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Welches Segelboot für Anfänger?

Warum die Jolle das ideale Einsteigerboot ist

Welches Segelboot für Anfänger?
Jolle in Action © unsplash.com/Michael Henry

Neulich verbrachte ich mal ein Segelwochenende mit zwei Anfängern an Bord meiner "Swede 55". Die beiden Männer mittleren Alters wollten mal gucken, ob ihnen Segeln gefällt. Wie, mit welchem Boot sie weitermachen.

Von Erdmann Braschos, veröffentlicht am 16.07.2019

Das erwartet Sie in diesem Artikel
  • Erlebnisse mit Segelanfängern an Bord
  • warum man mit einer Jolle die besten einsteigt
  • welche Jollen sich für den Einstieg empfehlen

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Bei unserem Törn von Fehmarn über die Ostsee nach Neustadt und zurück hatten wir konstanten Wind und kaum Seegang. Ideale Bedingungen, mal ins Metier reinzuschnuppern. Wie es sich für Anfänger gehört, konnten die beiden wenig. Es gab kein Gefühl für den Wind, keinen Blick für die Schraffur des Windes auf dem Wasser. Sie konnten keinen einzigen Knoten. Aber Jens und Frank hatten Lust auf ein neues Projekt, ein neues Hobby: Segeln. Die beiden hatten sogar schon im Internet nach geeigneten Booten gestöbert. Ein kleines gemütliches Kajütboot sollte es sein, küstentauglich und mit Motor.

Da ich den Segelbazillus gern weitergebe, ganz einfach, weil Segeln für mich die schönste Sache der Welt ist, ließ ich sie meinen 16 m Schärenkreuzer möglichst lange steuern. Zufrieden grinsend standen Jens und Frank abwechselnd am Rad und ließen es laufen. Nach einer Weile hatten Sie den Bogen raus: Wann abzufallen ist, eine Idee vom Wind wegzusteuern und wann anzuluven, also näher an den Wind dran. Nach dem 120 Meilen Törn fachsimpelten wir darüber, wie es für die beiden weitergehen könnte.

Mein erster Rat war, mit einem Segelkurs zu beginnen und die Basics, die ich den beiden während des Wochenendes gezeigt hatte, zu vertiefen und zu festigen. Der Achtknoten, ein Kopfschlag auf dem Poller und ein Palstek für alle möglichen Anwendungen sollte schon sitzen. Ich würde den Segelkurs da machen, wo ich lebe. Wer in Hannover wohnt, fährt beispielsweise ans Steinhuder Meer. Und genau dort würde ich auch weitermachen – mit einer Jolle. Ganz einfach, weil man mit einer Jolle die Basics mit dem geringstmöglichen Aufwand und maximalem Spaß lernt.

Einfacher Achtknoten
Einfacher Achtknoten © unsplash.com/Edgar Torres

Die Jolle sollte gebraucht und robust sein, weil sie in der Hand des Anfängers noch ein paar Rempler dazu bekommt. Sie sollte preiswert sein, weil es möglich ist, dass aus dem Segelprojekt auf Dauer nichts wird. Überlegen Sie mal, wie viele Sachen Sie im Lauf Ihres Lebens mit Begeisterung begonnen und wieder aufgegeben haben.

Die Jolle sollte zugunsten einer stabilen Schwimmlage und Kentersicherheit behäbig und breit sein: also eine stäbige Wanderjolle, die Fehler verzeiht. Das Boot sollte aus pflegeleichtem Kunststoff sein. Eine Conger-Jolle beispielsweise oder ein Zugvogel ist eine stabile Plattform zum Ausprobieren. Wenn Sie mit einem bestimmten Bootstyp beim Segelkurs gute Erfahrungen gemacht haben, nehmen Sie einfach den.

Sehr gut ist auch eine Einmannjolle vom Typ Laser. Das ist eine sportliche Angelegenheit und nasses Vergnügen: ein sehr guter Einstieg. Ist gebraucht günstig zu haben, unkaputtbar und macht enorm Spaß. Wenn Sie die Sache zu zweit anfangen, nehmen Sie eine Zweimannjolle mit Vor- und Großsegel. Ein Laser lässt sich auf dem Autodach mitnehmen, eine Zweimannjolle auf dem Trailer.

Es kann auch ein offenes Kielboot sein oder ein kleiner Kabinenkreuzer. Viele Segeleinsteiger fangen heute gleich mit einer seetauglichen Yacht an. Das geht zwar, erscheint mir aber nicht ideal, weil man auf einer Jolle den Umgang mit Wind und Wellen, das Handwerk mit Schot und Pinne besser, nämlich bleibend lernt. Man erkennt bei den Hafenmanövern und beim Festmachen von großen Yachten am Steg sofort, wer die Zusammenhänge intus hat und wer nicht. Ohne Sinn für den Wind, seine Richtung und Stärke, bleibt das Seglerleben abenteuerlich und unnötig schwer.

Ich bin viel mit Segeleinsteigern unterwegs. Dabei trennt sich die Spreu vom Weizen schnell. Jollensegler und Surfer sehen die Zusammenhänge sofort. Ich lernte das Segeln auf einer Talsperre in Nordrhein-Westfalen, wo der Wind aus fast jeder Ecke und manchmal sogar von oben kam. Heute manövriere ich mein langes Boot in engen Häfen ohne das übliche Bugstrahlruder. Ich halte an der richtigen Stelle im Hafen an, warte, bis der Wind den Bug in die richtige Richtung geschwenkt hat und fahre in die Box. Mit Jollenfeeling manövriert sich auch ein großes Boot stressfrei.

Wenn Sie und Ihr Partner oder die Partnerin nach zwei, drei Segelsommern mit der Jolle richtig «Blut geleckt» haben und eine Vorstellung, welches Boot ihnen gefällt, verkaufen Sie die Jolle und vergrößern sich. Wenn es Ihnen um elementaren spritzigen Segelsport geht, ist ein Strandkatamaran, beispielsweise der populäre Hobie Cat der perfekte Einstieg (Mehr dazu unter: Bunte Kats ziehen magisch an). Einfach mal ausprobieren. An welchem See oder an welchen Strand Sie auch gerade sind. Der nächste Bootsverleih ist nicht weit.

Wenn Sie als Anfänger dennoch mit einem Kajütboot oder einer Segelyacht anfangen wollen, nehmen sie ein gutmütiges und in großer Stückzahl gebautes Serienboot aus Kunststoff, eine gebrauchte Dehler beispielsweise, für die es auch noch Ersatzteile gibt. Gutmütig heißt: In das Boot wurde eine gewisse Luvgierigkeit bei zunehmendem Wind eingebaut. Die zwingt den Einsteiger bei zunehmendem Wind und entsprechender Krängung die Segelfläche zu reduzieren.

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VG