, wenn er daran nicht gedacht hat. Oder wenn das Boot mehrere Voreigner hatte. Oder wenn die Originalrechnung verloren wurde. Es kann über Jahre hinweg auch ohne diesen Nachweis gut gehen. Sie sollten jedoch wissen, dass im Mittelmeer, speziell in Spanien, gezielt kontrolliert wird. Auch an der Ostsee geht der Zoll neuerdings gezielt durch die Häfen. Gibt es keinen MwSt.-Nachweis, ist das ein Manko des Bootes. Kaufen Sie das Boot dennoch ohne diesen Nachweis, planen Sie die nachträgliche Zahlung besser gleich ein. Je nach Objekt und Budget sind 19 bis 25 Prozent des Nettokaufpreises viel Geld.

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VG