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Do-it-Yourself 7 min Lesezeit

Bowdenzüge nicht vergessen

Prüfen Sie gelegentlich die Bowdenzüge und legen sich Ersatz an Bord

Bowdenzüge nicht vergessen
Erneuerte Bowdenzüge einer üblichen Einhebelschaltung © Swedesail

Im Sommer machte mich ein Techniker bei der Durchsicht meines Dreizylinder-Diesels auf einen gerissenen Gaszug aufmerksam. Mir war aufgefallen, dass der Motor das Gas schlecht annimmt. Die Bowdenzüge für Gas und Getriebe waren zwar alt, äußerlich aber in Ordnung.

Von Erdmann Braschos, veröffentlicht am 11.03.2025

Das erwartet Sie in diesem Artikel
  • warum der Eigner die Bowdenzüge für das Getriebe, den Gashebel und die Stoppvorrichtung seines Motors kennen sollte
  • wann neue Züge fällig sind
  • Tipps zur Auswahl neuer Züge
  • welche Installation lange hält
  • wie Sie bei der Gelegenheit die Schaltung schmieren
  • was es kostet und wie viel Arbeit es macht

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Im dänischen Spodsbjerg auf der Insel Langeland gibt es eine enge Gasse, in der meine lange Swede 55 beim Ablegen zu drehen ist. Beim Bremsen nach zügiger Rückwärtsfahrt wegen Seitenwind gelang es mir haarscharf, das Heck vor den gegenüberliegenden Angelbooten zum Stehen zu bringen. Das fand ich zwar seltsam, dachte mir jedoch zunächst nichts dabei.

Nun waren die Bowdenzüge für Gas und Getriebe zwar gut drei Jahrzehnte alt, äußerlich aber in Ordnung. Sie sind an Bord einer gern und fast ausschließlich gesegelten Segelyacht mit entsprechend wenig Motor-Betriebsstunden eingebaut. Bei einem Charterboot, einem Motorsegler oder der Motoryacht ist diese Lebensdauer unwahrscheinlich. Da sind die Bowdenzüge deutlich früher fällig.

Nach dem Wechsel berichtete der Monteur, dass Unfälle mit verpatzten Anlegemanöver infolge gerissener Gaszügen und Schaltkabeln vorkommen. Versagt solch ein unscheinbarer Bowdenzug im ungünstigen Moment beim Aufstoppen des Bootes, rumst es. Dabei verletzen sich Helfer beim Versuch, das schwere, ungebremst in die Box schiebende Boot zu stoppen. Vor einer Weile bretterte eine große Motoryacht deshalb in die Schleuse von Hooksiel.

Schauen wir also zunächst einmal, um welche Bowdenzüge es überhaupt geht: Bei der Tourensegelyacht gibt es üblicherweise drei. Die Bowdenzüge verbinden das Schaltpanel in der Plicht mit der Maschine und dem Getriebe. Bei der üblichen Einhebelschaltung gibt es zwei Züge. Einmal den zum Gas geben und den zweiten Bowdenzug für das Getriebe. Hinzu kommt ein Dritter zum Abschalten der Maschine. Dessen Hebel ist bei der Segelyacht meist unabhängig vom Schaltpanel irgendwo im Cockpit versteckt untergebracht. Mit diesem Bowdenzug wird der Bootsdiesel per Dekompression ausgeschaltet.

Jeder kennt die Technik von den Bremszügen am Fahrrad. Im Unterschied dazu ist der Verschleiß der Bowdenzüge an Bord nicht zu sehen, weil sie wie beschrieben versteckt eingebaut sind. Wer kriecht schon unter Deck, nimmt Verkleidungen ab oder öffnet das Steuerpult und sieht sich das vorsorglich an? Was funktioniert wird so lange nicht angeschaut, bis es den Geist ausgibt. Es gibt Installationen, die lange, gewissermaßen ewig halten, weil die Bowdenzüge schön gerade von der Schaltung geführt sind. Gerade bei der Übernahme eines alten Gebrauchtbootes lohnt es sich, das einmal anzuschauen. Üblichwerweise reißt der Zug dort, wo er von der starren Hülse gekrümmt in die biegsame Ummantelung geführt ist.

Die zerlegte Rückseite der Einhebelschaltung zur Montage eines neuen Zuges
Die zerlegte Rückseite der Einhebelschaltung zur Montage eines neuen Zuges © Swedesail

Zwar soll man an Bord nicht präventiv Dinge reparieren, die vielleicht eines Tages mal kaputtgehen könnten. Wenn aber der Gaszug schon gerissen ist, ist der ebenso alte Schaltzug absehbar fällig. Da ich lieber weiß, wie es geht und solche Arbeiten am Boot ungern bezahle, wechselte ich den zweiten Bowdenzug dann selbst.

Leider ist der Wechsel eines Gas- oder Schaltzugs eine ziemliche Fummelei. Sie beschäftigte mich etwa drei Stunden. Meist müssen dazu unter Deck Verkleidungen des Interieurs abgenommen werden, um an die Bowdenzüge und die Rückseite der Einhebelschaltung im Fußraum der Plicht, seitlich im Süll oder an der Steuersäule zu kommen. Die Enden des Schaltzugs stecken bei Volvo als metrische M5 Gewinde in kleinen Gelenken. Die Stiftsplinte zum Abnehmen der Gelenke sind an der Rückseite der Schaltarme schlecht zugänglich. Das ist dann eine ziemliche Fummelei.

Bowdenzüge gibt es in vielen verschiedenen Längen
Bowdenzüge gibt es in vielen verschiedenen Längen © SVB

Zum Ausbau des alten Schaltzugs musste ich den Mechanismus meiner Volvo Penta Einhebelseitenschaltung an der Rückseite teilweise öffnen. Bei der Gelegenheit wurde deutlich, warum ich an Bord möglichst viel selbst mache. Denn den zuvor gewechselten Gaszug hatte der Monteur ernsthaft um die Spritleitung gelegt. Als ich ihn später bei einem Telefonat darauf ansprach, erhielt ich eine Antwort, die ich hier rücksichtshalber nicht wiedergebe. Es ist nicht zu fassen! In diesem Zusammenhang mache ich auf den Beitrag Wie viel selbst machen aufmerksam.

Bowdenzüge sind ab 5 Fuß Länge (150 cm) in 30 cm Schritten aufwärts erhältlich. Bei Vetus gibt es sie ab 1 Meter aufwärts bis etwa 10 m. Zur Orientierung bei der Bestellung: Nenngröße ist immer die gesamte Länge, also von Ende des Gewindes bis zum anderen Gewindeende. Achten Sie bei der Bestellung des neuen Bowdenzugs auf das Gewinde selbst. Auch hier steckt der Teufel im Detail: Bei Außenbordmotoren und amerikanischen Maschinen sind zöllige Gewinde üblich. Mit folgendem Kniff finden Sie das rasch heraus. Das Gewinde lässt sich mit einer Mutter aus der Schraubenkiste an Bord leicht prüfen. Damit der vorhandene Bowdenzug für die Bestellung des Reservezugs nicht ausgebaut werden muss (eine zeitaufwendige Geschichte, die Sie sich sparen sollten), hilft es, eine Schraube neben das Ende des vorhandenen Zuges zu halten und die Gewinde zu vergleichen.

Montieren Sie die Bowdenzüge mit möglichst großen Radien
Montieren Sie die Bowdenzüge mit möglichst großen Radien © Peter Pauls

Wer sich mangels Zeit und Lust nicht in diese Feinheiten vertiefen möchte, legt den ausgebauten Bowdenzug dem nächstbesten Händler auf den Tresen. Etwa für den halben Preis und etwas Zeit bestellt man den Zug im Internet. Es ist also clever, sich damit bei der Stilllegung des Bootes im Herbst oder anlässlich einer anderen längeren Liegezeit zu beschäftigen.

Empfehlenswert sind die blau ummantelten Bowdenzüge von Ultraflex oder Vetus. Sie lassen sich im Vergleich zu alten, relativ starren Zügen besser biegen und entsprechend gut verlegen. Ich hatte zunächst einen recht starren Schaltzug von Volvo gekauft, diesen aber aus dem erwähnten Grund wieder zurückgegeben. Denn Bowdenzüge lassen sich unabhängig vom Motorfabrikat ersetzen. Ist der Schalthebel an der Steuersäule nah am Kompass angebracht, sollten Sie unbedingt auf eine nicht magnetische Ausführung achten. Auch das lässt sich leicht mit Bordmitteln herausfinden. Prüfen Sie es sicherheitshalber mit einem kleinen Magneten, der sich für solche Zwecke ohnehin an Bord befinden sollte. Wichtig in diesem Zusammenhang ist es zu wissen: Die Bowdenzüge der Stopvorrichtungen/Absteller sind in der Regel magnetisch.

Der neu eingebaute Schaltzug mit der Gewindestange und Kontermutter seitlich am Saildrivegehäuse
Der neu eingebaute Schaltzug mit der Gewindestange und Kontermutter seitlich am Saildrivegehäuse © Swedesail

Haben Sie nun ein gebrauchtes Boot übernommen oder planen Sie eine lange Reise, messen Sie die vorhandenen Bowdenzüge aus und legen Sie sich passende Reservezüge an Bord. Sollte ein Zug unterwegs reißen, tauschen Sie ihn kurzerhand selbst. Das ist Welten günstiger, als das dringend benötigte Ersatzteil mit dem Taxi oder per Expresssendung irgendwo im Urlaub zu beschaffen, während Familie oder Freunde warten und Rückreisetermine einzuhalten sind.

Reißt der Bowdenzug unterwegs auf dem Wasser, kommen Sie mit folgendem Trick zurecht: Der Vorwärts- oder Rückwärtsgang und die Motordrehzahl werden von einem technisch versierten Begleiter im geöffneten Motorraum von Hand eingestellt. Dazu wird der alte Bowdenzug von der Maschine oder dem Getriebe abgenommen. So bringen Sie das Boot unbeschädigt an einen Liegeplatz.

Ich habe vor Ewigkeiten mal eine Führerscheinprüfung in einer betagten Hafenbarkasse absolviert, wo der Vor- und Rückwärtsgang mit einem Hammer eingelegt wurde.

Üblicher als ein gerissener Bowdenzug ist ein schwergängiger Knopf der Saildrive-Einhebelschaltung zum Aus- und Einkuppeln des Motors. Der rote Knopf sitzt in der Mitte des Schalthebels und lässt sich von der Rückseite mit sogenanntem weißem Sprühfett beispielsweise der Marke Weicon gängig machen. Dieses Sprühfett eignet sich zur Langzeitschmierung von Gestängen und Zahnrädern, Rollen- und Kugellagern, Scharnieren, Führungen und aller Arten und von Gelenken oder Kupplungen. Das übliche und entsprechend gern genommene WD 40 ist hier weniger geeignet.
Zum Schmieren der Mechanik der Einhebelschaltung empfiehlt sich ein langlebiges Propellerfett.

Bleibt die Frage, wie lange ein Bowdenzug an Bord hält. Der in Bremen ansässige Servicetechniker Mirko Bruene berichtet: «Es kommt darauf an, wo und wie der Zug montiert ist. Wird er zur Steuerung etwa eines Außenborders durch das Heck geführt und Seewasser ausgesetzt, altert er früher als ein komplett unter Deck tätiger Zug. Wichtig ist, dass er in möglichst großen Radien verlegt ist. Wurde er in engen Biegungen und unter Spannung verlegt, hat er eine kürzere Lebensdauer. Bei einer Motoryacht, die zu üblichen Freizeitzwecken genutzt wird, sollten die Züge nach zehn Jahren gewechselt werden.» Volvo-Spezialist Dietmar Pauls aus Kappeln dazu: «Entscheidend ist, dass die Kerbe richtig in der Kralle sitzt. Wir sehen immer wieder Züge, deren Hülsen nicht richtig fixiert sind. Auch sollte der Zug vom Schalthebel beziehungsweise Motor oder Getriebe möglichst gerade abgehen.» Zur eigenen Sicherheit lohnt es sich, mal einen Blick in den Motorraum und hinter die Armatur des Schalthebels zu werfen.

So geht es

  • die Bowdenzüge mit einem Bandmaß an Bord ausmessen
  • Länge der Gewindestange und ihren Hub messen
  • alte Einstellungen, Abstände im Leerlauf, vorwärts, rückwärts fotografieren oder notieren
  • Gewindedurchmesser feststellen
  • die Aufnahme des Schaltzugs im Gelenk fotografieren
  • Kontermutter an der Gewindestange am Gelenk lösen
  • Gelenk des Schaltzugs am leichter zugänglichen Ende ausbauen. Dazu den Schaltmechanismus teilweise demontieren
  • die Schaltzug-Hülse ist mit einer Kerbe in einer Art Kralle am Getriebe und Schalthebel arretiert: Den Klemmring abnehmen oder die Hülse vorsichtig aus der Kralle heraushebeln
  • nach Demontage eines Schaltzugendes das andere Ende herausdrehen
  • bei der Gelegenheit die Mechanik der Einhebelschaltung schmieren
  • alles wieder anhand der alten Maße zusammenbauen, Bowdenzug an den Enden mit Kontermutter sichern
  • die Wege des Gaszugs bei laufender Maschine zwischen Leerlaufdrehzahl und Vollgas prüfen und ggf. justieren
  • die Funktion des Schaltzugs prüfen
  • beim Wechsel des Bowdenzuges für die Stoppvorrichtung die Wege prüfen

Werkzeug

  • kleine Maulschlüssel
  • Kombi und Spitzzange zum Abziehen der Stiftsplinte
  • Schlitzschraubenzieher zum Aufbiegen der Splinte
  • kleinen Magneten zur Prüfung des Schaltzugs vor der Montage

Material

  • Propellerfett oder langlebiges Spezialfett wie Ballistol (kein WD40, das wäscht aus)
  • Bowdenzüge

Unterlagen

  • Werkstatthandbücher zum Motor und Getriebe

Suchbegriffe für‘s Internet

  • Schaltkabel
  • Schaltzug
  • Bowdenzug
  • Gaszug
  • Motorfernbedienungen
  • Zug- und Druckkabel

Adressen

  • SVB, Spezialversand für Yacht- und Bootszubehör, Bremen
  • Bootsmotorenservice Peter Pauls, Kappeln an der Schlei
  • Bukh - Technik und Ausrüstung für die Berufs- und Sportschifffahrt, Bremen

Weiterführende Links

VG